Griechenland-Kommentar :
Wozu die EU in der Lage ist

Nikolas Busse
Ein Kommentar von Nikolas Busse
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Die Flaggen von Griechenland (l-r), der Europäischen Union (EU) und der Bundesrepublik Deutschland
Ein europäisches Krisenkapitel ist nach neun langen Jahren (fürs Erste) abgeschlossen worden. Weil alle Beteiligten am Ende doch an einem Strang zogen. Die Parallelen zur Flüchtlingskrise sind offenkundig.

Der Fall Griechenland zeigt recht anschaulich, wozu die EU in der Lage ist und wozu nicht. Die Überschuldung dieses kleinen Landes war Ausgangspunkt der bisher schwersten Krise der Union; sie hätte die Gemeinschaftswährung um ein Haar zum Scheitern gebracht. Dass dieses Kapitel nach neun langen Jahren (fürs Erste) abgeschlossen werden kann, war nur möglich, weil alle Beteiligten sich am Ende doch für Zusammenarbeit entschieden haben. Die Griechen nahmen Reformen in ihrem Land vor, die anderen Europäer liehen ihnen Geld. Beiden Seiten ist das nicht leichtgefallen, wie vor allem die erbitterten Auseinandersetzungen im Sommer 2015 gezeigt haben, als das Land kurz vor dem Euro-Austritt stand. Ob es damit besser gefahren wäre, wird man nie wissen.

Das Beispiel zeigt aber auch, dass europäische Kompromisse nicht automatisch zu perfekten Lösungen führen. Griechenland hat einen gewaltigen Wohlstandsverlust erlitten und trotzdem noch eine sehr hohe Staatsschuld; die anderen Euroländer haben jetzt ein milliardenschweres Kreditausfallrisiko. Vor allem begann in Griechenland eine Entwicklung, die mittlerweile den ganzen Kontinent ergriffen hat: die Zersetzung der bestehenden politischen Systeme durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Krisen. Alle Brüsseler Rettungspakete konnten nicht verhindern, dass in Athen populistische Parteien an die Macht gelangten. Angesichts des Versagens der etablierten Kräfte war das sogar verständlich, und Syriza erwies sich in der Regierung als erstaunlich pragmatisch. Aber unter dem Strich bezahlte Europa die Stabilisierung des Euros auch mit einer Vergiftung des politischen Klimas in und zwischen vielen Mitgliedstaaten.

Die Parallelen zur Flüchtlingskrise, die Europa nur wenige Jahre später erfasste, sind offenkundig, gerade was Griechenland betrifft. Die Balkan-Route konnte nur geschlossen werden, weil die Europäer auch hier nach langem Streit zu einer Zusammenarbeit fanden. Aber das Problem ist damit noch nicht aus der Welt geschafft, denn die Einwanderung läuft nun eben über andere Länder. Im Vergleich zu Griechenland erscheinen die Verhandlungspositionen heute weniger flexibel, Deutschland eingeschlossen. Die nächsten Tage werden zeigen, ob das die Krise ist, die die EU nicht mehr lösen kann.