Trotz Protesten :
Polnischer Senat stimmt für umstrittenes Holocaust-Gesetz

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Alfred Manasse kam am 14. August 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Wer Nazi-Lager wie Auschwitz als „polnisch“ bezeichnet, oder Polen als Holocaust-Komplizen, dem droht demnächst Strafverfolgung. Sowohl Israel als auch Amerika warnen vor dem neuen Gesetz.

Der polnische Senat hat das umstrittene Gesetz zum Umgang mit dem Holocaust verabschiedet. Das Oberhaus des Parlaments stimmte in der Nacht zum Donnerstag mit 57 Ja- und 23 Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen für den Gesetzentwurf. Er sieht Geldbußen oder bis zu dreijährige Haftstrafen für polnische Bürger und Ausländer vor, welche die Todeslager der Nazis im besetzen Polen fälschlicherweise als „polnische Lager“ bezeichnen oder den polnischen Staat der Komplizenschaft mit den Nazis bezichtigen.

Die israelische Regierung hatte am Wochenende gegen das Gesetz protestiert, das nach ihrer Ansicht zur Verschleierung polnischer Verbrechen an Juden im Zweiten Weltkrieg beitragen könnte. „Man kann die Geschichte nicht ändern, und der Holocaust kann nicht geleugnet werden“, erklärte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Netanjahu und sein polnischer Kollege Mateusz Morawiecki vereinbarten daraufhin, den Streit im Dialog beilegen zu wollen.

Washington warnt

Auch das amerikanische Außenministerium zeigte sich am Mittwoch besorgt über das Gesetz. „Wir verstehen, dass Ausdrücke wie ’polnische Todeslager’ falsch sind, zu Irrtümern und Verletzungen führen können“, erklärte eine Sprecherin. Die amerikanische Regierung befürchte jedoch, dass das Gesetz der Redefreiheit und der historischen Debatte schaden könne. Zudem könne es „Auswirkungen“ auf die „strategischen Interessen und Beziehungen Polens haben, auch was die Vereinigten Staaten und Israel angeht“, warnte sie. Von möglichen Unstimmigkeiten „würden nur unsere Gegner profitieren“.

Nach der Unterzeichnung durch Präsident Andrej Duda könnte das Gesetz in Kraft treten. Der polnische Staatschef äußerte sich am Sonntag aber zurückhaltend zu dem Vorhaben. Er werde den Gesetzestext einer „gründlichen Analyse“ unterziehen, sagte Duda.