Ölindustrie: Der große Haken an Microsofts Klimaplänen
Microsoft verkündet einen ambitionierten Plan, um das Unternehmen klimaneutral zu machen. Vieles darin klingt gut, aber es gibt einen großen Haken: Microsofts gute Geschäfte mit der Ölindustrie sollen weitergehen.
Microsoft will in zehn Jahren klimaneutral werden und langfristig sogar dafür sorgen, dass die Emissionen, die die Firma in der Vergangenheit zu verantworten hatte, durch neue Technologien rückgängig gemacht werden. Doch trotz aller Klimaambitionen will Microsoft eines nicht ändern: Die Cloud- und Machine-Learning-Technologien sollen weiter dazu genutzt werden, neue Ölvorkommen zu erschließen.
Microsoft-Präsident Brad Smith hat die Pläne vergangene Woche in einem Blogpost vorgestellt. Demnach strebt der Konzern an, innerhalb eines Jahrzehnts Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Langfristig - bis 2050 - will Microsoft alle Emissionen, die der Konzern seit seiner Gründung verursacht hat, wieder aus der Atmosphäre entfernen. Dabei setzt Microsoft auch auf die Entwicklung von Technologien, die es bisher nicht in großem Maßstab gibt.
Auch indirekte Emissionen sollen erfasst werden
Microsoft will dabei, anders als viele andere Firmen mit ähnlichen Plänen, auch indirekte Emissionen erfassen und verweist dabei auf ein Konzept des World Resources Institute, bei dem Emissionen in Scope 1 bis Scope 3 unterteilt werden.
Unter Scope 1 werden Emissionen verstanden, die direkt durch eine Firma verursacht werden, etwa wenn Firmenwagen mit Benzin fahren. Unter Scope 2 werden Emissionen erfasst, die durch den Energieverbrauch einer Firma anderswo entstehen, etwa die Emissionen eines Kraftwerks, das den Strom für Rechenzentren liefert. Unter Scope 3 werden alle Emissionen entlang der gesamten Produktions- und Wertschöpfungskette verstanden.
Darunter fällt vieles: die Wege der Mitarbeiter, die Emissionen bei der Herstellung von Produkten, die eine Firma einkauft und nutzt, und Emissionen, die durch die Produkte einer Firma verursacht werden - also beispielsweise der Stromverbrauch eines verkauften Geräts. Die Krux an der Sache: Diese Scope-3-Emissionen sind schwer zu erfassen und werden häufig ignoriert, sie sind aber meist größer als Scope 1 und 2 zusammen.
So erläutert Microsoft auch, dass man bereits seit 2012 das Ziel verfolgt, klimaneutral zu wirtschaften, und der Konzern hat für Scope-1- und Scope-2-Emissionen Ausgleichszertifikate gekauft. Aber bei den Scope-3-Emissionen wurde bisher alles außer den Anfahrtswegen der Mitarbeiter ignoriert.
Microsoft will in Negativ-Emissionstechnologien investieren
Für Microsofts Plan, langfristig auch negative Emissionen zu erreichen, setzt der Konzern auf Technologieentwicklung. Um CO2-Emissionen rückgängig zu machen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine naheliegende ist etwa das Pflanzen von Bäumen. Doch das Potenzial dafür ist begrenzt. Und ein solches Vorgehen hilft nur dann, wenn die Bäume auch langfristig erhalten werden.
Die Hoffnung ist daher, dass es langfristig gelingt, in großem Maßstab CO2 technisch aus der Atmosphäre zu entfernen und möglicherweise unterirdisch einzulagern. Einige Firmen arbeiten bereits daran, CO2 direkt aus der Luft zu filtern, die Technik wird auch als Direct Air Capture bezeichnet. Im Rahmen eines Investitionsfonds will Microsoft solche und andere Klimaschutztechnologien fördern.
All das klingt ambitioniert und deutlich konkreter als die Klimaschutzpläne vieler anderer Firmen. Doch trotz aller Klimaambitionen will Microsoft eines nicht tun: seine Geschäfte mit der fossilen Industrie beenden.
Zuletzt standen Microsoft und andere Cloudkonzerne in der Kritik, weil sie große Kooperationsprojekte mit Ölfirmen starteten. Microsoft schreibt in seiner Ankündigung, dass man weiterhin mit allen Kunden zusammenarbeiten möchte, auch mit denen aus der Öl- und Gasindustrie. Man wolle diesen helfen, sich auf eine CO2-freie Zukunft vorzubereiten und auch deren Umstellung auf erneuerbare Energien vorantreiben.
Doch mit erneuerbaren Energien und einer CO2-freien Zukunft haben die Geschäfte von Microsoft mit den Ölfirmen wenig zu tun. Die Speicherkapazität von Microsofts Cloud-Infrastruktur und Machine-Learning-Technologien sind für Ölkonzerne vor allem bei der Erschließung neuer Öl- und Gasressourcen interessant.
Zuletzt hatte Microsoft die Kooperationen mit der Ölindustrie noch deutlich ausgeweitet. Im September kündigte man stolz eine große Zusammenarbeit mit Chevron und Schlumberger an, einer Firma die Equipment für die Ölförderung bereitstellt.
Eine Frage beantwortet Microsoft bei dem Ganzen nicht: Wenn auch die indirekten sogenannten Scope-3-Emissionen bei den Klimaschutzbemühungen erfasst werden sollen - hieße das nicht auch, dass der Konzern das Öl, das mit seiner Technologie gefunden wird, zumindest teilweise in der eigenen Klimabilanz berücksichtigt? Wir haben Microsoft diese Frage gestellt, eine Antwort haben wir bislang nicht erhalten.
Microsofts Widersprüche erinnern an Siemens
Microsofts widersprüchliches Verhalten erinnert frappierend an einen anderen Konzern, dem derartige Widersprüche vor kurzem heftig auf die Füße gefallen sind. Siemens hatte einerseits angekündigt, bis 2030 den Konzern klimaneutral aufzustellen. Andererseits will der Konzern aber Infrastruktur für die Adani-Kohlemine in Australien bereitstellen, die noch weit über die Jahrhundertmitte betrieben werden soll und somit mit sämtlichen Klimaschutzbemühungen inkompatibel ist. Da fragten sich viele, wie das zusammenpasst.
Die großen IT-Konzerne müssen sich ähnliche Fragen stellen. Wenn sie ihre Klimaschutzbemühungen ernst meinen, können zumindest Projekte, bei denen es um die Neuerschließung fossiler Rohstoffe geht, nicht mehr Teil des Geschäftsmodells sein.
Was soll der Aufriss für die vielleicht 15 % Erdöl, die nicht für Verkehr, Heizung oder...
egal wie grün man sich auch anschmiert ...
Sieht so aus, als hätte da jemand die Beziehung zwischen den Scopes eins bis drei und MS...
Nein, das habe ich nicht. Niemand stört sich daran, dass Microsoft Office Produkte...