Bundeshaus in Bern

Aktuelles aus Bundesbern

Vorschau auf die Sommersession 2024

Vom 27. Mai bis 14. Juni 2024 findet die Sommersession der eidgenössischen Räte in Bern statt. Die Vorlage zur Revision des Umweltschutzgesetzes geht mit dem Thema Lärmschutz in die Differenzbereinigung. Der Nationalrat befasst sich als Zweitrat mit der Frage des Einbezugs der Steuern in die Berechnung des Existenzminimums. 

Auf der politischen Agenda des Ständerats stehen wiederum die Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2025-2028 (Kulturbotschaft) sowie die Motion SGK-N zur Klärung der Begriffe Wohnort und Wohnsitz im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) und die Motion von Ständerat Benedikt Würth für Anpassungen beim Schutzstatus S.

Nachstehend finden Sie die für die Gemeinden relevanten Vorlagen der Sommersession mit den Positionen des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV).

Einbezug der Steuern in die Berechnung des Existenzminimums geht an Nationalrat

Mit der Motion 24.3000 der ständerätlichen Kommission für Rechtsfragen soll das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs dahingehend geändert werden, dass laufende Steuern bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums künftig berücksichtigt werden. Der Ständerat stimmte der Motion seiner Rechtskommission am 13. März 2024 oppositionslos zu. Der Nationalrat befasst sich in der ersten Sessionswoche am 27. Mai 2024 mit dem Vorstoss.

Position SGV: Der SGV begrüsst den Entscheid des Parlaments. Aktuell werden Steuerausgaben bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums nicht berücksichtigt. Dadurch entstehen während der laufenden Pfändung neue Steuerschulden, was den staatlichen Zielen eines betreibungsrechtlichen Existenzminimums zuwiderläuft. Dieser Systemfehler ist aus Sicht der Städte und Gemeinden unbedingt zu beheben. 

Einerseits weil Schuldnerinnen und Schuldner dadurch in der Lage wären, Steuerforderungen der Gemeinwesen nachzukommen. Steuerschulden verursachen administrative Aufwände bei Städten und Gemeinden und es besteht ein wesentliches Risiko, dass die Steuerschulden auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht beglichen werden können. Zudem führt die aktuelle Regelung dazu, dass sich diese Personen nicht aus der Schuldenfalle befreien können. Ihnen fehlt damit eine wirtschaftliche Perspektive und Armut und soziale Ausgrenzung droht. Dies fällt auch auf die Städte und Gemeinden zurück, die in vielen Kantonen für die Sozialhilfe zuständig sind.

Revision Umweltschutzgesetz: Differenzbereinigung beim Thema Lärmschutz

Das Parlament war sich in der Frühjahrssession bei der Vorlage zur Revision des Umweltschutzgesetzes (22.085) noch nicht einig. Die bundesrätliche Vorlage sieht eine bessere Abstimmung von Lärmschutz und Siedlungsentwicklung vor und will die Sanierung von belasteten Standorten, etwa Kinderspielplätze, befördern. Der Ständerat will das Bauen in lärmbelasteten Gebieten lockern und gewichtet die bauliche Entwicklung und die raumplanerischen Ziele stärker. Damit sollen die Planungssicherheit erhöht und bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt werden.
Der Nationalrat hingegen will den Lärmschutz stärker gewichten. Künftig soll eine Baubewilligung erteilt werden können, wenn bei jeder Wohneinheit mindestens ein lärmempfindlicher Raum über ein Fenster verfügt, bei dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind. Bei den übrigen Räumen muss eine kontrollierte Wohnraumlüftung installiert werden oder ein privat nutzbarer Aussenraum vorhanden sein. Ausserdem hat der Nationalrat den Änderungsantrag des Schaffhauser SVP-Nationalrats Thomas Hurter angenommen. Dieser will im Gesetz festschreiben, dass die Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit auf verkehrsorientierten Strassen nicht verlangt werden kann (Art. 16 Abs. 3bis des Umweltschutzgesetzes).

