Zum Inhalt springen

Internes Dokument Innenministerium skizziert Weg aus dem Lockdown

Von Ausgangsregeln zur Pandemiekontrolle: Das Innenministerium beschreibt in einem Konzeptpapier, wie Einschränkungen im öffentlichen Leben schrittweise aufgehoben werden könnten.
Polizeiauto in einem Kölner Park

Polizeiauto in einem Kölner Park

Foto: Marius Becker/ dpa

Bis zum 19. April gelten die Ausgangsbeschränkungen wegen der Coronakrise. Was kommt danach? Dazu gibt es in der Bundesregierung konkrete Ideen. Dem SPIEGEL liegt ein Konzeptpapier des Innenministeriums vor. Es beschreibt, wie das öffentliche Leben in Deutschland wieder in Gang kommen und gleichzeitig die Corona-Pandemie bewältigt werden soll. Zuerst hatte die Nachrichtenagentur Reuters über das Dokument berichtet.

Der Lockdown-Ansatz sei nicht für einen längeren Zeitraum geeignet, heißt es darin. Die Pandemie könne bis 2021 dauern. "Gerade weil die Unsicherheit über die mittel- und langfristigen Konsequenzen so gewaltig ist, muss der Übergang vom Lockdown zu einer wirksamen sozial und wirtschaftlich verträglichen  Pandemiekontrolle so rasch wie möglich eingeleitet werden."

Dazu werden verschiedene Maßnahmen genannt. Sie basieren auf Empfehlungen nationaler und internationaler Institutionen und Fachleute; der Informationsstand ist Samstag, 4. April.

Zentrales Ziel ist es demnach, die Ansteckungsrate pro erkrankter Person auf unter eins zu drücken. Erfahrungen aus anderen Ländern in Ostasien zeigten, dass sich dieses Ziel auch ohne extensiven Lockdown erreichen lasse. Man setze auf Überzeugungsarbeit und Selbstverantwortung statt Zwang.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte am Freitag festgestellt, dass die Ansteckungsrate in Deutschland bei eins liege, also im Schnitt ein Infizierter nur eine weitere Person infiziert. Für die nächsten Tage wurde sogar ein Wert unter eins in Aussicht gestellt, der bis einschließlich Montag auch erreicht wurde. In dem Papier des Innenministeriums wird davon ausgegangen, dass unter dieser Bedingung die Krankenhauskapazitäten ausreichend seien.

Coronavirus, Covid-19, Sars-CoV-2? Was die Bezeichnungen bedeuten.

Coronavirus: Coronaviren sind eine Virusfamilie, zu der auch das derzeit weltweit grassierende Virus Sars-CoV-2 gehört. Da es anfangs keinen Namen trug, sprach man in den ersten Wochen vom "neuartigen Coronavirus".

Sars-CoV-2: Die WHO gab dem neuartigen Coronavirus den Namen "Sars-CoV-2" ("Severe Acute Respiratory Syndrome"-Coronavirus-2). Mit der Bezeichnung ist das Virus gemeint, das Symptome verursachen kann, aber nicht muss.

Covid-19: Die durch Sars-CoV-2 ausgelöste Atemwegskrankheit wurde "Covid-19" (Coronavirus-Disease-2019) genannt. Covid-19-Patienten sind dementsprechend Menschen, die das Virus Sars-CoV-2 in sich tragen und Symptome zeigen.

Konkret listet das Dokument mehrere Schritte auf, um das öffentliche Leben wieder zu öffnen:

  • Aufbau einer Test-Infrastruktur: Ziel soll es sein, das Virus nach Aufhebung des Lockdowns unter Kontrolle zu halten. Es soll ein bundesweit einheitliches Test- und Meldesystem geben. Zudem sollen die Testkapazitäten so ausgebaut werden, dass 80 bis 100 Prozent der Kontaktpersonen von Infizierten innerhalb eines Tages gefunden werden. Um wirksam kontrollieren zu können, sollen die Tests bis Ende Mai auf 500.000 pro Tag hochgefahren werden; derzeit seien es etwa 60.000.

  • Es soll mobile Teststationen und eine verbindliche Definition von Verdachtsfällen geben, um Tests priorisieren zu können.

  • Infizierte sollen zu Hause oder in speziellen Quarantäne-Hotels untergebracht werden, um weitere Übertragungen auszuschließen.

  • Im stationären Krankenhausbereich sollen Covid-19-Patienten strikt von allen anderen Patienten getrennt sein.

  • Sobald es genug Masken gibt, soll es ein vorsorgliches Mundschutz- und Maskengebot geben.

  • Sanktionen bei Isolationsbruch und Missachtung von Distanzregeln sollen rechtlich verankert werden.

  • Vorgesehen ist eine zentral koordinierte Management- und Kommunikationsstrategie, angesiedelt im Kanzleramt. So soll das Narrativ "wir arbeiten alle gemeinsam daran, unsere Gesellschaft wieder öffnen zu können" verankert werden.

  • Schlimmste Auswirkungen der Pandemie sollen abgewendet werden, indem Risikogruppen konsequent geschützt werden. Im Zweifelsfall könne das Besuchssperren für Krankenhäuser und Pflegeheime bedeuten; zudem sind regelmäßige Tests für Pflege- und Krankenhauspersonal vorgesehen.

Voraussetzung für eine schrittweise Lockerung der Beschränkungen sind dem Konzeptpapier zufolge einheitliche Kriterien von Bund, Ländern und Kommunen.

Alle Artikel zum Coronavirus

Am 31. Dezember 2019 wandte sich China erstmals an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Millionenstadt Wuhan häuften sich Fälle einer rätselhaften Lungenentzündung. Mittlerweile sind mehr als 180 Millionen Menschen weltweit nachweislich erkrankt, die Situation ändert sich von Tag zu Tag. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über alle SPIEGEL-Artikel zum Thema.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Schrittweise sollten zudem definierte Wirtschafts- und Industriezweige wieder ihre Arbeit aufnehmen. "Faustregel: Je mehr Kundenkontakt, desto spätere Öffnung, aber je bessere Schutzmaßnahmen, desto eher." Und: "je größer die gesellschaftliche Relevanz des Unternehmens, desto eher".

Großveranstaltungen, der Betrieb von Klubs und private Feiern müssten aber vorerst verboten bleiben.

ulz/Reuters