Expertenbeitrag

 Sebastian Hofmann

Sebastian Hofmann

Journalist, Vogel Communications Group

Bundestagswahl 2017 Bundestagswahl: Was haben die Parteien mit der Logistik vor?

Autor Sebastian Hofmann

Welche Pläne haben große deutsche Parteien zur Bundestagswahl für die Logistik? Wir haben Ihre Leserfragen zum Thema gesammelt und nachgehorcht.

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Am 24. September ist Bundestagswahl. Auch für die Logistik ist das Ergebnis dieser Abstimmung wegweisend.
Am 24. September ist Bundestagswahl. Auch für die Logistik ist das Ergebnis dieser Abstimmung wegweisend.
(Bild: FelixMittermeier, Pixabay)

1. Warum sind Sie die beste Partei für Logistiker?

Union: CDU und CSU stehen fest an der Seite der deutschen Logistik, denn wir wissen um ihre Bedeutung und ihre Leistungen für Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Wir wollen, dass Deutschland Logistikweltmeister bleibt. Wir schaffen Freiräume für das Handeln und die Initiative der Menschen und nehmen sie mit.

SPD: In dem Wissen um die Bedeutung der Logistik pflegen wir einen engen Austausch mit den Unternehmen und ihren Beschäftigten. Wir suchen zum Beispiel bei regelmäßigen Treffen („Truckerstammtischen“) den Kontakt mit der Straßenlogistikbranche. Wir werden die Logistik durch moderne Verkehrskonzepte und Investitionen in Forschung und Entwicklung weiter unterstützen.

Linke: Im Unterschied zu den anderen Parteien stehen wir für ein gerechteres, effizienteres und moderneres Deutschland, das sich fair gegenüber den europäischen und den weltweiten Partnern verhält und mit Nachdruck für eine friedliche Welt eintritt.

AfD: Wir treten dafür ein, dass sich auf Basis der sozialen Marktwirtschaft alle Wirtschaftszweige im fairen Wettbewerb entwickeln können, also auch die Logistiker. Insbesondere wollen wir die staatliche Planwirtschaft wieder abschaffen, die in der gegenwärtigen Energiepolitik Platz gegriffen hat und sich neuerdings auch bei der Mobilität ankündigt.

FDP: Wir wollen faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Straßengüterverkehr durch EU-einheitliche Regelungen, zum Beispiel beim Verbringen der regelmäßigen Wochenruhezeit. Und wir wollen überflüssige Regulierungen und Bürokratie bei der Zeitarbeit und dem Mindestlohn abbauen. Dies gilt insbesondere auch im innereuropäischen Straßengüterverkehr.

Grüne: Weil wir die Basis für eine nachhaltige Logistik schaffen wollen, die wir morgen alle brauchen werden. Unser Hauptanliegen ist es, die Kombination der Verkehrsmittel wesentlich zu erleichtern, damit das Transportsystem die immer längeren und kleinteiligeren Strecken bewältigen kann.

Logistik ist in Deutschland der größte Wirtschaftsbereich nach der Automobilwirtschaft und dem Handel. 2016 erwirtschafteten Logistikunternehmen rund 258 Mrd. Euro Umsatz.
Logistik ist in Deutschland der größte Wirtschaftsbereich nach der Automobilwirtschaft und dem Handel. 2016 erwirtschafteten Logistikunternehmen rund 258 Mrd. Euro Umsatz.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

2. Was tun Sie, um Logistik attraktiver für den Nachwuchs zu machen und den Fachkräftemangel in der Branche aufzuhalten?

Union: Uns ist es wichtig, logistische Ausbildungen attraktiver zu machen und deren Image zu verbessern. Wir werden auch in Zukunft Aktionen unterstützen, um Jugendliche für logistische Berufe zu interessieren und wo Nachwuchskräfte Arbeitgeber kennenlernen.

SPD: Dafür bedarf es einer Doppelstrategie: Zum einen wollen wir allen Beschäftigten die Chance geben, so qualifiziert wie möglich zu arbeiten. Zum anderen wollen wir Frauen, aber auch Menschen mit Einwanderungsgeschichte sowie Schul- und Ausbildungsabbrechern, neue Zugänge zu Beschäftigung eröffnen.