In der Differenzberatung zur Revision des Umweltschutzgesetzes bekräftigte die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie UREK-S im April ihre Position: Neuer Wohnraum soll auch an lärmbelasteten Orten entstehen können. Dafür sollen die Kriterien für Baubewilligungen gelockert werden. Weiter will die Kommission keinen neuen, spezifischen Fluglärmgrenzwert einführen, wie es der Nationalrat möchte, und unterstützt damit die vorgeschlagene Regelung des Bundesrats. Schliesslich empfiehlt die Kommission ihrem Rat, Art. 16 Abs. 3bis des Umweltschutzgesetzes zu streichen und den Änderungsantrag von Nationalrat Thomas Hurter abzulehnen. Der Ständerat befasst sich am 28. Mai und 5. Juni mit den Differenzen, der Nationalrat am 3. und 11. Juni 2024.

Position SGV: Der SGV begrüsst die Haltung der ständerätlichen Kommission, die raumplanerischen Massnahmen bei der Interessenabwägung von Lärmschutz und Siedlungsentwicklung nach innen stärker zu berücksichtigen. Eine Lockerung unter Einhaltung klarer Kriterien für den Lärmschutz ist sinnvoll, damit die Gemeinden bei der räumlichen Entwicklung über den notwendigen Handlungsspielraum verfügen. 

Was den Änderungsantrag von Nationalrat Thomas Hurter (Art. 16 Abs. 3bis) zum Entwurf des Umweltschutzgesetzes anbelangt, so empfiehlt der SGV diesen abzulehnen. Dies aus den folgenden Gründen: Bei der Teilrevision zur Signalisationsverordnung hat der Bundesrat im Jahr 2022 Erleichterungen zur Anordnung von Tempo-30-Zonen auf siedlungsorientierten Strassen innerorts beschlossen, unter anderem wurde die Gutachten-Pflicht aufgehoben und somit der administrative Aufwand für die kommunalen Behörden reduziert. Ferner können Tempo-30-Zonen neuerdings auch aus weiteren in den örtlichen Verhältnissen liegenden Gründen eingerichtet werden. Für die Gemeinden wurde somit rechtliche Klarheit geschaffen und insgesamt die Gemeindeautonomie gestärkt. Die kommunalen Behörden können so mit geringerem administrativem Aufwand und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten Tempo-30-Zonen bezeichnet werden. Und zwar dort, wo sie auch Sinn machen. 

Dieser subsidiäre Ansatz im Vollzug ist aus Gemeindesicht sehr wichtig. Eine Annahme des Änderungsantrages Hurter würde die Handlungsmöglichkeiten von Gemeinden und Städten wesentlich einschränken.

Kulturbotschaft 2025 – 2028 kommt in den Ständerat

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) hat an ihrer Sitzung vom 8. und 9. April 2024 die Beratung der Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2025–2028 (Kulturbotschaft) aufgenommen (24.027) und zahlreiche Anhörungen durchgeführt, an denen auch der SGV teilgenommen hat. In der Detailberatung von Ende April trat die Kommission auf die gesamten Entwürfe ein und beschloss, zusätzliche 2 Millionen für die Netzwerke Dritter einzustellen. Sie sprach sich weiter dafür aus, die Baukultur von hoher Qualität im Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) zu verankern, jedoch ohne neue Aufgaben für den Bund zu schaffen. Der Ständerat befasst sich am 4. Juni 2024 als Erstrat mit der Vorlage.

Position SGV: Der SGV begrüsst die Stossrichtung der neuen Kulturbotschaft, inklusive die vier vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen. Es werden sechs Handlungsfelder identifiziert, die die Herausforderungen der Kulturpolitik umfassend beschreiben. Die hohen Ambitionen stehen jedoch in einem Widerspruch zum Finanzrahmen. Mit den aufgeführten Mitteln können die Ziele der Botschaft nicht erreicht werden. Dies hat Konsequenzen und erhöht den Druck auf die Finanzen von Städten, Gemeinden und Kantonen, die bereits den grössten Teil der Finanzierung der Kulturförderung tragen.

