DHDL-Star und Ottonova-Werbegesicht Frank Thelen ist laut Unternehmen über das Investorennetzwerk btov an der Versicherung beteiligt.

Roman Rittweger will das vergangene Jahr nicht beschönigen: „Wir hatten einen verhaltenen Start“, sagt der Gründer von Ottonova. Im vergangenen Sommer legte das Insurtech-Startup mit seiner Privaten Krankenversicherung los. Mit seinen Kunden will es vor allem per App kommunizieren und bietet etwa eine Online-Sprechstunde an. Nach dem bekannten Vorbild Oscar soll eine digitalaffine Zielgruppe mit dem Produkt angesprochen werden. Nur das Minimal-Ziel habe das Startup erreicht: eine dreistellige Kundenzahl, so Rittweger. 

Die nun veröffentlichen Zahlen (PDF) zeigen, wie schwierig die Anfangsphase des Versicherungsstartups war. Der Blog KVoptimal hatte den Bericht zuerst entdeckt. Nach dem Start im Juni 2017 brachte es Ottonova gerade einmal auf Kundenbeiträge von 31.000 Euro. Insgesamt gab es ein sogenanntes versicherungstechnisches Ergebnis zu vermelden, das bei minus 728.000 Euro lag. In diese Auflistung fallen etwa die Aufwendungen für Versicherungsfälle von 302.000 Euro oder die Kosten für die Versicherungsabschlüsse von 250.000 Euro. Unter dem Strich lag der Verlust bei mehreren Millionen, teilt das Startup mit. Wie genau lässt sich dieses Ergebnis einordnen?

Bis Kunden in die Private Krankenversicherung wechseln könnten, dauere es einige Monate, sagt Ottonova-Vorstand Bernhard Brühl im Gespräch mit Gründerszene. Viele der Kunden seien erst zum Jahresbeginn 2018 zu Ottonova gewechselt. Hinzu komme: Bis sich ein Kunde für das Produkt entscheide, vergingen vom Erstkontakt bis zum Abschluss im Durchschnitt zehn Wochen. Bei manchen Kunden könne dieser Zeitraum auch bei sechs Monaten liegen. Eine außergewöhnlich hohe Zahl für ein Online-Geschäft. Der nächste Finanzbericht wird also zeigen, wie das Startup wirklich dasteht.

Von den Verlusten „nicht beeindruckt“

Auch von dem versicherungstechnischen Ergebnis lasse sich Ottonova „nicht beeindrucken“, so Brühl. Als Auflage der Bafin habe das Unternehmen einen Fonds mit acht Millionen Euro für diesen Zweck gefüllt. „Die Verluste für 2017 liegen im geplanten Bereich“, heißt es dazu im Bericht.

Das Startup habe in den vergangenen Monaten „ganz gut gelernt“, sagt Gründer Roman Rittweger. Gerade die Marketing-Ausgaben pro Kunden (sogenannte Customer Acquisition Costs) habe Ottonova stark gesenkt. Besonders der Online-Vertrieb von Versicherungen gilt in der Branche als schwierig: Schon bei einfachen Makler-Apps können die Kosten pro Kunde im Bereich von mehreren hundert Euro liegen. Die potenziellen Kunden lassen sich über Online-Werbung offenbar nur schwer für Versicherungsprodukte begeistern. Bei einem hochpreisigen Produkt wie einer Privaten Krankenversicherung wird es noch teurer, neue Kunden zu gewinnen.

In den Anfangsmonaten hätten die Kosten, neue Abschlüsse zu gewinnen, mitunter bei 10.000 Euro pro Kunde gelegen, sagt Marketing-Chef Maximilian Rast im Gespräch mit Gründerszene. Mittlerweile sei der Wert unter das branchenübliche Niveau bei Offline-Abschlüssen gesunken. Das liegt bei mehreren tausend Euro. Mittelfristig wolle das Startup die Kunden für 1.500 Euro an Werbemitteln einkaufen, heißt es von Rast. Die Summe sei gerechtfertigt, denn der sogenannte Customer-Lifetime-Value eines Kunden – also die Erträge, die ein Kunde bringen kann – könnten im sechsstelligen Bereich liegen, sagt der CMO. 

Insgesamt schmälerten die Abschlussaufwendungen von 250.000 Euro das Ergebnis von Ottonova im Jahr 2017. Dazu zählten nicht nur Provisionen an sogenannte Tippgeber, sondern auch Teile des Marketings, des Personals und andere Kosten. „Wir laufen gegen einen Fixkosten-Block an“, sagt Rittweger. Steigen die Kundenzahlen, dann sinken auch die Kosten pro Kunde. Denn viele fixe Posten wie für das Personal würden teilweise in die Auflistung mit reinzählen. 80 Mitarbeiter beschäftigt das Münchner Unternehmen aktuell.

Mit dem DHDL-Juror Frank Thelen versucht das Startup derzeit, mit aggressivem Marketing für sich zu werben. Dafür habe das Unternehmen allerdings nicht 200.000 Euro gezahlt, sagt Rittweger. Diese Summe hatte VC-Experte Sven Schmidt genannt. Für „einen Freundschaftspreis“ hätten sie Thelen gewinnen können.

Mittlerweile habe das Startup weit mehr als 200 Kunden und das Wachstum habe sich beschleunigt, vierstellig sei die Kundenzahl allerdings noch nicht. Genaue Zahlen will Ottonova-Chef Rittweger allerdings nicht nennen. Seit einiger Zeit bietet das Unternehmen auch einen Beamtentarif und eine Zahnzusatzversicherung an. Insgesamt 40 Millionen Euro haben Investoren wie Holtzbrinck Ventures und Tengelmann in das Startup gesteckt. Im kommenden Jahr will die Versicherung wieder auf die Suche nach neuen Millionen gehen. Genau wie das Management brauchen auch die Geldgeber einen langen Atem.

Zum Marktstart sprach Gründerszene ausführlich mit Ottonova-Gründer Roman Rittweger:

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Bild: Ottonova