Linke: Wichtige Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel sind eine grundlegende Reform des Berufsbildungsgesetzes, die Stärkung des Meister-BAföG, schnelle und gezielte Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt sowie deutliche Aufstockung der finanziellen Mittel für Umschulung und Weiterbildung.

AfD: Hierfür sind vor allem die Logistikunternehmen selbst verantwortlich, die zeigen müssen, dass sie für den Nachwuchs attraktiv sind. Wir wollen das berufliche Bildungs– und Ausbildungssystem, das heißt die duale Ausbildung, stärken, da das Streben nach immer höheren Abiturienten- und Akademikerquoten für eine florierende Wirtschaft kontraproduktiv ist.

FDP: Wir setzen uns für eine Verbesserung von Image, Attraktivität und Bekanntheit des Berufs Lkw-Fahrer ein. Qualifizierter Nachwuchs ist von entscheidender Bedeutung. Gezielte arbeitsmarktpolitische Strategien sind dringend erforderlich. Wir werden uns deshalb etwa für die Einführung des begleiteten Fahrens ab 17 für Berufskraftfahrerauszubildende einsetzen.

Grüne: Es ist höchste Zeit für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Die Kinderbetreuung muss ausgebaut werden, damit Beruf und Familie besser vereinbar sind. Es muss leichter und attraktiver werden, mehr als im Minijob oder in kleiner Teilzeit zu arbeiten. Arbeitsplätze müssen außerdem gesund und altersgerecht ausgestaltet werden.

3. Wie machen Sie Logistik in Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0 fit für die Zukunft?

Union: Im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ wollen wir die Ausbildung für das Lehramt an Berufsschulen fördern und Hochschulen bei der Entwicklung und Verankerung guter Ausbildungskonzepte unterstützen. Damit tragen wir dazu bei, dass neue Herausforderungen, wie die Digitalisierung, verstärkt in die Aus- und Weiterbildung Eingang finden.

SPD: Im Jahr 2025 wollen wir in Deutschland eines der modernsten digitalen Netze haben. Dazu werden wir eine flächendeckende digitale Infrastruktur auf hohem Niveau sicherstellen. Die bisherige Strategie des 50-Mbit-Netzes ist dabei nur ein erster Schritt hin zur Gigabit-Gesellschaft, die wir nach der Bundestagswahl in Angriff nehmen werden.

Linke: Um für die Arbeit unter den Bedingungen einer digitalisierten Arbeitswelt gut gerüstet zu sein, müssen für alle beruflichen Ausbildungen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Das gilt für Berufe, für die Ausrüstung der Ausbildungsstätten und ebenso für die Weiterbildung des Lehrpersonals

AfD: Auch hier sagen wir, dass – wie alle Wirtschaftszweige – sich die Logistik selbst fit machen muss, um im Zeitalter der Digitalisierung im Wettbewerb bestehen zu können. Wir dringen darauf, dass der Staat überall dort die schnellen Datennetze ausbaut, wo sich das für die Internetprovider nicht rechnet. Das betrifft vor allem den ländlichen Raum.

FDP: Wir begreifen Digitalisierung als Chance und setzen uns daher für eine Digitalisierungsoffensive im Verkehrswesen ein. Damit wollen wir den Verkehr wieder auf die Überholspur bringen. Ob auf der Straße, Schiene, über Wasser oder in der Luft – überall bieten sich durch intelligente Verkehrssysteme und Mobilität 4.0 große Chancen.

Grüne: Insbesondere für den Mittelstand wollen wir ein dezentrales IT-Beratungsnetzwerk für den digitalen Wandel voranbringen, dessen Beraterinnen und Berater IT-Sicherheit überprüfen und Empfehlungen geben, wie sich Logistiker bei Digitalisierung und Vernetzung zukunftsfähig aufstellen können.

4. Wie wollen Sie das streckenweise marode Verkehrssystem in Deutschland wieder auf Vordermann bringen?

Union: Deutschland ist weltweit Vorzeigeland für seine Infrastruktur. Wir wollen unsere Straßen, Schienen und Wasserwege daher weiter stärken und fit machen für Verkehrszuwächse der Zukunft. Bessere Anbindungen der Häfen und Flughäfen sowie die für Transportketten optimierte Nutzung der Verkehrsmittel sind ein vorrangiges Ziel beim Ausbau der Verkehrswege.

