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Warum sprechen wir deutsche Namen englisch aus?

Stv. Ressortleiter Meinung
Rainer Haubrich ist ein seltsames sprachliches Phänomen aufgefallen Rainer Haubrich ist ein seltsames sprachliches Phänomen aufgefallen
Rainer Haubrich ist ein seltsames sprachliches Phänomen aufgefallen
Quelle: Claudius Pflug
„James Saimen“, „Pieter Lindböörg“ und „Daiään Kruuger“ - immer wieder zeigt sich die Marotte, deutsche Namen in bester kosmopolitischer Absicht auf Englisch auszusprechen. Was soll das?

Endlich gibt es in Berlin einmal einen modernen Neubau, der mit allgemeinem Wohlgefallen aufgenommen wird: das neue Eingangsgebäude zur Museumsinsel von David Chipperfield. Der Sockel mag zu massiv geraten sein und die säulenartigen Stäbchen etwas schmalbrüstig – aber insgesamt passt dieser noble, einladende Bau sehr gut in das einzigartige Ensemble der Schatzhäuser aus zwei Jahrhunderten.

Der Name des Eingangsgebäudes lautet James-Simon-Galerie. Viele sprechen ihn – in bester kosmopolitischer Absicht – auf Englisch aus und reden von der „James Saimen Gallery“, ganz so, als handele es sich bei dem Namenspatron um einen amerikanischen Sponsor. Aber das Gebäude ist benannt nach dem deutschen Ur-Berliner und Juden James Simon, der 1851 an der Spree geboren wurde und dort 1932 starb. Sein Vater stammte aus Pommern und war durch Baumwollhandel reich geworden.

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Der Unternehmer James Simon zählte zu den regelmäßigen Gesprächspartnern von Kaiser Wilhelm II., und er war Gründer und Finanzier zahlreicher wohltätiger Einrichtungen. Seit 1911 finanzierte er Ausgrabungen in Ägypten, bei denen unter anderem die Büste der Nofretete gefunden wurde, die Simon den Berliner Museen schenkte. Zu seinem 80. Geburtstag wurde er mit einer großen Inschrift im Neuen Museum geehrt. Seine letzte öffentliche Intervention war ein Brief an den preußischen Kultusminister, in dem er dafür warb, die Nofretete-Büste an Ägypten zurückzugeben.

Deutsche Namen auf Englisch auszusprechen, diese Marotte zeigt sich auch beim jüngst verstorbenen Fotografen Peter Lindbergh, den die meisten nur als „Pieter Lindböörg“ kennen. Dabei wurde er 1944 im damals deutschen Wartheland als Peter Brodbeck geboren und wuchs in Duisburg auf.

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In den 70er-Jahren in Düsseldorf legte er sich den Künstlernamen Lindbergh zu, angeblich, weil es in Düsseldorf bereits einen Fotografen namens Peter Brodbeck gab, vor allem aber wohl wegen der internationalen Aura des Nachnamens Lindbergh, bekannt durch den amerikanischen Piloten Charles Lindbergh, der als Erster den Atlantik nonstop überflog. Das hat funktioniert.

Drittes Beispiel: die deutsche Schauspielerin Diane Kruger, geborene Heidkrüger. Selbst wenn Deutsche hierzulande über das ehemalige Model sprechen, ist sie immer „Daiään Kruuger“. Dabei sieht sie sich eher als Französin. Also „Dianne Krügäär“? Sagen wir doch einfach, wer sie ist: die Diane aus Algermissen im Landkreis Hildesheim.

Ähnliches gilt übrigens für „Waterloo“. Das ist der kleine Ort in Belgien, an dem Napoleon in einer historischen Schlacht seine entscheidende Niederlage kassierte. Die Briten mögen ihn Englisch aussprechen („Uoterluuu“). Aber wer das im Deutschen tut, suggeriert, dass der Ort irgendwo in England liegt oder nach einem Song von ABBA benannt wurde. Tatsächlich befindet sich der Ort 15 Kilometer südlich von Brüssel im niederländisch-sprachigen Teil Belgiens. Er kann daher hierzulande ruhig so ausgesprochen werden, als sei er ein deutsches Wort: Waterloo.

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