Warnmeldungen

Cell Broadcast: Info-Dienst für Katastrophen-Warnungen

Cell Broad­cast ermög­licht das Versenden von Infor­mationen an Handy-Nutzer in einer Mobil­funk-Zelle. Nachdem der Dienst in Deutsch­land lange tot war, gibt es nun die Neuauf­lage für Kata­stro­phen-Warnungen.
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Cell Broadcast: Der Warndienst Cell Broadcast: Der Warndienst
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Damit man immer erreichbar bleibt, auch wenn man seinen Aufent­haltsort ändert, tauscht jedes Handy mit den Basis­sta­tionen des Netz­betrei­bers ständig Infor­mationen aus, auch wenn man nicht tele­foniert.

Während dieser Über­tra­gung können zusätz­lich verschie­dene Text­inhalte über­mit­telt werden, die sich mit den meisten Handys dann auswerten lassen. Dieses Verfahren wird als Cell Broad­cast (kurz CB) bezeichnet - es funk­tio­nierte in Deutsch­land früher aller­dings ledig­lich bei GSM.

Der von der "3rd Gene­ration Part­nership Project" (3GPP) stan­dar­disierte Mobil­funk-Netz­dienst kann aber auch in LTE- und 5G-Netze imple­men­tiert werden. Ange­sichts zahl­rei­cher Natur­kata­stro­phen wurde inzwi­schen auch in Deutsch­land die Reak­tivie­rung des lange Zeit verges­senen unidi­rek­tio­nalen Dienstes für recht­zei­tige Warnungen der Bevöl­kerung voran­getrieben. Cell Broadcast: Der Warndienst Cell Broadcast: Der Warndienst
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Wie funk­tio­niert Cell Broad­cast?

Doch wie funk­tio­niert Cell Broad­cast? Das System ähnelt in gewisser Hinsicht dem vom Fern­sehen her bekannten Video­text. So empfangen alle Handy-Nutzer in einer Funk­zelle dieselben Cell-Broad­cast-Mittei­lungen, wenn sie diesen Dienst akti­viert und den Kanal, auf dem die Sendungen ausge­strahlt werden, einge­stellt haben. Dies unter­scheidet Cell Broad­cast von SMS, bei denen eine Text­nach­richt gezielt an einen bestimmten Teil­nehmer versendet wird.

Cell-Broad­cast-Nach­richten konnten zunächst maximal zwar nur 93 Zeichen umfassen, doch da sie fort­lau­fend gesendet werden, lassen sich trotzdem in kurzer Zeit viele verschie­dene Infor­mationen über­tragen, die meist auch im Abstand von wenigen Minuten erneut gesendet werden. Somit wird dann keine Meldung verpasst, wenn der Nutzer sich für kurze Zeit in einem "Funk­loch" befindet. Auch können die Anbieter tech­nisch regional unter­schied­liche Infor­mationen bereit­stellen, sodass zum Beispiel Kata­stro­phen-Hinweise oder Wetter­vor­her­sagen ganz gezielt auf den aktu­ellen Aufent­haltsort bezogen über­mit­telt werden können. Der Empfang dieser Mittei­lungen ist dabei kostenlos. In der neuesten Spezi­fika­tion kann eine Nach­richt 1395 Zeichen lang sein (durch Anein­ander­rei­hung von maximal 15 Nach­richten zu 93 Zeichen).

Ein wesent­licher Nach­teil des Cell-Broad­cast-Dienstes: Bei akti­vierten Cell-Broad­cast-Meldungen entlädt sich der Akku des Handys schneller als sonst, sodass sich dessen Standby-Zeit verkürzt.

Historie: Welche Infor­mationen wurden zu GSM-Zeiten ange­boten?

Früher gab es vor allem bei Voda­fone einige inter­essante Infor­mations-Dienste. Da mit Cell Broad­cast jedoch kein Geld zu verdienen war, waren die Ange­bote, die meist über Spon­soren finan­ziert wurden, zwischen­zeit­lich einge­stellt worden, glei­ches galt für den ehema­ligen Dienst bei o2.

Viag Interkom bzw. o2 nutzte aller­dings auch einen Cell-Broad­cast-Kanal zur Reali­sie­rung der Home­zone-Tarife mit Fest­netz­nummer: Hier wurde eine Zahlen­kolonne über­tragen; diese Zahlen beschrieben den genauen Standort des Senders, den das Handy gerade nutzt. Auf der SIM-Karte waren dann die zur Home­zone gehö­renden Zahlen hinter­legt, sodass ein Abgleich möglich war. So wusste der Nutzer, ob er sich gerade in der Home­zone befand oder nicht.

Die Telekom kam seiner­zeit nie über einen Cell-Broad­cast-Test­betrieb hinaus und E-Plus führte den Dienst erst gar nicht ein, auch nicht auf Test­basis.

Wie wurde Cell Broad­cast auf GSM-Handys empfangen?