SPD: Wir wollen Vorfahrt für Investitionen. Anstatt Steuergeschenke für Reiche zu machen, werden wir die Haushaltsüberschüsse des Bundes in moderne Verkehrswege investieren. Wir wollen moderne Straßen, Schienen, Wasserstraßen und Luftverkehr, die eine digitale, schadstoffarme und sichere Mobilität für alle ermöglichen – egal ob in der Stadt oder auf dem Land.

Linke: Für uns hat der Erhalt unserer Straßen Vorrang vor Aus- und Neubauten, denn er ist über Jahrzehnte sträflich vernachlässigt worden. Die Einnahmen aus der Lkw-Maut sollen zweckgebunden für den Erhalt verwendet werden. Wir wollen aber auch viel Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern.

Staus, Kosten in Milliardenhöhe und frustrierte Bürger – Marode Brücken und Straßen sind zunehmend ein echtes Problem für Kommunen und Länder, wie dieser Beitrag des WDR zeigt.

AfD: Die AfD will ein bundesweites „Konjunkturprogramm Infrastruktur“ auflegen. Ziel des Programms ist die Sanierung und der Ausbau von Infrastruktur und öffentlichen Gebäuden. Geld dafür ist genug vorhanden, wenn, wie die AfD es fordert, die gescheiterte Energiewende beendet wird.

FDP: Wir wollen Investitionen in die Infrastruktur erhöhen und damit die Unterfinanzierung beenden. Heute verlieren wir viel zu viel Lebens- und Arbeitszeit, weil Straßen, Brücken oder Schienen nicht saniert oder ausgebaut werden: Der Staat nimmt jedes Jahr über 50 Mrd. Euro aus dem Straßenverkehr ein. Aber nur etwa ein Fünftel davon fließt in Verkehrsinvestitionen.

Grüne: Wir setzen auf Erhalt vor Neubau und wollen die Mittel für Neubaumaßnahmen auf die für das Gesamtnetz wichtigen Engpässe beschränken. Wir wollen deutlich mehr Gelder für die schnelle Sanierung von Straßen- und Bahnbrücken bereitstellen. Um mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, werden wir in das 740-Meter-Netz und den kombinierten Verkehr investieren.

5. Warum werden zukunftsweisende Infrastrukturprojekte wie der Transrapid zwar in Deutschland entwickelt, aber hierzulande nicht eingesetzt?

Union: Auch wenn CDU und CSU sich für den Transrapid eingesetzt haben, muss konstatiert werden, dass sich neue Technologien schwer tun, wenn bereits andere Infrastruktur vorhanden ist. Fehler der Vergangenheit müssen korrigiert und für die Zukunft ausgeschlossen werden. Wir wollen, dass Deutschland führend wird in der Produktion umweltfreundlicher Antriebe.

SPD: In der Regel werden zukunftsweisende Technologien aus dem Verkehrssektor auch in Deutschland eingesetzt und gefördert. Der Transrapid ist sicherlich eine fortschrittliche Technologie, die allerdings hierzulande kaum sinnvoll eingesetzt werden kann. Die mögliche Zeitersparnis im Verhältnis zu den Kosten hat gezeigt, dass er hier unwirtschaftlich ist.

Linke: Digitalisierung und Automatisierung sind ein zentrales Zukunftsthema des Verkehrs. Die Aufgabe des Staates sehen wir vor allem darin, rechtliche Rahmenbedingungen so anzupassen, dass neue Mobilitätsangebote einfacher als bisher in der Praxis erprobt und etabliert werden können.

AfD: Das Scheitern des Transrapid in Deutschland wurde ausführlich diskutiert. Der wesentliche Grund dafür dürfte sein, dass nach dem Erreichen der technischen Reife ein wirtschaftlicher Betrieb nicht abzusehen war. Um 2010 waren das Flugzeug zu preiswert und die Bahn zu schnell geworden.

