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Fox News vor dem TV-Duell Bei Trumps Haussender regt sich Widerstand

Ein neues Buch blickt auf das Verhältnis zwischen Fox News und Donald Trump, von dem bisher beide profitieren. Nun formiert sich im Sender Kritik am Kuschelkurs mit dem US-Präsidenten.
Donald Trump zu Gast bei Sean Hannity

Donald Trump zu Gast bei Sean Hannity

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Jim Watson / picture alliance / Getty Images North America

"In Minneapolis sind Schwarze in den vergangenen fünf Jahren sieben Mal häufiger Opfer von Polizeigewalt geworden als weiße Amerikaner", sagte der TV-Journalist Chris Wallace im Juli zu Donald Trump. "Können Sie verstehen, warum viele Afroamerikaner das wütend macht?"

Wallace saß für dieses Gespräch mit dem Präsidenten auf der Veranda hinter dem Oval Office des Weißen Hauses in der prallen Sommersonne, das Thermometer zeigte über 30 Grad an. "Ist es heiß genug für Sie?", fragte der Moderator den Politiker irgendwann mitten im Interview. "Wir hätten auch reingehen können." "Ich wollte, dass Sie ein bisschen schwitzen", erwiderte Trump. 

Wo Trump ist, geht es eben häufig heiß her - könnte man denken. Äußerst ungewöhnlich ist allerdings, dass dies auf dem Sender geschieht, für den Wallace mit Trump sprach: Fox News.

Oft klingen die Interviews dort anders. Sean Hannity, einer der Starmoderatoren des Senders, fragte Trump etwa im Februar kuschelweich zum Amtsenthebungsverfahren: "Sie haben viel durchgemacht – wie lautet Ihre Reaktion auf all das?" Fox gilt als der Haussender der Präsidenten.

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Trumps Gespräch mit Chris Wallace machte nach der Ausstrahlung Schlagzeilen. Nicht allein, weil Wallace sich gut vorbereitet hatte. Oder weil er wieder und wieder die fehlerhaften Antworten des Präsidenten korrigierte, ihm widersprach und noch vor Ort einem Faktencheck unterzog. Oder weil Trump in seinen hastigen Antworten von der Pandemie überfordert wirkte. Sondern weil es Seltenheitswert besaß: ein kritisches Interview mit dem Präsidenten auf Fox News.

Tatsächlich gefällt die Nähe zu Trump nicht allen Mitarbeitern. "Fox News ist eine riesige Organisation, es gibt Dutzende und Dutzende Journalisten, die hart arbeiten und sich um die Inhalte Sorgen machen", sagt Brian Stelter, "Sie fühlen sich verdrängt vom ganzen Pro-Trump-Gerede der Meinungssendungen."

Brian Stelter war früher Medienredakteur bei der "New York Times", seit 2013 ist er Medien-Chefkorrespondent bei CNN, dem linksliberalen Gegenstück zu Fox News. In den USA ist vor Kurzem sein neues Buch erschienen, "Hoax" heißt es, zu Deutsch: Falschmeldung. Es geht darin um Trumps inzestuöses Verhältnis zu seinem Lieblingssender.

Medienjournalist und Buchautor Stelter: "Die Kritik kommt aus dem Inneren des Senders"

Medienjournalist und Buchautor Stelter: "Die Kritik kommt aus dem Inneren des Senders"

Foto: Matt Winkelmeyer / Getty Images

Für sein Buch hat Stelter mit mehr als 300 derzeitigen und ehemaligen Fox-Mitarbeitern gesprochen. Das Bild, das er darin zeichnet, ist das eines Senders, der seinem eigenen Geschäftsmodell verfallen ist: Unter den großen Nachrichtensendern in den USA ist Fox News seit einigen Jahren der quotenstärkste, noch vor CNN und MSNBC. Die besten Werte holen verlässlich die Stars Tucker Carlson und Sean Hannity, zwei Meinungsmacher, die eher wenig mit Journalismus am Hut haben und stark pro Trump senden.

Ihr Millionenpublikum hat sie reich gemacht (Hannity soll pro Jahr 30 Millionen Dollar Gehalt beziehen), das gibt ihnen im Sender eine nie dagewesene Macht und die damit verbundenen Freiheiten, sich keinen journalistischen Zwängen unterziehen zu müssen.