Das Engagement des Bundes im Bereich der Baukultur und die vorgesehene gesetzliche Verankerung der Förderung einer hohen Baukultur im NHG ist aus Sicht des SGV zu begrüssen. Dies insbesondere deshalb, weil es hier um eine bessere Koordination auf Stufe Bund sowie mit den Förderstrategien und baukulturellen Aktivitäten der Kantone geht. Städte und Gemeinden tragen dabei massgeblich zur Erreichung der strategischen Ziele der übergeordneten Ebene bei. 

Was den Finanzrahmen betrifft, so sind die Beiträge in Höhe von CHF 126,6 Mio. über eine vierjährige Periode aus Sicht des SGV zu knapp bemessen. Es fehlen Mehrmittel für Kernaufgaben wie die Denkmalpflege und die Archäologie. Dabei braucht es nicht zuletzt aufgrund des Klimaschutzes zunehmend mehr Mittel, um zum Beispiel Bau-Denkmäler zu erhalten. Auch steigen die Kosten für Massnahmen zum Schutz und zur Erhaltung des baukulturellen Erbes. Generell führt die Umsetzung der Innenentwicklung zu immer komplexeren, umfangreicheren Aufgaben. Hier ist an die Städte und Gemeinden zu denken, weshalb der SGV das Parlament ersucht, den Verpflichtungskredit für den Förderbereich Baukultur zu erhöhen.

Mo. SGK-N will die Begriffe «Wohnort» und «Wohnsitz» im KVG harmonisieren, damit die Zuständigkeiten klar geregelt sind

Die Motion 23.4343 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) beauftragt den Bundesrat, die Verwendung der Begriffe «Wohnort» und «Wohnsitz» im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) zu prüfen und die notwendigen Anpassungen vorzulegen, damit die Begriffe im Gesetz einheitlich und die Zuständigkeiten klar geregelt sind. Bundesrat und Nationalrat beantragen die Annahme der Motion. Als nächstes befasst sich der Ständerat am 4. Juni 2024 mit dem Geschäft.

Position SGV: Der SGV begrüsst, dass das Parlament die Begriffe Wohnort und Wohnsitz im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) vereinheitlichen und damit die Zuständigkeiten klarer regeln will. Mit der Motion 23.4343 wird eine Frage aufgegriffen, welche die Gemeinden in vielen konkreten Fällen direkt betrifft und zurzeit offene rechtliche Fragen u.a. im Zusammenhang mit dem Eintritt in Alters- und Pflegeheime hinterlässt. Der SGV empfiehlt die Motion 23.4343 zur Annahme.

Änderung Geoinformationsgesetz

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) hat im März mit deutlicher Mehrheit beschlossen, nicht auf den Entwurf zur Änderung des Geoinformationsgesetzes (23.060) einzutreten. Mit dieser Änderung sollte eine Rechtsgrundlage für eine bessere Planung der Untergrundnutzung geschaffen werden. 

Der Entwurf sieht vor, die Inhaberinnen und Inhaber geologischer Daten dazu zu verpflichten, diese Daten den Kantonen und dem Bund zur Verfügung zu stellen, wenn sie für die Erfüllung der Kantons- und Bundesaufgaben erforderlich sind. Aus Sicht der Kommission besteht kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf, da der Erlass rechtlicher Vorgaben für den Untergrund und für die damit verbundenen Daten grundsätzlich in die Zuständigkeit der Kantone fällt. Mehrere Kantone würden demnach bereits über eine entsprechende Rechtsgrundlage sowie über praktische Erfahrung bei der Übermittlung geologischer Daten verfügen. Eine Intervention des Bundes in diesem Bereich sei daher nicht gerechtfertigt. 

