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RKI meldet 2507 Corona-Infektionen Was der neue Höchstwert bedeutet

Die Zahl der registrierten Neuinfektionen ist auf einen Rekordwert seit April gestiegen. Entwickelt sich die Pandemie wieder so wie im Frühjahr? Und was hat die Medizin für Lehren gezogen?
Teststation in München: Die Zahlen von heute und April sind nicht vergleichbar - trotzdem mahnen Experten zu Vorsicht

Teststation in München: Die Zahlen von heute und April sind nicht vergleichbar - trotzdem mahnen Experten zu Vorsicht

Foto: Matthias Schrader / AP

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hat den höchsten Tageswert seit April erreicht. Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland 2507 neue Corona-Infektionen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstagmorgen bekannt gab. Am Freitag hatte die Zahl der neu gemeldeten Corona-Fälle bei 2153 gelegen.

Die Zahl der täglichen Neuninfektionen ist nur ein Wert, um die Entwicklung der Pandemie einzuschätzen. Entscheidend ist auch, wie hoch der Anteil der positiven Tests ist und wie stark die Krankenhäuser ausgelastet sind. Der bisherige Höhepunkt mit mehr als 6000 gemeldeten Neuansteckungen war Ende März und Anfang April erreicht. Danach war die Zahl gesunken und im Juli wieder gestiegen.

"Wir müssen einiges tun, damit es nicht schlimmer wird"

Zuletzt hatten die Tageswerte bei den gemeldeten Neuinfektionen immer wieder neue Höchstwerte im Vergleich zum April erreicht. Die Zahlen von heute und April sind jedoch kaum vergleichbar, weil die Testkapazitäten gestiegen sind. Zudem gibt es im Wochenverlauf Schwankungen bei der Zahl der Neuinfektionen, weil die Gesundheitsämter am Wochenende deutlich weniger Fälle melden.

Dennoch mahnen Forscher zu Vorsicht. "Wir sind jetzt wieder im Anstieg", sagte Virologe Christian Drosten Mitte vergangener Woche. Während die steigenden Fallzahlen im August vor allem auf Reiserückkehrer zurückzuführen gewesen seien, steckten sich nun mehr Menschen in Deutschland an.

Zudem wird erwartet, dass die Zahl der Infektionen im Herbst steigen wird, wenn sich mehr Menschen drinnen aufhalten. "Herbst und Winter können einem schon Sorgenfalten auf die Stirn treiben", sagte der Frankfurter Virologe Martin Stürmer der "Hessenschau" . "Noch haben wir zwar einen moderaten Anstieg. Aber wir müssen einiges tun, damit es nicht schlimmer wird."

Aktuell gebe es das Problem, dass sich sehr viele junge Menschen infizierten, nicht zuletzt beim Feiern . "Über kurz oder lang wird das Virus so doch wieder mehr in die ältere Bevölkerung hineingetragen. Und dann haben wir ein ganz großes Problem", mahnt Stürmer. Dass die Zahl der Todesfälle nicht in gleichem Maße ansteigt wie die Zahl der Infizierten, sei "ein trügerisches Zeichen". Stürmer schlägt vor, die Teilnehmerzahl bei privaten Feiern stärker zu begrenzen.

"Die Totenzahlen werden in den kommenden Wochen weiter steigen"

Auch die Landkreise fordern beim anstehenden Treffen von Bund und Ländern in der kommenden Woche eine bundeseinheitliche Obergrenze für Privatfeiern von weniger als 50 Personen festzulegen. Bislang entscheiden die Bundesländer über Höchstgrenzen.

Es gibt bereits erste Anzeichen, dass sich auch ältere Menschen häufiger anstecken. In den vergangenen Tagen lag die Zahl der vom RKI gemeldeten Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion mehrmals in Folge im zweistelligen Bereich. "Die Totenzahlen werden in den kommenden Wochen weiter steigen", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die aktuell steigende Zahl der Covid 19-Toten spiegele zeitversetzt das anwachsende Infektionsgeschehen der vergangenen Wochen wider.

Von der Erstinfektion bis zu einer schweren Erkrankung dauere es in der Regel zehn bis 14 Tage, die durchschnittliche Zeit auf der Intensivstation betrage 21 bis 24 Tage. Daraus folge, dass sich viele Menschen, die jetzt stürben, vor mehr als fünf Wochen angesteckt hätten.

Janssens geht jedoch nicht von einer dramatischen Entwicklung wie im Frühjahr aus: "Die Intensivmediziner wissen heute viel mehr über erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten und können medikamentös gezielter eingreifen." Zudem hätten die Verantwortlichen gelernt, besonders gefährdete Gruppen wie Alte und Kranke besser zu schützen.

Zur Bilanz der Pandemie gehörten aber nicht nur die unmittelbaren Todesfälle, betonte Janssens. "Neben den Menschen, die an und mit dem Coronavirus sterben, dürfen wir aber nicht diejenigen vergessen, die weiterhin sterben, weil sie sich aus Angst vor Ansteckung nicht in Praxen und Kliniken trauen." Die Gesamtzahl der indirekten Todesfälle werde erst Jahre später beziffert werden können, wenn sämtliche Spätfolgen der Pandemie abschätzbar seien.

koe/dpa