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Ruhe im Karton

Student steckt Handys in die „Telefonzelle“

Münster

Manchmal ist die Welt da draußen auch nicht anders als eine plumpe Komödie bei Pro Sieben. Dann sitzen am Nebentisch vier Leute, doch statt zu quatschen, schauen alle aufs Display ihres Smartphones. Chatten die mit anderen? Lesen sie die neuesten Nachrichten? Vertreiben sie sich die Langeweile mit Videos? „Das geht mir so auf den Geist!“, wettert Hannes Schlottmann. Deshalb hat er sich was ausgedacht.

Gunnar A. Pier

Die Handys in der Telefonzelle, am Tisch ein gepflegtes Gespräch: Das ist die Idee von Student Hannes Schlottmann.
Die Handys in der Telefonzelle, am Tisch ein gepflegtes Gespräch: Das ist die Idee von Student Hannes Schlottmann. Foto: Gunnar A. Pier

Die Idee ist im Grunde ganz einfach: Schlottmann hat eine Pappkiste gebastelt, die auf dem Tisch steht. Wer dort zusammensitzt, stellt sein Handy hinein – und schon können sich die Leute in der Runde anschauen und ungestört miteinander reden.

Dazu bräuchte es im Prinzip freilich keinen Pappkarton an der Stelle, an der früher der Aschenbecher stand. In vielen Freundeskreisen gilt auch ganz ohne „Telefonzelle“: In gemütlicher Runde werden die Handys in der Mitte auf den Tisch gelegt, und wer als erster nicht widerstehen kann und zum Telefon greift, muss die nächste Runde zahlen. „Das kann man eigentlich auch als Vereinbarung auf ein Blatt Papier schreiben“, gesteht Schlottmann. „Macht aber keiner.“ Und so kam Hannes Schlottmann zu seiner Produktidee, die am Ende seine Bachelorarbeit wurde.

Eigentlich ein nahezu funktionsloses Kästchen

Seine „Telefonzelle“ ist im Moment ein nahezu funktionsloses Kästchen, das von seiner ulkigen Beschriftung lebt. „Ruhe im Karton“ steht auf einer Seite. „Es rappelt im Karton“ auf der anderen, dazu der Deal: „Achtung! Wer zu seinem Handy greift, wählt seine Strafe.‘“ Zur Wahl stehen: einen Witz erzählen, das Handy ausschalten und „Dein Nachbar liest deine letzte Nachricht laut vor“.

„Ich will doch niemandem das Handy verbieten“

Bewusst hat Schlottmann seine Telefonzelle so dimensioniert, dass die meisten Telefone oben herausschauen. Man sieht sie blinken, wenn etwas passiert. „Ich will doch niemandem das Handy verbieten“, sagt der Norddeutsche, der an der Fachhochschule Münster European Business Programme studierte. „Ein Handy ist ja nicht nur Fluch, sondern auch Segen. Und es zu verbieten, löst ein negatives Gefühl aus.“ Deshalb sollte es kein Tresor werden, der abgeschlossen ist. Vielmehr ist seine Telefonzelle ein spielerischer Appell an die Selbstdisziplin.

Vermarktungspotenzial

Für seine Erfindung sieht Schlottmann reelles Vermarktungspotenzial. Eine Restaurantkette hat beispielsweise drei Monate lang bundesweit in allen Filialen „Telefonzellen“ auf allen Tischen verteilt. Und große Firmen planen, seine Kisten in ihren Konferenzräumen zu platzieren – mit eigener Beschriftung. Auch Privatleute können sich die Telefonzelle kaufen und beispielsweise auf den Frühstückstisch stellen.

Die Crowdfunding-Kampagne

Per Crowdfunding möchte Student Hannes Schlottmann die Weiterentwicklung seiner Telefonzelle finanzieren. Das heißt: Jedermann kann sich mit Geld beteiligen. Für den findigen Erfinder ist das zugleich eine Art Stimmungsbarometer: Glauben auch andere an seine Idee? Hat sie Chancen auf Erfolg?  www.startnext.com/die-telefonzelle


Die Telefonzelle
Die Telefonzelle Foto: Gunnar A. Pier

Demnächst mit Ladefunktion

Das Interesse ist so groß, dass Schlottmann weitermacht, obwohl er die „Telefonzelle“ eigentlich nach der Bachelorprüfung gar nicht weiter verfolgen wollte. Am Wochenende hat er ein Crowdfunding gestartet, um Kapital aufzutreiben für einen Start im großen Stil. Außerdem möchte er eine zweite Version entwickeln, in der die Telefone auch geladen werden. Akku oder Netzkabel? Ladestecker oder berührungsloses Laden? „Wir brauchen eine vernünftige technische Lösung.“

www.telefonzelle.info