Gleichberechtigung :
Staatsrechtler Di Fabio gegen Frauenquoten in der Politik

Lesezeit: 2 Min.
Staatsrechtler Udo Di Fabio (Archivbild)
Der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio hält ein Paritätsgesetz für mehr Frauen im Parlament für verfassungswidrig. Der Bundestag sei keine Ständeversammlung.

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio wendet sich gegen den Vorschlag von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD), Parteien per Gesetz dazu zu zwingen, mehr Bundestagskandidatinnen aufzustellen. „Ich habe Zweifel, dass diese Idee mit unseren Wahlrechtsgrundsätzen und mit der Freiheit der Parteien vereinbar wäre“, sagte Di Fabio in einem Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“. „Der Bundestag muss nicht Bevölkerungsgruppen paritätisch abbilden wie eine Ständeversammlung, das ist dem modernen Parlamentarismus fremd.“

Da die Parteien kein Geschlecht und keine soziale Gruppe ausschließen dürften, liege es letztlich an den Frauen selbst, sich politisch zu engagieren und Listenplätze für Wahlen zu erkämpfen, sagte der Staatsrechtsprofessor, der an der Universität Bonn lehrt. „Jeden Versuch, das Wahlvolk in Gruppen zu teilen, die irgendwie gefördert oder gebremst werden sollten, halte ich für bedenklich.“ Da Frauen alle Parteien offen stehen, müsse man auch fragen, „warum Frauen zögern, in eine Partei einzutreten“. Weiter sagte Di Fabio: „Was sich in den Parteien in Freiheit als Willen bildet – und das beginnt mit der Freiheit, in eine Partei einzutreten –, hat Gewicht.“

„Verletzung der Chancengleichheit“

Skeptisch beurteilt Di Fabio auch die Idee, den Parteien zwar die Kandidatenkür zu überlassen, ihnen aber die Parteienfinanzierung zu kürzen, wenn sie zu wenige Frauen aufstellen. „Aus meiner Sicht wären solche Bußen eine Verletzung der Chancengleichheit der Parteien. Der Staat darf Zahlungen oder Finanzsanktionen weder an das Programm noch an das Personal einer Partei knüpfen.“

Barley will sich für eine Änderung des Wahlrechts einsetzen und hat dafür verschiedene Vorschläge skizziert. Unter anderem nannte sie eine Vergrößerung der Wahlkreise, in denen dann jeweils zwei Abgeordnete direkt gewählt werden könnten – eine Frau und ein Mann. Das würde allerdings in kleinen Parteien wie der FDP oder der AfD praktisch nichts bewirken, weil deren Kandidaten selten Direktmandate gewinnen. Andererseits dürfte eine paritätische Aufstellung der Landeslisten, auf denen abwechselnd Frauen und Männer kandidieren, derzeit nichts bei der CSU verändern. So holte die CSU bei der vergangenen Bundestagswahl sämtliche Direktmandate in allen 46 bayerischen Wahlkreisen. Deshalb zog die Landesliste der Partei überhaupt nicht. Kein Listenkandidat – und vor allem: keine Kandidatin – kam in den Landtag, wenn er oder sie nicht auch zugleich ein Direktmandat erhielt.