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Datenleck «Suisse Secrets»Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Datendiebstahl bei der Credit Suisse

Die Enthüllungen aus den Suisse Secrets beschädigten den ohnehin schon ramponierten Ruf der CS weiter.

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Vor knapp einem Jahr berichtete eine Gruppe von 48 internationalen Medien rund um die «Süddeutsche Zeitung», dem «Guardian» und dem Journalisten-Kollektiv OCCRP über ein grosses Datenleck aus dem Innersten der Credit Suisse. Die Informationen zu über 18’000 CS-Kunden stammten von einem Whistleblower. Sie zeigen laut den Journalistinnen und Journalisten, dass die CS Geld von verurteilten Verbrechern verwaltete, von zahlreichen hohen Politikern aus korruptionsgeplagten Ländern wie Venezuela, selbst von Geheimdienstchefs, denen schwerste Folter und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

Jetzt erklärt die Bundesanwaltschaft (BA), dass sie in der Sache Ermittlungen aufgenommen hat – allerdings nicht wegen der heiklen Kunden, sondern weil der unbekannte Whistleblower die geheimen CS-Daten an die Öffentlichkeit getragen hat. Die Bundesanwaltschaft bestätigt, dass sie ein Strafverfahren eröffnet hat, und zwar aufgrund einer Strafanzeige. Laut dem Online-Portal Gotham City stammt die Anzeige von der Credit Suisse. Die CS sagt auf Anfrage lediglich, dass sie weitere Abklärungen führt und sich nicht zu «laufenden Verfahren» äussert.

Andere ermitteln wegen der Kunden

Die BA ermittelt nicht nur wegen Verletzung des Bank- und Geschäftsgeheimnisses, sondern auch wegen «Wirtschaftlichem Nachrichtendienst». Das ist eine sogenannte politische Straftat. Deshalb musste das Eidgenössische Justizdepartement, bis Ende letzten Jahres unter Karin Keller-Sutter, die Bundesanwaltschaft ermächtigen, dass sie diese Ermittlungen aufnehmen darf. Das Justizdepartement bestätigt auf Anfrage, die Ermächtigung am 12. Dezember 2022 erteilt zu haben. 

«Wirtschaftlicher Nachrichtendienst» betreibt laut Gesetz jemand, der Geschäftsgeheimnisse einer «ausländischen Organisation oder ihren Agenten» zugänglich macht. Im Falle der CS umfassen diese Geheimnisse auch die Konten von Kriminellen oder Oligarchen. Die «ausländischen Agenten» wären in diesem Fall Medien, die diese heiklen Kundenbeziehungen öffentlich machten.

In anderen Ländern führten die Berichte umgehend zu Ermittlungen gegen einzelne CS-Kunden. So bat etwa die Staatsanwaltschaft München die Schweiz um Rechtshilfe, weil dank der Suisse Secrets klar wurde, dass ein Siemens-Manager Konten bei der Schweizer Bank führen durfte, lange nachdem er bereits wegen Bestechung verurteilt wurde. Die Journalisten enthüllten auch, dass russische Oligarchen wie der Milliardär Alisher Usmanow bei der CS Kunden waren. Wenige Wochen später haben die EU und die Schweiz Usmanow im Zuge des Ukraine-Kriegs sanktioniert.

Im Fall Suisse Secrets könnte es am Schluss sogar Journalistinnen und Journalisten treffen.

Doch in der Schweiz ermittelt nun die höchste Strafverfolgungsbehörde nicht gegen die CS, sondern gegen den Whistleblower, der diese Enthüllungen erst möglich machte. Auch in anderen Fällen, wie etwa dem Datenleck bei der HSBC in Genf, ging die Schweiz vor allem gegen den Datendieb vor. Doch im Fall Suisse Secrets könnte es zum Schluss sogar Journalistinnen und Journalisten treffen.

Seit 2015 gilt in der Schweiz nämlich ein verschärftes Bankgeheimnis. Demnach wird nicht nur bestraft, wer Daten aus dem Inneren der Bank stiehlt, sondern auch, wer solche Daten «weiteren Personen offenbart». Als das Gesetz verschärft wurde, bestätigten Politiker in der Parlamentsdebatte dazu öffentlich, dass sie damit auch Journalisten meinen. Die Bundesanwaltschaft wollte auf Anfrage nicht erklären, ob sie auch wegen der Weitergabe von Bankdaten durch die Medien ermittelt.

Der Recherchedesk von Tamedia konnte aus diesem Grund nicht mit den Daten der CS arbeiten. Die rigide Schweizer Gesetzgebung führte umgehend zu Kritik von der UNO. Deren Botschafterin für Meinungsfreiheit, Irene Khan, sagte, das sei eine «Kriminalisierung von Journalismus» und verstosse gegen die Menschenrechtskonvention und den UNO-Zivilpakt. Khan wandte sich deshalb in einem sechsseitigen Brief direkt an Aussenminister Ignazio Cassis.

Inzwischen hat die Schweizer Politik das Problem erkannt. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats hat im November eine Motion eingereicht. Darin verlangt sie vom Bundesrat, zu prüfen, «ob die bestehenden Gesetze geändert werden müssen, um die Pressefreiheit in Finanzplatzfragen zu gewährleisten».