Sie suchen sich, sie umkreisen sich, sie beschnuppern sich vielleicht und immer häufiger finden sie tatsächlich auch zueinander – große Unternehmen und Start-ups. Die Kölner Rewe zeigt gerade einmal mehr, dass eine mächtige Einkaufsabteilung keine Burg ist. Die Tore stehen weit offen.

Der „Harbour Club“ in Köln. Das, was man heute unter einer hippen Even-Location versteht. Er steht zwischen rauen Fabrikruinen im Stadtteil Deutz-Mülheim. Der Club ist selbst eine dieser denkmalgeschützten Hallen aus Industriegeschichte und modernem Flair. Ein bisschen architektonische Symbolik passt gut zum Start-up Award der Kölner Rewe, der hier über die Bühne geht.

Es ist eine Premiere im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Und eine Erfolgreiche noch dazu. Für den Gründerpreis der Rewe haben sich gleich mal mehr als 170 junge Unternehmen beworben. Teilnehmen konnten Start-ups rund um Food- und Getränkeprodukte. Die Rewe will ja schließlich auch die Regale mit modernen Produkten füllen. Die Aussichten sind lohnend. Der Sieger des Awards darf immerhin in das Sortiment der mehr als 3.000 Rewe-Märkte und in den Onlineshop.

Andere sind da schon längst. Es ist ja nicht so, als hätten die Kölner erst gestern entdeckt, dass es da draußen mehr als Nestle und Coca-Cola gibt. Bei Mymuesli war man ganz früh dabei, die Gewürzmanufaktur Just Spices holte man zeitig in die Märkte, die Tiefkühlpizzen des Start-ups Gustavo Gusto forcierte Rewe gar mit cleveren Instagram-Aktionen.

Die Zusammenarbeit mit der großen Rewe kann dabei für die Newcomer auf dem Food-Markt ganz schnell gehen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Austausch, Fairness, Augenhöhe, das sind so Substantive die Rewe-Marketingleiter Johannes Steegmann benutzt, wenn er die Zusammenarbeit mit den jungen Unternehmen beschreibt. Und wer sich bei Start-ups umhört, der bekommt schnell bestätigt, wie unkompliziert und fair die Zusammenarbeit sei. So unkompliziert, dass man auch ruhig eine E-Mail an innovationen@rewe.de schicken kann, wenn man gehört werden will.

Mehrwert und etwas Neues bieten

Ein offenes Ohr hat die Rewe, wenn das Produkt den Kunden anspricht. „Einen Mehrwert und etwas Neues bieten, das andere Produkte nicht haben“, rät Einkaufschef Hans-Jürgen Moog.

So wie jetzt das Berliner Jungunternehmen Selo, dem Gewinner des Start-up-Award der Rewe. Die Jury aus Rewe-Marketingleiter Johannes Steegmann, Kauffrau Stefanie Voigt, Fridolin Frost, Managing Director Snacks Mondelez International und Einkaufschef Hans-Jürgen Moog wählte die nachhaltige und soziale Hipster-Brause von Laura Zumbaum zur Nummer Eins. Zur Auszeichnung gehört die Aufnahme von „Selo Green Coffee“ ins Sortiment der Rewe. Außerdem wird der Handelsreise durch Marketingmaßnahmen Selo dabei helfen, deren Produkte bundesweit bekannter zu machen.

Energie und der Kampfgeist

Überzeugt haben dürfte die Jury dabei nicht nur das Produkt, sondern auch die Energie und der Kampfgeist der Gründerin, die dies nicht nur beim Pitch im Kölner Harbour Club zeigte. Zumbaum rappelte sich auch wieder auf, nachdem ihr erster Powerdrink aus Kaffeekirschen wegen eines unerwarteten EU-Verbots der Kaffeekirsche Ende 2016 vollends ausgebremst worden war – und Zumbaum 50.000 Flaschen der Brause nicht mehr verkaufen durfte. Nun also das Comeback mit neuer Rezeptur und jeder Menge Erfahrung.

Auch die übrigen Finalisten gingen nicht leer aus: Hummingbird (natürliche Frühstücks-Produkte), Oh my Dough (Keksteig zum Naschen), Nuri Food (tiefgekühlter Babybrei) und Wildcorn (Popcorn in gesünder) werden in das Rewe-Lieferservice-Sortiment aufgenommen und haben ein Medienpaket sicher. Einen Sonderpreis der Rewe-Tochter ZooRoyal gab es für Cathrin Hansen und Kaja Ringert, die Gründerinnen von Tales & Tails, die aus getrocknetem, isländischem Fisch hergestellte Snacks für Hunde anbieten.

Der Gewinn für die Rewe? Sicher mehr als nur eine doppelte Ladung Koffein, wie sie Selo bietet. Viel ist an diesem Abend von Inspiration die Rede, von Frischzellenkur. Die Produkte der Start-ups mögen auf das Regal und den Kunden zielen, ihre Kultur aber auf die Köpfe.

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