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Angst vor Afrikanischer Schweinepest Schweinebauern kritisieren Lidl für Verkauf von polnischer Rohwurst

Lidl verkauft polnische Rohwurst - obwohl in Osteuropa die Afrikanische Schweinepest grassiert. Deutsche Schweinebauern sind alarmiert, der Discounter beschwichtigt.
Polnische Rohwurst aus Schweinefleisch

Polnische Rohwurst aus Schweinefleisch

Foto: Sebastian Gollnow/ dpa

Die Afrikanische Schweinepest breitet sich in Osteuropa ungebremst aus. Ein Ausbruch in Deutschland hätte laut dem Bauernverband "katastrophale Folgen". Zur Vorbeugung sollen zahlreiche Tiere getötet werden. Insgesamt 70 Prozent aller Wildschweine in Deutschland stehen vor dem Abschuss.

Vor diesem dramatischen Hintergrund sind die deutschen Schweinebauern verärgert über ein aktuelles Angebot von Lidl. Der Discounter bietet Produkte wie polnische Rohwurst der Eigenmarke "Kuljanka" an. In den Augen der Landwirte ist das wegen der Afrikanischen Schweinepest, die im Nordosten Polens kursiert, ein Unding.

Die Schweinebauern fürchten, dass das Virus per Wurstimport auch nach Deutschland kommen könnte. An der Aufregung ist das Bundeslandwirtschaftsministerium wohl nicht ganz unschuldig: Hier wird davor gewarnt, dass Fernfahrer und Saisonkräfte aus Osteuropa infizierte Fleisch- und Wurstwaren mitbringen könnten. Wenn diese etwa an Raststätten auf die Wiese geworfen und dort von Wildschweinen gefressen werden, könne sich die Seuche ausbreiten.

"Die Landwirte sind alarmiert"

Lidl verweist auf strenge Qualitätskontrollen und saubere Zulieferer, der Verband der Fleischwirtschaft warnt vor Panikmache, aber die Verwirrung und die Ängste hinsichtlich der Afrikanischen Schweinepest bleiben groß.

"Wie soll Lidl zu 100 Prozent ausschließen, dass hier kein bereits erkranktes Schwein geschlachtet und verarbeitet wurde?", kommentiert ein Leser auf der Website der Fachzeitschrift "Top Agrar".

Das Medium hatte das Lidl-Angebot als erstes thematisiert und damit den Nerv zahlreicher Tierhalter getroffen. "Die Landwirte sind derzeit alarmiert und sensibel bei dem Thema", heißt es aus der "Top Agrar"-Redaktion, "es geht schließlich im Zweifel auch um die Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebes".

"Ausbruchszahlen sind schon heftig"

Denn obwohl es in Deutschland bisher keine Fälle der Afrikanischen Schweinepest gibt, sind die Zahlen aus Osteuropa alarmierend. Neuerkrankungen von Wild- und auch Hausschweinen werden vor allem in Litauen und Polen verzeichnet.

"Dort wurden im Jahr 2015 insgesamt 1639 Fälle gemeldet - aktuell haben wir schon über 1000 Fälle in den vergangenen zwei Monaten", sagt die Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. "Diese Ausbruchszahlen sind schon heftig, und ein Ende ist nicht in Sicht." Menschen erkranken generell nicht an dem Erreger.

Eckdaten zur Afrikanischen Schweinepest

Das Institut verweist jedoch auch darauf, dass nichts gegen ganz normale Lebensmittel aus jenen Regionen in Polen spricht, die nicht betroffen sind. "Man müsste sich nur einmal vorstellen, in Norddeutschland gäbe es Fälle von Schweinepest und in der Folge dürften auch süddeutsche Betriebe nichts mehr verkaufen", heißt es.

Lidl betont strenge Qualitätskontrollen

"Aus den restriktierten Zonen in Polen kommt nichts raus, dafür sorgen die Veterinärbehörden vor Ort", so die Sprecherin weiter. EU-Regelungen legen fest, dass aus diesen Regionen kein Tier und kein Fleisch gebracht werden darf. Darauf beruft sich auch Lidl.

Der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) steht dem Discounter bei. Die Debatte über polnische Wurst sei "kurzsichtig und schädlich, auch für deutsche Schweinehalter", sagt VDF-Geschäftsführerin Heike Harstick.

Wer den Eindruck erwecke, dass Schweinefleisch aus Ländern mit ASP gefährlich sei, stelle die Wirksamkeit der gesetzlichen ASP-Maßnahmen infrage. Dafür gebe es keinen Grund.

"Die Festlegung von Restriktionsgebieten ist in der gesamten EU so gestaltet, dass eine Verbreitung der Seuche über Fleisch von Hausschweinen, das amtlich für genusstauglich erklärt ist und damit im gesamten Binnenmarkt frei verkehrsfähig ist, ausgeschlossen wird." Ob das 100-prozentige Sicherheit bringt, wie die Landwirte fordern, bleibt dennoch offen.

dop/dpa