Die Kommission hält weiter fest, dass der Datenaustausch zwischen den Kantonen und den Bundesbehörden sehr gut funktioniert und die Schaffung einer Ad-hoc-Rechtsgrundlage deshalb nicht erforderlich ist. Sie erachtet es zudem als fraglich, ob alle im Entwurf vorgesehenen Massnahmen verfassungsmässig sind. Das Geschäft ist am 6. Juni im Ständerat traktandiert.

Position SGV: Die Planung der Nutzung des Untergrunds ist aufgrund der zunehmenden Nutzungskonflikte zwischen Klimaschutz, Energiesicherheit und dem Betrieb von Infrastrukturen eine Notwendigkeit. Dass der Bund den Zugang zu geologischen Daten mit einer gesetzlichen Grundlage ermöglichen will, um Gemeinden, Kantonen und dem Bund geologische Daten von Privaten, die für die Planung des Untergrundes relevant sind, zur Verfügung zu stellen, wird vom SGV unterstützt. Dieser Wissenstransfer im Sinne einer nicht-konkurrierenden Nutzung der Daten ist ein Schritt, um dem wachsenden Bedarf an Daten über den Zustand des Untergrunds gerecht zu werden. 

So beruht beispielsweise das Projekt Nationaler Leitungskataster (LKCH), dessen Ziel es ist, die Leitungsdaten schweizweit zu harmonisieren, auf der Bereitstellung von Daten durch und für staatliche Behörden. Der Zugang zu geologischen Daten unter klaren Bedingungen wird eine effiziente Planung des Untergrunds ermöglichen und die Planungssicherheit sowohl der kantonalen als auch der kommunalen Behörden erhöhen. Auch die Gemeinden müssen die bei ihnen vorhandenen Daten kostenlos zur Verfügung stellen, und es ist wichtig, dass sie umgekehrt kostenlos auf alle Geodaten zugreifen können, die sie für ihre Planung benötigen. Der SGV empfiehlt dem Parlament, auf die Vorlage einzutreten.

Mo. Würth. Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen

Die Motion 24.3022 von Ständerat Benedikt Würth beauftragt den Bundesrat beim Schutzstatus S Anpassungen vorzunehmen. Insbesondere soll der Schutzstatus S aberkannt bzw. nicht wieder erlangt werden wenn eine Person für eine bestimmte Aufenthaltsdauer (z.B. 14 Tage) ausreist; wenn eine Person Rückkehrhilfe oder andere rückkehrorientierte Hilfen bezogen hat; wenn der Schutzstatus S missbräuchlich erlangt wurde. Des Weiteren soll sichergestellt werden, dass der Schutzstatus innerhalb des Dublin-Raums nur einmal erteilt wird. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion mit der Begründung, dass die heutigen Regelungen den Anliegen der Motion bereits Rechnung tragen. Das Geschäft ist für den 12. Juni 2024 im Ständerat traktandiert.

Position SGV: Der SGV sieht grossen Handlungsbedarf in Hinblick auf den Schutzstatus S. Die Gemeinden sind seit Beginn der Ukraine-Krise mit erheblichen Herausforderungen bezüglich Unterbringung und Integration von Personen aus der Ukraine konfrontiert. Die stetige Zunahme von Schutzbedürftigen, die damit verbundenen oft vorzeitigen Transfers von Bundes- in Kantons- und Gemeindestrukturen sowie die teilweise unübersichtliche Ein- und Ausreise von Personen aus der Ukraine bringen die bewährten kommunalen Strukturen und Abläufe an den Anschlag. Dieser ungute Zustand wächst ständig und wird auch mit Blick auf die prognostizierten Zahlen länger anhalten. Deshalb ist es wichtig, dass der Bundesrat in Sachen Status S nächstmöglich handelt. Die Motion 24.3022 zielt in die richtige Richtung, weshalb der SGV diese unterstützt.

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