Digitalisierung der Arbeitswelt: Interview mit Ursula Vranken

Digitalisierung der Arbeitswelt

Die Digitalisierung der Arbeitswelt sorgt auch bei Führungskräften und Mitarbeitern für viele offene Fragen. Um in deutschen Unternehmen neue Prozesse zu entwickeln und umzusetzen, müssen die Abteilungen zunächst dafür sensibilisert werden. Wir sprechen mit Ursula Vranken vom IPA Institut für Personalentwicklung und Arbeitsorganisation über die Herausforderungen – und wie man sie lösen kann.

Interview mit Ursula Vranken zur Digitalisierung der Arbeitswelt

Frau Vranken, was sind denn konkrete Herausforderungen für Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung?

Das Tempo der digitalen Entwicklungen ist enorm und hat vielfältige Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, Produkte und Mitarbeiter. Schlagworte sind dabei Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, Cloud Computing, das Internet der Dinge, 3D-Druck, Social Networking, Augmented Reality oder auch Big Data.

Jedes einzelne Thema ist komplex und bringt eine Vielzahl von neuen Chancen und Lernnotwendigkeiten in die Unternehmen. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen entsprechende Kompetenzen aufbauen, um damit souverän umzugehen und sich im digitalen Dschungel zu Recht zu finden.

Lebenslanges und permanentes Lernen wird damit zum Pflichtprogramm für alle. Die Digitalisierung verändert vor allem die Kommunikation und Kultur in Unternehmen. Inwiefern muss die Personalabteilung vorangehen, um den Wandel einzuleiten?

Die HR-Abteilung sollte idealerweise der Treiber der digitalen Transformation in Unternehmen sein, denn aus meiner Sicht ist diese weniger eine technische Herausforderung als vielmehr eine Frage guten People Managements. Und das ist die klassische Aufgabe von HR,  denn sie sind die Experten für den Mensch und Mitarbeiter, die Aus- und Weiterbildung und die physische und – immer wichtiger werdend- psychische Gesundheit aller.

HR muss die neue Arbeitskultur – häufig auch als New Work bezeichnet- intensiv vorantreiben, agile Organisationsformen implementieren und entsprechende Kommunikationstools und Arbeitstechniken durch Trainings aufbauen und begleiten.

Auch Führungskräfte oder die Geschäftsleitungen brauchen Beratung und Coaching in und Sachen Gestaltung von Transformationsprozessen, Change, agile Arbeitswelten u.a. – da wäre HR sicher ein guter Sparringspartner- vorausgesetzt  HR hat sich selbst in diesen Bereichen weitergebildet und beweist Leadership Kompetenzen. Sie sind es die die Leistungsfähigkeit aller Führungskräfte und Mitarbeiter in einer digital vernetzten Arbeitswelt nachhaltig sichern sollten.

Mit neuen Arbeitszeitmodellen, dem Home Office und dem ortsunabhängigen Arbeiten verdrängen in vielen Ländern den klassischen 9-to-5-Bürojob. Warum tun sich Arbeitgeber in Deutschland häufig schwer damit?

Individualisierung und Flexibilisierung  wird in vielen klassischen Organisationen als Zusatzaufwand empfunden, der den Regelbetrieb stört. Viele deutsche Betriebe haben über Jahre ihre Organisation auf Effizienz, Standards und Routineabläufe getrimmt und nun fällt es einfach schwer dieses Mindset zu verlassen und auf „agil“ umzustellen.  Hier braucht es also ein Umdenken und vielleicht auch die Einsicht, dass Mitarbeiter vielleicht gar nicht mehr anders zu halten sind, wenn man als Unternehmen im „War for Talents“ mithalten will. Die guten gehen dann einfach zur Konkurrenz, wo bereits alle Freiheiten angeboten werden von Sabbat Jahr, Home Office, Orts- und Zeitungebundenheit, Jahresarbeitszeitkonten etc.

Was muss ein modernes Unternehmen heute leisten, um die sogenannte GenY oder auch Talente zu gewinnen und zu halten?

Wichtig ist für mich erstens,  dass Unternehmer erkennen: Die heutige Generation hat andere Vorstellungen von Arbeiten, Führen und Work Life Balance als Ihre Vorgänger und will mehr eingebunden werden und mitbestimmen. Sie suchen mehr Freiheit, Selbstentfaltung und Sinnstiftung und treten selbstbewusst auf.

Zweitens ist dann notwendig dies nicht nur zu erkennen, sondern vielmehr anzuerkennen und als eine Chance für Aufbruch und Innovation zu nutzen.

Was bedeutet das für Führungskräfte und deren Führungsstil?

