Qualitätsdiskussion

Verbände einigen sich auf Weinheimer Erklärung

Verbände einigen sich auf Weinheimer Erklärung
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Verbände einigen sich auf Weinheimer Erklärung
Am vergangenen Freitag haben Vertreter von ADM, BVM, DGOF und ASI zusammengesessen und über Qualität und Transparenz in der Markt- und Sozialforschung sowie über die neue Datenschutzgrundverordnung DSGVO und die EU-ePrivacy-Verordnung gesprochen. Verabschiedet wurde eine Weinheimer Erklärung.
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„Transparenz und Qualität sind und bleiben die wesentlichen Voraussetzungen für sichere und verlässliche Ergebnisse sowie für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kunde, Institut, Dienstleister und Befragten.“ Diese Quintessenz wird der Erklärung vorangestellt.

Seit 1991 treffen sich die Verbände der Markt- und Sozialwirtschaft. Mittlerweile nicht mehr in Weinheim, wo das erste Treffen stattfand, sondern in Berlin. In diesem Jahr ist das lange verabredete Treffen in eine Stimmung des Aufruhrs und in eine von Spiegel Online angestossene Qualitätsdiskussion gefallen.

Die Verbände sind sich darüber einig, dass qualitativ hochwertige Markt- und Sozialforschung nur gelingen kann, wenn die Prozessqualität im Studienablauf gewährleistet ist, heißt es in einer Mitteilung, die hier im O-Ton wiedergegeben werden soll:

1. Die Gebote der Markt- und Sozialforschung sind unabdingbar. Wissenschaftlichkeit, Anonymisierung und Trennung von forschungsfremden Tätigkeiten sind Wesensmerkmale und in allen Prozessschritten zu berücksichtigen.
2. Vorbereitung braucht Zeit. Ein angemessenes Projektbriefing sowie eine kritische Diskussion von Frage- und Zielstellung zwischen Auftraggeber und Institut sind die Grundvoraussetzung für das Gelingen eines Projekts.
3. Die Wahl der Methode ist entscheidend. Sie muss die Forschungsfrage angemessen widerspiegeln. Erhebungsart, Interviewdauer und Qualität der Stimuli wirken sich unmittelbar auf die Ergebnisqualität aus. Das Projektbudget muss der Methode und Stichprobengröße angemessen sein.
4. Interviewer sind zentral in der Umfrageforschung. Sie müssen hinreichend qualifiziert sein – in ihrer Sozialkompetenz, studienspezifisch-inhaltlich wie sprachlich. Sie müssen angemessen rekrutiert, geschult, eingewiesen und bezahlt werden.
5. Der Befragte – ein wichtiger Partner im Forschungsprozess. Aufrichtigkeit während der Kontaktierung, ein fairer und offener Austausch, etwa über das Untersuchungsziel, sowie eine Kommunikation auf Augenhöhe wirken sich auf die Teilnahmebereitschaft für das aktuelle Projekt wie für zukünftige Befragungen aus. Auf Fragenformulierungen, Interviewablauf und -steuerung ist mit größter Sorgfalt zu achten, unnötigen Aufwand und Belastungen gilt es zu vermeiden.
6. Die Durchführung der Feldarbeit bestimmt die Qualität der Daten. Eine realistische Einschätzung des Machbaren, eine hinreichende Feldlaufzeit, interne Kontrollen der Interviewführung und der gesammelten Daten sowie sorgfältige externe Checks bilden die Basis einer qualitativ hochwertigen Feldarbeit.
7. Auswertung und Interpretation müssen theorie- bzw. hypothesengeleitet die Forschungsfrage bearbeiten sowie eine kritische Bewertung der Aussagekraft der Ergebnisse beinhalten.
8. Datenschutz schafft Akzeptanz und Vertrauen. Wesensmerkmal von Studien der Markt- und Sozialforschung ist der Schutz der Daten der Befragten. Diese müssen darauf vertrauen können, dass ihre Angaben anonym und nur für die Zwecke der konkreten Studie ausgewertet werden.
9. Transparenz und Dokumentation. Projekte müssen nachvollziehbar sein. Daher ist deren Durchführung sowie die Entstehung der Ergebnisse intern und für den Auftraggeber umfassend und transparent zu dokumentieren.

Zur Konkretisierung und Optimierung dieser qualitätsrelevanten Schritte im Forschungsprozess werden die Verbände der Markt- und Sozialforschung insbesondere Folgendes forcieren:

• Deutlichere Kommunikation bestehender methodischer, berufsethischer und rechtlicher Anforderungen, auch anhand konkreter Fallbeispiele.
• Überarbeitung und Ergänzung vorhandener Qualitätsstandards, Leitfäden und Checklisten (u.a. unter Nutzung der DIN Spec 91368) sowie der Richtlinien (insbesondere hinsichtlich EU-DSGVO und neuer Erhebungs- und Auswertungsverfahren). Ein Schwerpunkt werden dabei konkrete Handreichungen für die Vergabe von Aufträgen, für externe Plausibilitätschecks und Überprüfungsmöglichkeiten für verschiedene Erhebungsarten bilden.
• Anpassung der Sanktionsmittel, etwa hinsichtlich Klageberechtigung, Verbandsausschluss und Beschwerdestelle / Rat der Markt- und Sozialforschung. Hier möchten die Verbände der Markt- und Sozialforschung in Deutschland alle Marktteilnehmer, also Institute, Auftraggeber und die Öffentlichkeit, zur Teilnahme auffordern: Bitte nutzen Sie diese Beschwerdemöglichkeit bei Verdachts- oder Streitfällen ethischer oder rechtlicher Natur! (siehe http://www.rat-marktforschung.de/index.php?id=startseite).

Das Vertrauen in die Ergebnisse von Markt- und Sozialforschungsstudien lebt von ihrer Qualität. Die Verbände der Markt- und Sozialforschung in Deutschland betrachten es als ihre zentrale Aufgabe, diese Qualität sicherzustellen. Dazu benötigen sie die Unterstützung aller Beteiligten. Nur zusammen mit Auftraggebern, Instituten und der Öffentlichkeit kann es uns gelingen, unseren Grundsatz weiterhin aufrechtzuerhalten: Erkenntnisse, auf die man sich verlassen kann.

Unterzeichnet von:
ADM Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V.
ASI Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute e.V.
BVM Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V.
DGOF Deutsche Gesellschaft für Online-Forschung e.V.

 

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