Posse um Trainer Funkel : Ein Desaster für Fortuna Düsseldorf
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Ja, was ist denn hier los? Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel. Bild: EPA
Erst wurde die Trennung von Trainer Friedhelm Funkel im Sommer verkündet. Nun wird nach wütenden Protesten wieder verhandelt. Bei der Fortuna ist schon Karneval. Der Grund dafür liegt in einer Dauerfehde.
Es sollte ein sorgloses Wochenende werden für Fortuna Düsseldorf. Am Freitag ein letzter Trainingslager-Abend mit den Fans in Marbella, am Samstag die eigene Karnevalssitzung, am Sonntag das Vorbereitungsturnier in der heimischen Arena mit dem FC Bayern (ab 12.45 Uhr bei Sat.1). Sonne, Schunkeln, Spitzenfußball – so hatten sie sich den Start ins neue Jahr vorgestellt beim Bundesliga-Aufsteiger. Doch dann folgten 20 Stunden, die selbst in der bewegten Geschichte der Fortuna ihresgleichen suchen. Am Ende des öffentlichen Machtkampfes stehen nun ein gestärkter Trainer, ein schwer angeschlagener Vorstandschef und ein kommunikatives Desaster.
Es begann am Freitag gegen 14 Uhr mit einer bemerkenswerten Pressekonferenz. Eine, wie sie im glatten Fußballgeschäft eigentlich nicht mehr vorkommt. Weil da zwei Männer desselben Arbeitgebers saßen, die sich mit eindeutigen Worten widersprachen. Vorstandschef Robert Schäfer verkündete, dass die Zeit von Trainer Friedhelm Funkel im Sommer enden werde, weil man sich über den Zeitpunkt der Verhandlungen nicht einig geworden sei. Funkel wolle sofort verlängern, der Verein warten, bis abzusehen sei, ob die Fortuna den Abstieg vermeidet. Das ist in der Bundesliga zum letzten Mal vor 25 Jahren passiert, entsprechend wegweisend sei eine erfolgreiche Rückrunde. Dann ergriff Funkel das Wort und trat in Fundamentalopposition zu seinem 42 Jahre alten Chef. Er sehe das alles „völlig anders“, er habe sogar angeboten, einen Vertrag zu unterschreiben, der ausschließlich für die erste Liga gilt. Weil das abgelehnt worden sei, spüre er „kein Vertrauen mehr“, sagte der 65-Jährige und gab unter Tränen bekannt, bald gegen seinen Willen in Rente zu gehen.
Als die ersten Meldungen dazu erschienen, flogen sogleich virtuelle Giftpfeile gegen Schäfer und den neuen Sportvorstand Lutz Pfannenstiel durch die sozialen Netzwerk, es gab sogar eine Online-Petition für den Verbleib Funkels. Die Fans vor Ort in Spanien verweigerten das traditionelle Abschiedsfoto mit Mannschaft und Vorstand, die daheimgebliebenen verabredeten sich, am nächsten Tag zum Flughafen zu fahren, um für den Trainer und gegen den Vorstand zu demonstrieren.
Noch am Abend meldete sich Aufsichtsratschef Reinhold Ernst in der „Westdeutschen Zeitung“: „Dass die Gespräche zwischen Trainer und Vorstand eine solche Dynamik bekommen haben, hat uns im Aufsichtsrat überrascht. Daher regen wir an, dass wir untereinander noch einmal sprechen.“ Was durchaus bemerkenswert war – laut Schäfer war die Entscheidung gegen Funkel ja einstimmig in allen Gremien getroffen worden.
Seinen Höhepunkt fand das Theater am Samstagmorgen. Da verkündete die Fortuna, dass nun doch alles anders sei. Vorstandschef und Trainer hätten sich „noch einmal zusammengesetzt“ und festgestellt, „dass zwei Dickköpfe zu sehr auf ihren Positionen beharrt haben“. Noch vor dem Rückrundenstart am 19. Januar in Augsburg soll ein neues Arbeitspapier unterzeichnet sein. Dass Schäfer und Funkel diese Worte wirklich gewählt haben, darf bezweifelt werden. Vielmehr war es Aufsichtsratsboss Ernst, der der Presseabteilung die Sätze diktierte. Die ganze Nacht über hatte Ernst versucht, die Wogen zu glätten. Auch die Spieler sprachen sich für den Trainer aus. Zudem sollen deutliche Worte in Richtung Schäfer gefallen sein. Aus dem Umfeld des Klubs heißt es, der Vorstandschef habe dem Aufsichtsrat nichts von Funkels Vorschlag mit dem reinen Erstligavertrag erzählt. Ein Vertrauensbruch, der Schäfer teuer zu stehen kommen könnte.
Außenstehende hatten sich schon am Freitag gefragt, was da los sei bei der Fortuna. War Funkel nicht der Mann, der die wilde Zeit mit acht Trainern in drei Jahren beendet hatte? Der die Fortuna erst vor dem Sturz in die Drittklassigkeit bewahrte, dann konsolidierte, ehe er sie zum Aufstieg und nun auf Rang 14 führte? Der 3:3 bei den Bayern spielte und als Einziger Dortmund besiegte? Der zuletzt neun Punkte in einer Woche einfuhr?
Der Grund liegt in der Dauerfehde zwischen Schäfer und Funkel. Manche beschreiben sie als Kulturkampf. Hier der junge, smarte Vorstandschef, der aus der Fortuna ein modernes Fußballunternehmen machen möchte. Dort das Bundesliga-Urgestein Friedhelm Funkel aus dem alten Jahrtausend, das im August in Neuss Schützenfest feiert und in Interviews sagt, was es will. Schäfer sei ein Kontrollfreak, der daran verzweifele, den manchmal mürrischen und eitlen Funkel nicht einfangen zu können, heißt es. Zudem sei er eifersüchtig, dass der Trainer all den Applaus einheimst. Dabei sei er doch der Mann, der den Verein im Frühjahr 2016 übernommen und nach oben geführt hat. Für Stabilisierung und Aufstieg sei Funkel richtig gewesen, doch für den nächsten Schritt brauche es einen anderen. Moderner, jünger, aufregender. Bereits vor einigen Wochen soll er Funkel entlassen haben wollen, doch dann gewann die Fortuna dreimal in Folge.
Überrascht hätte ein solches Vorgehen niemanden. Schäfer hat in den vergangenen drei Jahren keinen Stein auf dem anderen gelassen bei der Fortuna. Viele Fans können deswegen nichts mit ihm anfangen. Für sie ist er der Mann der Sprechblasen und der gesponserten Halbzeitspielchen. Der, der dem Verein eine vor Beliebigkeit strotzende „Fortuna-DNA“ verpasst hat. Zudem hat er altgediente Mitarbeiter entfernt und Getreue eingestellt. Von den Älteren, die noch da sind, hört man hinter vorgehaltener Hand Klagen über das Klima in der Geschäftsstelle. Die Fortuna sei kein Verein mehr, sondern ein kühles Unternehmen mit einem allmächtigen Chef. Die Frage ist nun, wie lange der noch da ist. Zwar wurde Schäfers Vertrag erst im Sommer bis 2021 verlängert, samt kräftiger Gehaltserhöhung. Aber was heißt das im Fußball schon? Dass sie die Rolle rückwärts beherrscht, hat die Fortuna an diesem Wochenende eindrucksvoll bewiesen.