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Senkung der Fördermengen Ölkartell will Preisrutsch stoppen

Die wichtigsten Ölförderer der Welt denken darüber nach, ihre Produktion zu kürzen - und den Preis für den weltweit wichtigsten Rohstoff in die Höhe zu treiben. Der Markt reagiert bereits.
Ölpumpe in China (Archivbild)

Ölpumpe in China (Archivbild)

Foto: A2800 epa Wu Hong/ dpa

Die Opec-Mitglieder und andere Staaten könnten schon bei ihrem nächsten Treffen im Dezember über eine deutliche Drosselung der Ölförderung entscheiden. Das sagte der Ölminister des Oman, Mohammed Al Rumhy, am Sonntag.

Am Rande eines Treffens des Erdölkomitees des Opec-Plus-Verbunds in Abu Dhabi hieß es, eine Senkung der weltweiten Fördermenge von Erdöl sei angebracht. Eine Million Barrel weniger pro Tag sei "eine gute Zahl", hieß es. Momentan werden täglich rund 93 Millionen Barrel Öl gefördert. Ein Barrel entspricht 159 Litern.

Zuvor hatte bereits Saudi-Arabien eine Drosselung seiner Erdölförderung angekündigt. So sagte der Energieminister Khalid Al-Falih dem saudinahen Nachrichtenkanal Al-Arabiya zufolge, man wolle im Dezember täglich 500.000 Barrel Öl weniger produzieren. Saudi-Arabien ist der weltweit größte Ölexporteur. Im Oktober waren in dem Golfstaat 10,7 Millionen Barrel pro Tag gefördert worden.

Die Ölpreise legten nach den Ankündigungen spürbar zu. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 71,61 US-Dollar. Das waren 1,43 Dollar mehr als am Freitag. Der Preis für amerikanisches Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 85 Cent auf 61,04 Dollar.

Grund für den Strategieschwenk am Ölmarkt ist der rapide Preisverfall für den international so wichtigen Rohstoff. Die Ölpreise waren bis Anfang Oktober stark gestiegen, sind seither aber um mehr als 20 Prozent gefallen. Ein Barrel der Nordseesorte Brent hat vor wenigen Wochen noch mehr als 85 Dollar gekostet, derzeit sind es etwa 70 Dollar.

Ein wichtiger Grund für den Preissturz ist, dass das Ölembargo der USA gegen Iran nicht so wirkungsvoll ist wie anfangs befürchtet. Die USA hatten Unternehmen aus acht Staaten Ausnahmen erteilt, weiter Ölgeschäfte mit Iran zu betreiben, und Iran hatte angekündigt, die Sanktionen zu umgehen, wo immer die Möglichkeit dazu bestehe. Damit fließt weiter mehr Öl auf den Weltmarkt, als Investoren kalkuliert hatten.

Gewaltige Kapitalströme

Bei jeder Schwankung des Ölpreises werden gewaltige Kapitalströme umgelenkt. Fällt der Preis, erleiden Ölproduzenten sowie deren Zulieferer und Kreditgeber dramatische Verluste. Die Ölverbraucher dagegen sparen viel Geld und können dieses an anderer Stelle ausgeben. Steigt der Preis, ist es umgekehrt.

Was für eine gewaltige Umverteilung da im Gange ist, zeigt folgende Rechnung: Lange war ein Ölpreis von 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) die Norm. Bei diesem wäre die jährliche Weltölproduktion gut 3,4 Billionen Dollar wert. Bei einem Preis von 60 Dollar sind es nur noch gut zwei Billionen Dollar.

Die Umlenkung der Kapitalströme verändert die Weltwirtschaft an Millionen Stellen gleichzeitig, im Großen wie im Kleinen. Betroffen sind Unternehmen, die ihre Projektpläne ändern müssen. Investoren, die ihre Risikokalkulationen und Anlagestrategien anpassen. Aber auch ganze Märkte, in denen sich Angebot und Nachfrage verändern. So können dem Sektor für Luxusimmobilien plötzlich die reichen Ölscheichs als Kunden fehlen. Und in Nahost werden Infrastrukturprojekte aufgeschoben - was dann bei europäischen Baufirmen zu Ausfällen führt.

Betroffen sind einzelne Autobesitzer, die womöglich verschwenderischer fahren. Konsumenten, die sich durch die niedrigen Energiepreise nun Dinge leisten können, von denen sie vor einem Jahr nicht einmal zu träumen wagten. Aber eben auch Regierungen wie die von Russland, deren Haushaltsetat stark von der heimischen Ölproduktion abhängt.

ssu/dpa-AFX