Die fünfte Jahreszeit :
Ist der Karneval in Köln nur noch ein Besäufnis?

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Am 11.11.17 feierten zahlreiche Jecken den Beginn der fünften Jahreszeit in Köln.
Der Kölner Karneval ist aus Sicht von Oberbürgermeisterin Reker nicht mehr als ein allgemeines Trink-Gelage. Viele Kölner sehen das anders.

„Wir sind mehr als eine Party- und Saufmeile.“ Die Anwohner des Kölner Veedels „Kwartier Latäng“ sind sauer. Kwartier Latäng – das liegt im Herzen Kölns und ist vor allem bekannt durch die anliegende Zülpicher Straße; den Ort, an dem jährlich der Karneval ausgetragen wird, mit ausgefallenen Kostümen und Schunkel-Stimmung. Doch es geht immer wilder zu, finden die Anwohner, die deshalb am Freitagabend gegen ausufernde Partyexzesse demonstrieren. Betrunkene und Wildpinkler hätten schon den Kölner Karneval am 11.11.2017 geprägt, den Auftakt der Saison. Und auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker äußert sich kritisch. Der Karneval ähnele inzwischen eher einem „allgemeinen Besäufnis“, sagte sie am Freitag.

Rüdiger Welting sieht das anders. Der 51 Jahre alte Kölner betreibt seit vier Jahren die traditionell Kölsche Kneipe „Lindenklause“ im Kwartier Latäng. Er sagt: „Getrunken wurde schon immer.“ Die Diskussion über den Alkoholkonsum sei Jahrzehnte alt. Bei ihm in der Kneipe feierten Alt und Jung seit Jahren friedlich zusammen – nach alter Kölscher Tradition. Trinken gehört für ihn zum Karneval gewissermaßen dazu.

Michael Kramp vom Festkomitee Kölner Karneval sagt, dass manchmal aus der Reihe getanzt werden müsse. „Dafür muss es aber eben auch eine Reihe geben.“ Entgrenzungen seien – in angemessenem Umfang – erwünscht und der Gesellschaft auch zuträglich. Er betrachtet das Problem nicht als Problem des Karnevals, sondern als eines der fehlenden Integration. „Es kommen so viele Gäste. Aus dem Ausland, aber auch aus ganz Deutschland. Die wissen, hier ist etwas los. Aber die wissen nicht, wo und wann.“ Am Ende würden die jungen Menschen sich dann Bier am Kiosk kaufen und sich auf der Straße betrinken. Dabei ist Kramp überzeugt: Den traditionellen Karneval gibt es noch. „Die Aufgabe, vor der wir stehen, wird größer. Wir müssen den Gästen zeigen, wie traditioneller Karneval aussieht.“ Karneval spiegele zudem die Gesamtgesellschaft wider. Und die verändere sich nun mal.

Ähnlich sehen es viele Karnevalfans in den sozialen Netzwerken. Ein Twitternutzer schreibt: „Anscheinend ist Karneval nur noch ein Besäufnis. Wird gerade in jeder Zeitung geschrieben. Wenn jetzt jemand dahinter kommt, dass die Erde rund ist, bricht die mediale Hölle los.“ SPD-Politiker Karl Lauterbach twittert, der Karneval verbinde Jung und Alt. Und ergänzt: „Besser als alleine saufen.“