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Über diesen Kurs regt sich bei Fox News aber nun Unmut. Bei seiner Recherche stieß Brian Stelter auf eine innere Zerrissenheit im Sender. Auf eine Gruppe, die Widerstand leistet, indem sie sich intern gegen die Vereinnahmung durch Trump wehrt. "Die Kritik kommt aus dem Inneren des Senders", sagt Stelter. "Das ist ein Grund, warum ich 'Hoax' geschrieben habe: Etliche Mitarbeiter haben mir gesagt, dass sie die Verschwörungstheorien und das Gefasel in den Meinungsshows am Abend beunruhigen."

In den USA gibt es eine lange Tradition des sogenannten talk radio, oft politisch eingefärbtes Geschwafel über Gott und die Welt. Als Rupert Murdoch Fox News 1996 gründete, suchte er nach einem Pendant fürs Fernsehen. Er engagierte den ehemaligen Journalisten Roger Ailes, der unter Nixon, Reagan und Bush senior als Politikberater gearbeitet hatte, um aus dem Kabelsender einen CNN-Konkurrenten rechts der Mitte zu formen: News für ein konservatives Milieu.

Das Konzept ging auf. Nach 9/11 und dem Irakkrieg setzte ein neuer Patriotismus ein, die schrille Tea-Party-Bewegung und die auf konservativer Seite so unbeliebte Obama-Präsidentschaft drängten den Sender noch weiter nach rechts. Spätestens mit der Wahl von Donald Trump im Jahr 2016 hat sich der redaktionelle Anspruch dramatisch verschoben. Ausgewogenheit ist jetzt eher ein Sonderfall als der Standard.

Doch Fox ist nicht nur eine Propaganda-, sondern auch eine Profitmaschine. Die Quoten stimmen, die Gewinne steigen seit Jahren. Vor Ausbruch der Pandemie lag die Vorhersage für Werbeumsätze im Jahr 2020 bei 1,32 Milliarden Dollar, fast doppelt so viel wie beim Konkurrenten CNN.

Das ist auch den Fox-Mitarbeitern bewusst, selbst den kritischen. So rücken selbst die neutraleren Fox-Sendungen weiter nach rechts. Nähe zum Präsidenten verspricht Erfolg. "Sie werden Trump-ier and Trump-ier", sagt Buchautor Stelter.

Fox-News-Journalist Chris Wallace: Kritische Fragen an Trump - auch beim TV-Duell?

Fox-News-Journalist Chris Wallace: Kritische Fragen an Trump - auch beim TV-Duell?

Foto: Carlos Barria / REUTERS

"Jedes Mal, wenn Fox in den vergangenen 25 Jahren noch weiter rechts abgebogen ist, spiegelt das eine Veränderung des Publikums wider", so der 35-Jährige. "Die republikanischen Fernsehzuschauer sind misstrauisch. Fox sagt ihnen: Nur uns kannst du trauen, der Rest sind Fake News". Falschmeldungen also.

Das Führungspersonal bei Fox News hat irgendwann für sich entdeckt, dass es sich finanziell lohnt, Politik über Prinzipien zu stellen. Daraus ist eine ans Publikum angepasste Berichterstattung entstanden, die mit Wahrheiten und Ressentiments spielt, Angst schürt, Zwietracht sät.

Stelters Sender CNN macht es inzwischen auf gewisse Weise nicht anders als Fox News. Aus dem Sender, der einst für harte Nachrichten stand, ist ein Programm geworden, das Demokraten genau das gibt, was sie hören wollen.

Zu weit ins Extrem darf sich ein Sender aber nicht begeben, dann würde er für kaufkräftige Werbepartner uninteressant. Auch deshalb ist die PR-Abteilung im Hause Fox anscheinend darum bemüht, ein Interview wie das von Chris Wallace mit Donald Trump hochzuspielen.

Noch profitieren sowohl Präsident als auch Sender von ihrem engen Verhältnis. Was ist aber, wenn Joe Biden ins Weiße Haus einzieht?

"Trump ist wie Fox' Frankenstein", zitiert Brian Stelter in seinem Buch einen Fox-Mitarbeiter, "sie haben ihn erschaffen, und jetzt ist er außer Kontrolle geraten. Niemand weiß, was passiert, wenn er nicht mehr da ist."

Wenn am 29. September in Cleveland das erste von drei TV-Duellen zwischen Trump und Biden stattfindet, heißt der Moderator Chris Wallace. Der hält sich mit Details zu seiner Fragenvorbereitung bedeckt. Vielleicht wird es ja nicht nur dank Joe Biden heißer als erwartet für den US-Präsidenten.

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