Diese müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass sie alleine über (Herrschafts-) Wissen und Macht verfügen. Jeder kann inzwischen überall und jederzeit auf Wissen zugreifen, was früher nur einigen wenigen Managern vorbehalten war.

Insofern stellt sich die Frage: Welchen Mehrwert bringt die Führungskraft in Zukunft?

Der alte Führungsstil „Command& Control“ muss zu Coachen & Mentoring übergehen. Der Mehrwert guter Führung wird in Zukunft auf effektivem Talentmanagement liegen.

Welche Rolle spielt die Weiterbildung von Führungskräften in Bezug auf die sogenannte Arbeit 4.0? Von allein erfahren sie ja nicht von sich verändernden Prozessen.

Führungskräfte müssen nicht nur „digital“ mithalten, also die neuen Tools und Techniken kennen und beherrschen, sondern vielmehr digitale Netzwerke orchestrieren, die GenY und auch allen anderen angemessen beteiligen und Teams in virtuellen Strukturen führen.

Das geht nicht ohne erneutes Training, ständiger Selbstreflexion und wenn man so will ein „update“ des eigenen Führungsverhaltens und Führungsstils.

Sie bieten Führungskräften mit dem Digital Leader Development Program umfangreiche Workshops an. Was steckt dahinter und was können die Teilnehmer konkret lernen?

Digitale Technologien verändern Aufgaben- und Kompetenzprofile sowie die Art miteinander zu kommunizieren. Dabei entstehen völlig neue Möglichkeiten der Kollaboration; agiles Arbeiten wird zum Standard und  Führungskräfte müssen zum Gestalter einer neuen Führungskultur werden.

Wie das geht diskutieren und probieren wir gemeinsam mit den Teilnehmern aus. Dabei beschäftigen wir uns mit Fragen, wie neue Führungsmodelle (z.B. das Leipziger Leadership Modell) dabei helfen können besser zu führen oder wie der eigene Führungsstil durch mehr Partizipation und Selbstorganisation ergänzt werden kann.

Führungskräfte

  • erhalten einen Überblick über die wichtigsten Parameter der digitalen Ökonomie und deren Auswirkungen für Ihre Führung
  • lernen agile Führungskonzepte und Werkzeuge hautnah kennen und ausprobieren
  • erfahren alles über moderne Beteiligungs- und Motivationskonzepte
  • trainieren analoge und digitale Gesprächsstrategien
  • verbessern ihre Coaching Kompetenz
  • und last but not least stärken sie ihre Rolle als Digital Leader und sind fit für das führen agiler Teams.

Sie veranstalten außerdem jedes Jahr den Digital Leadership Summit. Was steckt hinter dieser Veranstaltung?

Beim Digital Leadership Summit dreht sich alles um die unternehmerischen Konsequenzen der Digitalisierung in Bezug auf neue Führungs- und Arbeitskonzepte.  Dazu berichten herausragende Experten und Innovationsführer aus Wirtschaft und Wissenschaft über konkrete Praxiserfahrungen, so z.B. IBM, Zalando, Haufe, Continental, aber auch mittelständische Innovationsführer wie die Puls Group waren bislang dabei.

Im Mittelpunkt stehen drei Fokusthemen

  1. #DIGITALCULTURE – neue Konzepte zur Organisationsentwicklung
  2. #DIGITALLEADERSHIP – neue Konzepte zur Führung
  3. #DIGITALPEOPLEMANAGEMENT – neue Konzepte zum HR-Management

Entscheider aus Industrie, Verlagen, Agenturen, Medien und Internetwelt treffen sich jährlich, um neue Leadership-Trends zu diskutieren und aufzuzeigen. Save the date. 21.6.2018 in Köln http://www.digital-leadership-summit.de

Herzlichen Dank für das Interview, Frau Vranken!

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Mehr über Ursula Vranken

Ursula Vranken ist Gründerin und Geschäftsführerin des IPA Instituts für Personalentwicklung und Arbeitsorganisation in Köln.

Die Diplompädagogin und Arbeitswissenschaftlerin hat in den letzten 20 Jahren Expertise in vielfältigen Branchen gesammelt, dazu gehören neben Banken, Versicherungen, Maschinenbau und Pharmaindustrie Unternehmen der digitalen Wirtschaft. Sie steht Unternehmern und Führungskräften als Sparringspartner zu  Seite und setzt sich mit Leidenschaft  für ein innovatives Digital People Management ein.

Ursula Vranken ist  Gründerin der Digital Leadership Summits #dlscgn.

www.digitalpeoplemanagement.de

www.ipa-consulting.de

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