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Solingen/Toronto

Cavusoglu-Auftritt bei Gedenkfeier in Solingen: So reagiert die Politik

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Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu will bei der Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen reden - mitten im türkischen Wahlkampf. | © picture alliance / AA

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu will bei der Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen reden - mitten im türkischen Wahlkampf. | © picture alliance / AA

25.04.2018 | 25.04.2018, 10:56

Solingen/Toronto. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu will bei der Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen (29. Mai) reden - mitten im türkischen Wahlkampf.

Der geplante Auftritt ist laut NRW-Landesregierung ein Wunsch der Opfer. „In der Vergangenheit war immer ein Vertreter der türkischen Regierung bei diesen Gedenken dabei", sagte Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) am Dienstag. „Das ist nur kontinuierlich und der ausdrückliche Wunsch der Familie Genc." Daher habe Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu vor geraumer Zeit eingeladen, so NRW-Regierungssprecher Christian Wiermer.

Bundesaußenminister Heiko Maas stellte am Montag klar, dass dieser Auftritt nicht unter das Wahlkampfverbot für ausländische Regierungsvertreter in Deutschland falle. „Das ist für uns keine Wahlkampfveranstaltung, denn sie hat einen ganz anderen Hintergrund", sagte er am Rande eines G7-Außenministertreffens im kanadischen Toronto. „Das ist eine Veranstaltung, die regelmäßig stattfindet und dort wird der Opfer dieses schrecklichen Brandanschlags gedacht."

Armin Laschet: "Gedenken darf nicht für Wahlkampfzwecke missbraucht werden"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet appellierte an Cavusoglu, den Wahlkampf aus der Gedenkfeier herauszuhalten. „Das Gedenken an die Toten von Solingen darf nicht für Wahlkampfzwecke missbraucht werden", sagte der CDU-Politiker. „Türken und Deutsche trauern gemeinsam um die Opfer, gerade am 25. Jahrestag."

„Während wir noch über den Umgang mit türkischen Wahlkämpfern diskutieren, macht der türkische Außenminister Cavusoglu längst Nägel mit Köpfen", sagte Grünen-Politiker Cem Özdemir der „Augsburger Allgemeinen". „Solange nicht die gleichen Rechte für die Opposition gelten, sollten wir uns für dieses Schmierentheater nicht hergeben."

Sevim Dagdelen sieht Gedenkfeier als Instrumentalisierung

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, sagte der Zeitung, es sei „beschämend", dass die Bundesregierung eine Instrumentalisierung der Gedenkfeier „offensichtlich zugelassen" habe. Die vereinbarte Ansprache des Außenministers sei „faktisch Wahlkampfhilfe für das islamistisch-faschistische Wahlbündnis von AKP und MHP durch die Hintertür".

"Es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass die Teilnahme des türkischen Außenministers ein schlecht verkappter Wahlkampfauftritt ist", sagte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae der Rheinischen Post. "Nach dem Verhalten türkischer Regierungsmitglieder im Vorfeld des Verfassungsreferendums im Jahr 2017 sollte die deutsche Regierung gewarnt sein", sagte der FDP-Innenexperte.

FDP-Politiker und NRW-Minister Joachim Stamp hingegen äußerte sich weniger kritisch. Er gehe nicht davon aus, dass die Gedenkveranstaltung für Wahlkampfzwecke genutzt werde, zitiert ihn das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration.

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Serap Güler, Staatssekretärin für Integration im NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, äußerte sich ebenfalls zu dem Thema. Aus Respekt vor den Opfern dürfe der Besuch nicht für Wahlkampfzwecke missbraucht werden, findet sie.

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Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland hat sich in der Debatte inzwischen zu Wort gemeldet. Auftritte türkischer Politiker zu kritisieren und gleichzeitig seit Jahren an den Gedenktagen in Solingen zu schweigen, sei an Doppelmoral nicht zu überbieten, so der Verein.

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Die Stadt Solingen hatte am Montag die Rede Cavusoglus bei der Gedenkfeier am 29. Mai angekündigt. An diesem Datum starben 1993 in Solingen fünf Frauen und Mädchen der türkischstämmigen Familie Genc bei dem Anschlag. Vier rechtsradikale Männer wurden wegen Mordes verurteilt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Wochenende angekündigt, auch im Ausland Wahlkampf machen zu wollen. Er nannte aber kein Land. Die Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei sollen am 24. Juni stattfinden, also vier Wochen nach der Gedenkfeier in Solingen. Die 1,4 Millionen wahlberechtigten Türken in Deutschland können wahrscheinlich schon in der ersten Juni-Hälfte abstimmen.

Auftrittsverbot für ausländische Amtsträger im Juni 2017 erlassen

Im vergangenen Juni hatte das Auswärtige Amt ein Auftrittsverbot für ausländische Amtsträger drei Monate vor einer Wahl oder Abstimmung in ihrem Land erlassen. Hintergrund war ein erbitterter Streit über geplante Wahlkampfauftritte vor dem türkischen Verfassungsreferendum im April 2017.

Ein Sprecher der Stadt Solingen sagte, auch vor fünf Jahren habe beim Gedenken an die Opfer des Mordanschlags ein Regierungsvertreter aus der Türkei geredet. Die Stadt werde um den Ansprache-Text vorab bitten, um ihn ins Deutsche übersetzen und diesen während der Gedenkfeier als Broschüre verteilen zu können. „Ich gehe davon aus, dass die türkische Regierung hohen Respekt vor der Familie Genc und den Opfern des Mordanschlags hat und das berücksichtigen wird."

Mit Informationen der dpa.