Lohnentwicklung

 

LOHNENTWICKLUNG:

 

20/09/2018:

Die Reallöhne steigen inflationsbedingt kaum noch an

(von Markus Krüsemann)

 

Seit Anfang 2017 dämpft eine merklich höhere Inflationsrate die Entwicklung der Reallöhne. Auch im zweiten Quartal des Jahres 2018 sorgte der Anstieg der Verbraucherpreise dafür, dass die eher mäßigen Lohnerhöhungen sich kaum noch in einer Kaufkraftsteigerung niederschlagen.

 

Nüchtern betrachtet hat Spiegel online die Lohnentwicklung für das zweite Quartal 2018 korrekt wiedergegeben: „Löhne steigen stärker als die Preise“. Ernüchternd ist allerdings das Ausmaß der Steigerung. Wie das Statistische Bundesamt (DESTATIS) heute per Pressemeldung bekannt gab, sind die um Preissteigerungen bereinigten Löhne (Reallöhne) der vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigten ArbeitnehmerInnen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich im zweiten Quartal 2018 nur noch um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Verantwortlich dafür zeichnet ein merklicher Anstieg der Verbraucherpreise. „Die höhere Inflation frisst die Lohnsteigerungen fast ganz auf“, hat Finanzmarktwelt.de daher die Sachlage viel besser auf den Punkt gebracht.

 

Mit satten zwei Prozent Plus gegenüber dem Vorjahresquartal lag die Preissteigerungsrate zur Jahresmitte 2018 auf einem Niveau, das zuletzt 2012 erreicht war. Danach spielte eine zurückgehende Inflation den ArbeitnehmerInnen zunächst in die Hände, bevor 2017 die Preise wieder deutlich anzogen. Wenn die Reallöhne seit Jahren so unmittelbar von der Inflationsrate beeinflusst werden, heißt das nichts anderes, als dass die Entwicklung der Nominallöhne relativ konstant verlief. Seit 2014 bewegen sich die Lohnsteigerungen Quartal für Quartal zwischen 2,0 und 2,7 Prozent. Zuletzt lag das Plus bei 2,5 Prozent.

 

Entwicklung der Real- und der Nominallöhne I/2012 bis II/2018 (in Prozent)

Lohnentwicklung 2012 bis Mitte 2018
Quelle: Statist. Bundesamt: Reallohnindex

 

Das klingt ordentlicher als es ist, denn vor dem Hintergrund der positiven konjunkturellen Entwicklung der vergangenen Jahre hätten die abhängig Beschäftigten längst stärker vom anhaltend kräftigen Wirtschaftswachstum profitieren müssen. Dieser Befund gilt übrigens auch mit Blick auf die Entwicklung der Tariflöhne. Die stiegen im zweiten Quartal 2018 im Durchschnitt (inklusive Sonderzahlungen) sogar nur um 2,0 Prozent. Auch wenn die Entwicklung im zweiten Halbjahr 2018 deutlich positiver verlaufen wird, unter einer expansiven Lohnpolitik stellt man sich in Zeiten einer glänzenden Konjunktur doch etwas anderes vor. „Die Wirtschaft wächst – der Lohn nicht“, so umschrieb die Berner Zeitung erst kürzlich eine Lohnprognose für die Schweiz. Damit ist über die aktuelle Verdienstsituation der Lohnabhängigen in Deutschland eigentlich alles gesagt.

 

Nachholende Entwicklung bei den unteren Lohngruppen hält an

 

Erfreulicheres gibt es bei einer nach Leistungsgruppen differenzierten Betrachtung der Lohnentwicklung zu vermelden. Hier zeigt sich, dass die Gruppe der ungelernten ArbeitnehmerInnen wie schon im vorhergehenden Quartal (siehe 21.06.2018) überdurchschnittliche Lohnsteigerungen realisieren konnte. Nach 3,8 Prozent im ersten Quartal lag ihr Nominallohnplus diesmal bei 4,1 Prozent. Auch bei der Beschäftigtengrupppe der Angelernten fielen die Lohnsteigerungen mit 2,8 Prozent leicht überdurchschnittlich aus. Damit setzt sich die seit Beginn des Jahres 2015 zu beobachtende positive Entwicklung weiter fort, nachdem die Gruppe der ArbeitnehmerInnen mit den relativ geringsten Stundenlöhnen sich jahrelang mit sehr geringen Lohnsteigerungen hatte begnügen müssen.

 

Grundlage der Berichte zur allgemeinen Lohnentwicklung bildet die Vierteljährliche Verdiensterhebung. Sie wird seit dem Berichtsjahr 2007 durchgeführt. Erfasst werden darin u.a. die Bruttoverdienstsummen von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten in rund 40.500 Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmer/innen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich.

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Quellen:

Pressemitteilung Nr. 354 des Statist. Bundesamtes vom 20.09.2018.

 

„Löhne steigen stärker als die Preise“, Spiegel online vom 20.09.2018.

 

„Die höhere Inflation frisst die Lohnsteigerungen fast ganz auf“, Finanzmarktwelt.de vom 20.09.2018.

 

Weiterlesen:

 

- Bellak, C./ Reiner, C. (2018): Stagnieren die Löhne aufgrund von Unternehmensmacht? Blog Arbeit & Wirtschaft, Bundesarbeitskammer, Wien.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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