SAP kauft Qualtrics :
Die neuen Mormonen im SAP-Reich

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Gibt 8 Milliarden Dollar aus: SAP-Chef Bill McDermott
SAP zahlt 8 Milliarden Dollar für Qualtrics. Viel Geld für ein Unternehmen, das wenige kennen. Was also macht Qualtrics? Wer steckt dahinter? Und was denkt sich SAP bei der Übernahme?

SAP gibt 8 Milliarden Euro für ein Unternehmen aus, das wenige kennen. Qualtrics heißt der Software-Hersteller aus Utah, der 2018 etwas mehr als 400 Millionen Dollar Umsatz machen will. Warum also nimmt SAP für das Unternehmen so viel Geld in die Hand?

Qualtrics kann etwas, das SAP nicht so gut kann: Daten in der Cloud zugänglich machen. Dort aber dürfte ein Großteil des zukünftigen Geschäfts stattfinden – und genau dort kämpft SAP mit dem Konkurrenten Salesforce. Das Unternehmen aus San Francisco macht knapp 10 Milliarden Dollar Umsatz, 90 Prozent davon mit Cloud-Diensten, also online verfügbaren Daten und Programmen. SAP macht insgesamt zwar etwa dreimal so viel Umsatz, allerdings nur knapp 4 Milliarden Euro davon in der Cloudsparte.

Für SAP könnte das langfristig ein Problem werden, weil das Cloud-Geschäft wesentlich schneller wächst als das Kerngeschäft von SAP. Qualtrics rechnet beispielsweise mit einem Umsatzwachstum von 40 Prozent – jedes Jahr.

Ein Familienunternehmen

Qualtrics wurde schon 2002 gegründet und ist inzwischen eines der führenden Unternehmen im Bereich des sogenannten Erfahrungsmanagement. Mit der Software von Qualtrics können Unternehmen besser verstehen, wie zufrieden ihre Kunden, Angestellte und Partner mit dem Unternehmen sind.

Qualtrics ist nah dran an dem, was man in Deutschland ein Familienunternehmen nennen würde. Gegründet wurde es 2002 von Scott Smith, Ryan Smith, Jared Smith und Stuart Orgill. Scott ist der Vater von Ryan und Jared, Stuart war ein Studienkollege von Ryan. Bis zur Übernahme von SAP hielt die Familie Smith 40 Prozent der Anteile. Ryan Smith soll das Unternehmen auch in Zukunft führen.

Angefangen hat Qualtrics als Fragebogen-Anbieter für Wissenschaftler. Erst seit 2008 bietet das Unternehmen seine Dienste auch privaten Unternehmen an. Zunächst ging es dabei um vor allem darum, Kunden und Angestellte direkt zu befragen.

Ein Datenunternehmen für Kundenkommunikation

Erst mit der Zeit hat das Unternehmen weitere Funktionen hinzugefügt. So wirbt Qualtrics beispielsweise damit, dass es Kundenkommunikation via E-Mail, SMS, online und in Apps ermöglicht. Vor allem aber sammelt die Software permanent Daten. Jeder Kundenkontakt wird registriert und analysiert. Dadurch identifizieren die Qualtrics-Programme unzufriedene Kunden – was Unternehmen hilft, schnell zu reagieren, um die Kunden nicht zu verlieren.

Mit anderen Programmen von Qualtrics können Unternehmen im Blick behalten, wie zufrieden die eigenen Mitarbeiter mit ihrer Arbeit sind. Auch eine Plattform für Marktforschungen bietet das Unternehmen an.

Pro-Utah-Mormonen

Kulturell unterscheidet sich Qualtrics stark von vielen anderen amerikanischen Tech-Unternehmen. Die Smiths sind Mormonen. Ryan Smith sagt, er verbringe nie mehr als 36 Stunden im Silicon Valley, wo die meisten anderen Tech-Konzerne sitzen. Das sei aber nicht „Anti-Silicon-Valley“, sagt Ryan Smith in einem Artikel mit dem Magazin Fortune: „Ich bin nur pro Utah.“

Qualtrics war eines der ersten Tech-Unternehmen in Utah. Inzwischen hat sich dort eine ganze Reihe von aufstrebenden Start-ups angesiedelt. Die Zentrale der Ahnen-Forschungs-Webseite Ancestry.com steht nur wenige Kilometer entfernt. Das Softwareunternehmen Domo bietet ähnlich wie Qualtrics Cloud-Dienste an und war zeitweisee mehr als 2 Milliarden Dollar wert.

Ein transformativer Deal

Analysten finden die 8 Milliarden Dollar teuer. SAP-Chef Bill McDermott meint, das sei der Zukauf wert: „Das war die transformativste Sache, an der ich je beteiligt war.“ Damit würde das Unternehmen in einem Schritt das erreichen, wofür sonst mehrere Zukäufe notwendig gewesen wären.

Qualtrics hatte eigentlich einen Börsengang geplant. Das Unternehmen wäre an der Börse ungefähr 5 Milliarden Dollar wert gewesen. Damit wäre der Qualtrics-Börsengang der erfolgreichste des Jahres gewesen, sagte SAP-Chef Bill McDermott laut der Webseite „Business Insider“ in einer Telefonkonferenz. Mit dem 8-Milliarden-Dollar-Angebot zahlt SAP nun einen Aufschlag von 3 Milliarden Dollar, überzeugte die Familie Smith – und baut jetzt mithilfe der Mormonen aus Utah sein Cloud-Angebot aus.