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Netzpolitik

Provider zeigten sich selbst wegen Netzsperren an

In Österreich gibt es nun schon seit Jahren ein großes Dilemma: Anwaltskanzleien verschicken im Auftrag der Musik- oder Filmindustrie Schreiben an Internet-Service-Provider mit der Aufforderung, bestimmte Websites zu sperren. Ein berühmtes Beispiel ist die Website The Pirate Bay. Meistens gibt es eine relativ kurze Frist, um die Sperre umzusetzen.

Das bringt die Internet-Provider in eine Rolle des „Sheriffs“: Sie müssen entscheiden, ob es sich dabei um Urheberrechtsverletzungen handelt, oder nicht. Denn dazu gibt es ein Urteil des OGH, auf das sich die Musik- und Filmindustrie seit Jahren bezieht. Das Dilemma der Internet-Service-Provider ist seit Jahren bekannt und es gab auch bereits zahlreiche Verhandlungsrunden zwischen der Urheberrechtsindustrie, Ministerien und Branchenvertretern der Internet-Provider dazu – doch keine Einigung.

Selbstanzeige

Nun haben Ende des vergangenen Jahres einige Provider Selbstanzeige erstattet, weil sie diverse Websites gesperrt haben. Das Ziel der Selbstanzeige war in dem Fall, aufzuzeigen, dass das österreichische Urheberrecht vage ist, wenn es um Netzsperren geht. Einer dieser Provider ist etwa T-Mobile. T-Mobile reichte Selbstanzeige ein, weil er folgende Websites sperrt: thepiratebay.se, thepiratebay.gd, thepiratebay.la, thepiratebay.mn, thepiratebay.mu, thepiratebay.sh, thepiratebay.tw, thepiratebay.fm, thepiratebay.ms, thepiratebay.vg, isohunt.to, h33t.to, 1337x.to, kinox.tv, kinox.am, kinox.nu, kinox.pe, kinox.me, movie4k.tv, movie4k.me, movie.to, movie2k.pe, movie2k.cm, szene-streams.com, filme-streamz.com, kkiste.to, thepiratebay.org, thepiratebay.red, piratebayblocked.com, pirateproxy.cam, tpb.ducsea.com, proxydl.cf, 1337x.st sowie x1337x.ws.

„Die Entscheidung der Provider zur Selbstanzeige mag auf den ersten Blick verwundern. Die Selbstanzeige öffnet aber hoffentlich bei vielen mit dem Thema betrauten Personen die Augen dafür, wie unklar und geradezu besorgniserregend die Situation hierzulande ist“, sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär vom Provider-Verband ISPA.

Weitere Provider, die Selbstanzeige erstattet hatten, waren: Drei, UPC, A1, Liwest und Kabelplus. Das geht aus der den von der Regulierungsbehörde Telekom-Control-Kommission (TKK) veröffentlichten Bescheiden hervor (PDF). Die Frage, um die es in dem Verfahren ging, war: Dürfen Provider jetzt Seiten auf Zuruf sperren, oder nicht?

Anwaltsschreiben reichen nicht

Die Behörde hat daraufhin entschieden, dass jede Sperre ein Aufsichtsverfahren gegen Provider nach sich ziehen wird und, sofern keine gerichtliche Entscheidung vorliegt, eine vollinhaltliche telekomrechtliche Prüfung durch die Behörde stattfinden muss. Einer formlosen Sperre nach Aufforderung durch ein Anwaltsschreiben wurde somit eine Absage erteilt. Die TKK regt zudem eine „saubere gesetzliche Lösung“ an.

Der Branchenverband der Service-Provider ISPA zeigt sich über diese Entscheidung sehr erfreut. Die ISPA fordert seit Jahren eine gesetzliche Regelung bei Netzsperren. „Die Forderung der Provider lautet, dass eine unabhängige, richterliche Stelle vorab die Rechtmäßigkeit der Sperre bestätigt und gewährleistet, dass der Eingriff in zeitlicher als auch in technischer Hinsicht auf das absolut notwendige Minimum begrenzt wird“, so Schubert in einer Aussendung der ISPA. Für Nutzer sei oft nicht nachvollziehbar, warum überhaupt gesperrt wird. Zudem fordern die Provider eine Kostenentschädigung und wollen sich – abseits der Selbstanzeigen – von Klagen Dritter schützen. Der Providerverband hofft, dass der Bescheid der TKK nun dazu führen wird, dass weiter an einer gesetzlichen Regelung gearbeitet wird.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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