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Elektroautos "Brandgefahr mit der eines Verbrenners vergleichbar"

Immer öfter machen brennende Elektroautos und die schwierige Lagerung der Wracks Schlagzeilen. Worauf es beim Löschen dieser Autos ankommt, erklärt der Leiter der Feuerwehr Bremen im Interview.
Muss nach dem Brand noch gekühlt werden: Ein ausgebranntes Elektroauto in den USA

Muss nach dem Brand noch gekühlt werden: Ein ausgebranntes Elektroauto in den USA

Foto: ZUMA Press/ imago images
Zur Person
Foto: Deutscher Feuerwehrverband

Karl-Heinz Knorr, geb. 1964 in Bad Harzburg, ist Diplom-Physiker und seit 1996 Leitender Branddirektor der Feuerwehr Bremen. Er studierte Physik und Technische Elektronik an der Technischen Universität Clausthal und der Southern Illinois University in Carbondale. Seit 2016 ist er außerdem Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands.

SPIEGEL: Herr Knorr, brennende Elektroautos sorgen für Schlagzeilen, wie gefährlich ist so ein Brand tatsächlich?

Karl-Heinz Knorr: Nicht gefährlicher als der Brand eines "normalen" Pkw. Denn in einem Elektroauto ist nicht mehr Energie gespeichert als im vollen Tank eines Verbrenners. Diese Fahrzeuge brennen aber anders. Wenn bei einem Verbrenner der Tank aufreißt, erstickt man den Brand mit Löschschaum. Bei einem Elektroauto entsteht die thermische Energie aber nicht an der Oberfläche, sondern im Inneren des Akkus. Hier besteht die Gefahr eines sogenannten "Thermal Runaway", bei dem der Brand von einer Zelle auf die nächste überspringt. Dann führt, wie bei einem Feuer in einer Reihenhaussiedlung ohne Brandwände, ein Brand zum Brand der gesamten Reihe. So ein Batteriebrand ist natürlich mit Hitze und Feuer verbunden, aber bei 50 Litern Benzin ist das auch der Fall.

SPIEGEL: Wie löscht man so einen Brand in einer Batterie?

Knorr: Das ist ein chemischer Prozess, den man mit intensivem Kühlen unterbrechen muss, ansonsten kann das wieder von vorne beginnen. Das geht am besten mit mehreren tausend Litern Wasser. Das ist ein hervorragendes Kühlmittel und man kann es auch sehr gut mit Tanklöschwagen auf die Autobahn oder die Landstraße bringen. Man sieht im Gegensatz zum Verbrenner aber nicht mit bloßem Auge, ob das Feuer wirklich aus ist. Deshalb beobachten wir nach dem Löschen mit einer Wärmebildkamera, ob es noch heiße Stellen gibt. Wichtig ist vor allem, dass die Abschleppunternehmen auch über die Risiken solcher Autos Bescheid wissen und sie separat oder in einem Wasserbad abstellen, damit das Feuer nicht wiederaufflammt.

SPIEGEL: Also ist, wie auch nach einem Unfall in Tirol , das anschließende Lagern und Kühlen des Wracks das eigentliche Problem?

Knorr: Für einen begrenzten Zeitraum, die Batterie kann theoretisch bis zu 24 Stunden nach dem Brand wieder aufflammen, zunächst klein und harmlos, einige Minuten später wieder intensiv. Das müssen die Entsorger wissen, damit sie das Auto nicht in eine Halle schieben, sondern bestenfalls in einem Container mit Wasser lagern. Wir fordern deshalb, dass Abschleppunternehmen auf solche Fälle vorbereitet sind. Nach diesen 24 Stunden geht von der Batterie jedoch keine Gefahr mehr aus.

SPIEGEL: Braucht die Feuerwehr für solche Brände und dadurch freiwerdende Giftstoffe spezielle Ausrüstung?

Knorr: Man braucht mehr Wasser, auf Landstraßen und Autobahnen muss also ein weiteres Tanklöschfahrzeug mitgeschickt werden. Ansonsten braucht man nicht mehr Ausrüstung als bei einem anderen Brand. Was Atemgifte angeht, schützen wir uns auch bei "normalen" Pkw-Bränden mit Atemschutz, da alleine der Rauch, der beim Brand der Polster und Verkleidungen entsteht, giftig ist.

SPIEGEL: Wie oft brennen Elektroautos denn überhaupt?

Knorr: Selten, die Brandgefahr ist mit der eines Verbrenners vergleichbar. In hochwertigen Batterien stecken viele Sicherheitssysteme, die eine Selbstentzündung verhindern. Natürlich kann auch so eine Batterie einen Brand verursachen, denn seit es Autos gibt, brennen diese auch, zum Beispiel nach Unfällen oder durch technische Defekte. Ein viel größeres Problem ist aber der Heizwert normaler Autos, der hat sich in den letzten 25 Jahren durch den vielen Kunststoff fast verdoppelt. Dadurch wird heute bei einem Brand die doppelte Energie frei, das ist gerade in Tiefgaragen problematisch.

SPIEGEL: Selbst wenn morgen alle Menschen in Deutschland ein Elektroauto fahren, stiege also nicht die Brandgefahr?

Knorr: Nein, dass ein Auto im Betrieb in Brand gerät, ist bei der Elektrotechnologie nicht wahrscheinlicher als bei einem Verbrenner-Pkw. Man vergisst das gerne, aber bereits 50 Milliliter Benzin brennen extrem heiß und lange, und in einem Tank stecken meist 50 bis 80 Liter - direkt unter der Rückbank. Würde man diese Technologie heute neu einführen, hätte man eine riesige Sicherheitsdiskussion. Wir sind aber seit 70 Jahren an diese Kraftstoffe gewohnt und trauen dem Laien sogar zu, sie an der Tankstelle selbst einzufüllen. Damit fahren wir alle durch die Gegend und haben überhaupt kein Problem damit.

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