Dänen diskutieren ein Vollbartverbot

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Ein führender Rechtspopulist schlug vor, Ärzten das Tragen von Bärten zu untersagen, die salafistisch anmuten.

Stockholm/Kopenhagen. Die erfolgsverwöhnte, rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) ruht sich weiß Gott nicht auf Teilsiegen aus. Sie ist immer ein Stück voraus, setzt die Agenda, die Parteien der Mitte trotten ihr nach. Bei den jüngsten Parlamentswahlen ist sie mit 21,1 Prozent erstmals vor den Konservativen zweitstärkste Partei geworden und hat jüngst sowohl Sozialdemokraten als auch bürgerliche Kräfte für ein landesweites Verbot von Burka und Niqab begeistern können.

Auf die Idee eines neuen Verbots ist ein besonders einflussreiches Parteimitglied unlängst eher zufällig gekommen. Als der 71-jährige Henrik Thorup, Ehemann der früheren DF-Parteichefin Pia Kjærsgaard und Spitzenkandidat bei den anstehenden Kommunalwahlen in Kopenhagen, neulich ein Krankenhaus besuchte, behandelte ihn ausgerechnet ein südländisch aussehender Arzt mit einem unübersehbaren Vollbart.

„Kniefall vor Muslimen“

Vielleicht war der Mediziner Muslim, oder er trug einfach nur der Bartmode der Hipster Rechnung. Jedenfalls forderte Thorup nach dem Spitalsbesuch ein Vollbartverbot im Gesundheitswesen. „Der Arzt demonstriert ja: Ich bin Muslim. Kein Däne geht als Arzt mit einem solchen Bart herum“, behauptete Thorup gegenüber der große Tageszeitung „Berlingske“.

„Wer einen solchen Bart in dieser Größe trägt, gehört einer gewissen Religion an. Und das gefällt mir nicht“, sagte er und sprach vom „Kniefall Dänemarks vor muslimischen Traditionen“. Der Fraktionschef der Dänischen Volkspartei im Parlament, Peter Skaarup (53), unterstützte das geforderte Verbot sofort und brachte das Thema so auf nationale Ebene.

Da er etwas jünger ist als Thorup und keine trendbewussten Wähler vergraulen will, schränkte er aber gleich ein: Seine Fraktion befürworte ein Verbot von Vollbärten, die aus „religiösen Motiven“ getragen werden.

„Moderne Vollbärte“ seien dahingegen Privatsache, stellte er klar. Kopenhagen ist schließlich eine Modemetropole, in den Trendcafés und Bars tummeln sich viele vollbärtige MacBook-Atheisten.

Und was ist mit Holger?

Ob man denn den Unterschied sehen könne, fragte der Reporter der Zeitung „Berlingske“. „Ja das kann man ganz klar“, unterstrich Skaarup. Während einige dem Vorstoß recht gaben, weil religiöse Symbole (mit Ausnahme einer Kapelle) nicht in dänische Krankenhäuser gehörten, machten andere Witze über den Vorschlag.

Ausgerechnet der legendäre dänische National- und Sagenheld Holger Danske („Holger, der Däne“), aber auch Jesus Christus und der Weihnachtsmann hätten schließlich Vollbärte, unken die Scherzbolde im Internet, manche vielleicht auch aus religiösen Motiven. Der Druck auf Thorup vor den Kommunalwahlen wurde letztlich zu groß. Er werde, sollte er gewählt werden, zunächst einmal nicht versuchen, ein Bartverbot in Kopenhagens Krankenhäusern einzuführen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Er finde weiterhin, dass solche Bärte eine „Unsitte sind und etwas, das Verunsicherung bei Patienten schafft“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2017)

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