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Christoph Scheuermann

Trump trifft Kim Viel Glück, Mr President!

Donald Trump trifft am 12. Juni Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, das scheint nun sicher zu sein. Jetzt ist der Moment, dem US-Präsidenten allen Erfolg zu wünschen - ausnahmsweise.
Donald Trump

Donald Trump

Foto: SAUL LOEB/ AFP

Es heißt oft, Donald Trump hasse die Medien, aber das stimmt nicht. Man muss sich nur seine improvisierte Pressekonferenz im Garten des Weißen Hauses am Freitag anschauen. Er lächelte den Journalisten zu, die um ihn versammelt waren, er flirtete mit ihnen, er gestattete immer neue Fragen, als hätte er alle Zeit der Welt.

Kurz zuvor hatte er einen Gesandten Nordkoreas aus dem Oval Office verabschiedet. Trump liebt die Medien, wenn sie an seinen Lippen hängen - wie an diesem Freitagnachmittag, als klar wurde, dass ein wahnwitziger Gipfel, der bereits abgesagt war, nun plötzlich doch stattfinden soll.

Trump ist in die Nordkorea-Sache hineingestolpert wie in sein Amt. Mit Glück und der Hilfe sehr merkwürdiger Umstände, aber ohne Verstand. Jetzt findet er sich in einer Situation wieder, in der er übernächste Woche einem Mann in die Augen blicken wird, dem er vor nicht langer Zeit noch mit der nuklearen Auslöschung drohte. Trump trifft Kim Jong Un am 12. Juni in Singapur. Schon dieser Satz ist absurd. Trotzdem muss man dem US-Präsidenten dieses Mal alles Glück der Welt wünschen.

Trumps Selbsthypnose könnte hilfreich sein

Trump soll und muss dieses Spiel gewinnen, für die Menschen in Nordkorea, für den Westen, vielleicht auch für sich selbst. Die Alternative ist ein weiter eskalierender Konflikt auf der koreanischen Halbinsel, im schlimmsten Fall Krieg.

Trump hat in dieser Sache tatsächlich die Chance, mehr zu erreichen als seine Vorgänger Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama: In seinem konstanten Zustand der Selbstüberschätzung könnte er Kim tatsächlich einen Weg in die Weltgemeinschaft weisen, womöglich sogar in eine (ferne) Zukunft ohne Nuklearwaffen in Korea. Die Selbsthypnose, in der sich Trump befindet, könnte endlich hilfreich sein.

Das ist nicht die Zeit, sich über ihn und seine traurige Sehnsucht nach dem Friedensnobelpreis lustig zu machen. Ja, seine emotionale Bedürftigkeit ist so peinlich wie alles andere an diesem Mann. Aber das ist nicht der Moment für Zynismus. Wir sollten ihm die Daumen drücken.

Gibt Kim sein wichtigstes Verhandlungsinstrument auf?

Und natürlich gibt es eine Menge Argumente, die gegen einen positiven Ausgang sprechen. Erstens hat Kim Jong Un mit seinen Atomsprengköpfen und Interkontinentalraketen schon jetzt mehr für sich und seinen Herrscherclan erreicht als sein Vater und sein Großvater zusammen: Er wird ernst genommen. Er wird von China hofiert und durfte sich innerhalb kurzer Zeit zwei Mal mit dem chinesischen Präsidenten treffen; er hat eine Einladung nach Moskau erhalten; er konnte einen seiner wichtigsten Leute ins Oval Office schicken; und er wird, wenn alles klappt, dem US-Präsidenten die Hand reichen. Warum sollte er sein wichtigstes Verhandlungsinstrument aufgeben?

Zweitens ist Trump der vermutlich überschätzteste Verhandler unter Gottes Sonne. Es gibt die Möglichkeit, dass er den aufkeimenden Dialog durch sein Mackertum aufs Spiel setzt, durch eine beleidigte Volte wie vorige Woche, als er den Gipfel platzen ließ. Drittens ist da die Chance, dass Kim Jong Un sich zu gar nichts verpflichten will. Und viertens sind bereits drei US-Präsidenten daran gescheitert, Nordkorea in langfristige Verpflichtungen zu binden, um das Atomprogramm zu stoppen.

Trump erwartet offenbar keinen einmaligen Durchbruch

Dennoch: Trump scheint begriffen zu haben, dass Denuklearisierung kein Akt ist, sondern ein Prozess. Er wird Jahre dauern, vielleicht ein Jahrzehnt - falls Kim das will. Experten um den Atomforscher Siegfried Hecker aus Stanford haben die notwendigen Etappen gerade in einem Bericht  ausführlich beschrieben. Die Tatsache, dass Trump inzwischen von einer Entwicklung in "Phasen" spricht und sagt, es könne weitere Treffen geben, deutet darauf hin, dass er keinen einmaligen Durchbruch erwartet. Und das ist gut.

Vielleicht lernt er Diplomatie, wenigstens dieses eine Mal. Vielleicht versteht er, wie komplex Politik sein muss, wenn sie Lösungen finden möchte. Reden ist besser als drohen, Frieden besser als Krieg. Trump muss Erfolg haben, weil die Alternative furchtbar ist.