FDP: Oft mangelt es an Gestaltungswillen und dem Mut, neue Wege zu bestreiten. Wir wollen, dass für politische Entscheidungen das Innovationsprinzip ergänzend zum Vorsorgeprinzip gilt. Das bedeutet, dass man bei der Folgenabschätzung nicht nur auf Risiken schaut. Genauso muss man ermitteln, welche Chancen verloren gehen, wenn man die Maßnahme unterlässt.

Grüne: Weil keine Aussicht auf eine wirtschaftlich sinnvolle Einführung des Transrapids bestand, wurde das Projekt aufgegeben. Auch die zuletzt diskutierte Strecke zwischen dem Münchener Flughafen und der Innenstadt München scheiterte an der Finanzierung und an fehlender gesellschaftlicher Unterstützung.

Die Technologie für die Magnetschwebebahn Transrapid wurde in Deutschland entwickelt. Heute fahren Transrapide zum Beispiel in Shanghai.
Die Technologie für die Magnetschwebebahn Transrapid wurde in Deutschland entwickelt. Heute fahren Transrapide zum Beispiel in Shanghai.
(Bild: MPW57, gemeinfrei / CC0 )

6. Wie wollen Sie die bessere Bezahlung von Zustellern, Kommissionierern, Lageristen und Arbeitskräften in vergleichbaren Berufen ermöglichen?

Union: Leistung muss sich lohnen. Wer sich anstrengt, muss mehr haben als derjenige, der dies nicht tut. Deutschlands Beschäftigte sollen an der guten wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes teilhaben. Wir wollen die Tarifautonomie, die Tarifpartnerschaft und die Tarifbindung deshalb stärken und ermutigen.

SPD: Wir wollen einen Pakt für anständige Löhne, vor allem auch für Zusteller, Kommissionierer, Lageristen und Arbeitskräfte in ähnlichen Berufen. Die Stärkung der Tarifbindung ist ebenfalls ein zentrales Anliegen der SPD. Wegen der grundgesetzlich garantierten Tarifautonomie kann der Staat zur Steigerung der Tarifbindung jedoch lediglich Anreize setzen.

Linke: Wir unterstützen deutlich höhere Löhne, fordern einen Mindestlohn von 12 Euro und wollen die Systeme der sozialen Sicherung und der öffentlichen Infrastruktur stärken. Außerdem fordern wir die Senkung der Einkommenssteuer für alle Einkommen bis 7100 Euro brutto im Monat.

AfD: In Fällen wie beim Mindestlohn tritt auch die AfD für staatliches Handeln ein. Das kann aber nur die Ausnahme sein. Ein ganz wichtiges Prinzip der sozialen Marktwirtschaft ist die Tarifautonomie der Sozialpartner, das heißt die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer müssen in eigener Verantwortung die Tarifverhandlungen führen.

FDP: Die Lohnfindung in der Logistikbranche kann nicht Aufgabe des Staates sein. Wir wollen sie in den Händen starker Tarifpartner belassen. Durch mehr Investitionen in Bildung und Stärkung der dualen Ausbildung wollen wir zudem jedem Einzelnen ermöglichen, seine Talente bestmöglich zu entwickeln.

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Grüne: Der beste Schutz vor Niedriglöhnen ist ein Tarifvertrag. Wir wollen es vereinfachen, Tarifverträge branchenweit verbindlich zu erklären. Der allgemeine Mindestlohn soll darüber hinaus ohne Ausnahme gelten und es erlauben, von der eigenen Arbeit würdevoll zu leben. Wir fordern ebenso eine Ausbildungsgarantie, damit wirklich alle eine Chance bekommen.

Welche Partei überzeugt Sie am meisten? Warum? Schreiben Sie uns einen Kommentar!

Weitere Informationen zu den Wahlprogrammen:https://www.cdu.de/, https://www.spd.de/, https://www.die-linke.de/, https://www.afd.de/, https://www.fdp.de/, https://www.gruene.de/

* In unserer Umfrage kamen Parteien zu Wort, die in der Sonntagsfrage über 5 % stehen (Stand 29. August, INSA). Die Reihenfolge der Teilnehmer ist absteigend nach Stimmenanteil festgelegt. Bei Parteien mit gleichem Ergebnis hat das Los entschieden.

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