Grund­sätz­lich empfing eine große Zahl an GSM-Handys die Cell-Broad­cast-Infor­mationen des Netz­betrei­bers. Aber ähnlich, wie man mit der Fern­bedie­nung eines Fern­seh­gerätes zunächst auf die Video­text-Anzeige umschalten und dann mittels einer drei­stel­ligen Nummer die gewünschte Seite wählen muss, musste man auch am Handy zunächst die Darstel­lung der Cell-Broad­cast-Mittei­lungen akti­vieren und mittels einer drei­stel­ligen Nummer angeben, welche der Infor­mationen aus den über­tra­genen Daten heraus­gefil­tert und ange­zeigt werden sollten.

Viele Handy-Hersteller verzich­teten bei späteren Modellen schon auf die Bereit­stel­lung der Cell-Broad­cast-Fähig­keit. Wenn sie doch imple­men­tiert war, fand sie sich oft "versteckt" in den Einstel­lungen und hieß dann zum Beispiel "Nach­rich­ten­dienst", "Zellen­info", "Rund­sen­dung" oder eben "Cell Broad­cast". Auch waren viele Hersteller sehr kreativ, als es um die Bezeich­nung der Nummer ging, über die das Thema der Meldungen defi­niert wird, die man empfangen möchte: Bei einigen hieß sie "Code", bei anderen "Kanal", "Mittei­lungstyp", "Themen ID" oder schlicht "Nummer", sodass der Nutzer auch hier etwas suchen musste. Anschlie­ßend musste die Anzeige von empfan­genen Mittei­lungen in den Einstel­lungen noch akti­viert werden.

Doch spätes­tens seit dem Erfolg des mobilen Inter­nets, begin­nend mit WAP-Diensten, verloren Netz­betreiber und Handy-Nutzer zunächst das Inter­esse an Cell Broad­cast.

Neuauf­lage für den Kata­stro­phen­schutz

Nachdem es mit der ursprüng­lichen Nutzung von Cell Broad­cast durch die Netz­betreiber für Info-Dienste lange vorbei war, hat der Dienst aufgrund seiner Einfach­heit und Zuver­läs­sig­keit insbe­son­dere für den Kata­stro­phen­schutz inzwi­schen ein Revival erlebt. Mitt­ler­weile gibt es zwar Kata­stro­phen-Warn-Apps wie Katwarn, Nina oder Warn­wetter des Deut­schen Wetter­dienstes. Diese Apps setzen aber voraus, dass es mobiles Internet oder WLAN gibt und dass der Nutzer über­haupt eine App instal­liert und diese für den eigenen Standort konfi­guriert hat. Die Hürden, Menschen zu errei­chen, sind auf diesem Weg also höher als über Cell Broad­cast.

In den meisten modernen Handys und Smart­phones ist die Cell-Broad­cast-Funk­tion prin­zipiell vorhanden. In Japan wird Cell Broad­cast beispiels­weise für die Erdbe­ben­früh­war­nung einge­setzt. Auch in Ländern wie USA, Kanada, Israel, Neusee­land, China, Südkorea und einigen euro­päi­schen Staaten gab es vor der EU-Initia­tive Warn­sys­teme auf der Basis von Cell Broad­cast.

EU-Vorgabe und Start in Deutsch­land

Die Euro­päi­sche Union trieb dann ab 2018 die Einfüh­rung des "EU-Alerts" voran. Dabei handelt es sich um ein Warn­system, das für Warnungen an Handys diverse Tech­niken wie Apps und auch Cell Broad­cast nutzt. Alle EU-Mitglied­staaten wurden dazu aufge­for­dert, ein derar­tiges Warn­system für den Zivil­schutz einzu­richten. Unab­hängig vom EU-Alert-System arbei­tete auch die Politik in Deutsch­land daran, ein Kata­stro­phen-Warn­system auf der Basis von Cell Broad­cast einzu­führen.

Am 1. Dezember 2021 wurden dazu mit dem neuen Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz und einer Mobil­funk-Warn-Verord­nung die recht­lichen Voraus­set­zungen für die Einfüh­rung von Cell Broad­cast geschaffen. Kurz danach hat die Bundes­netz­agentur hierzu die Konsul­tation einer tech­nischen Richt­linie zur Imple­men­tie­rung von Cell Broad­cast für Warn­nach­richten gestartet. Mit der Mobil­funk-Warn-Verord­nung wurden die Netz­betreiber zur Einfüh­rung von Cell Broad­cast verpflichtet.

Nach einer Erpro­bung beim bundes­weiten Warntag im Dezember 2022 star­tete Cell Broad­cast in allen deut­schen Mobil­funk­netzen am 23. Februar 2023 in den Regel­betrieb. Bereits wenige Tage später kam es lokal in diversen Bundes­län­dern zu einem ersten ernst­haften Einsatz.

In einem sepa­raten Ratgeber erläu­tern wir, wie Sie eine bereits empfan­gene Cell-Broad­cast-Nach­richt unter Android und iOS wieder­finden und erneut lesen.