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Die Geschichtswerkstatt Achim hilft bei akribischer Suche Der eigenen Herkunft auf der Spur

Achim. Viele Menschen treibt die Frage nach ihren familiären Wurzeln um. Über seine Familienforschung informierte Karlheinz Gerhold, Vorsitzender der Geschichtswerkstatt, am Sonntag und reizte seine Zuhörer zum Nachahmen.
14.04.2014, 06:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von David Rosengart

Die Suche nach der eigenen Herkunft, der eigenen Identität ist akribische Arbeit: Stöbern in Archiven, historische Verbindungen müssen hergestellt werden und auch ein wenig Glück beim Finden entscheidender Dokumente gehört dazu. Viele Menschen treibt die Frage nach ihren familiären Wurzeln um. Die Ahnenforschung versucht dieses Bedürfnis zu stillen. Über seine unermüdliche Familienforschung informierte Karlheinz Gerhold, Vorsitzender der Geschichtswerkstatt, am Sonntag und reizte seine Zuhörer zum Nachahmen.

Karlheinz Gerhold deutete auf eine prunkvolle Ahnentafel, die seiner eigenen Familie. Fast zu jedem seiner Ahnen weiß er Interessantes zu berichten, er sprach von armen Leuten und Staatsbediensteten, von findigen Hugenotten und armen Landsknechten. Zählt man seine eigenen Kinder mit, hat der erste Vorsitzende der Achimer Geschichtswerkstatt beeindruckende 14 Generationen seiner Familie lückenlos rekonstruiert, die Daten reichen mehrere Hundert Jahre zurück. Schon zu seiner Studienzeit hat sich der Historiker auf die Spuren seiner eigenen Familie begeben. Unzählige Stunden, viel Geld und Herzblut hat der Achimer in die Erforschung seiner Ahnen investiert.

Am Sonntag präsentierte Geschichtswissenschaftler Gerhold die Ergebnisse, Tücken und Erfolge seiner jahrelangen Arbeit. Diverse Interessierte lauschten dem Vortrag des ehrenamtlichen Stadtarchivars in den Räumlichkeiten des Hotels Gieschen. Anschaulich referierte er über Methoden und Verfahren der ambitionierten (Familien-)Geschichtsforschung.

Alles beginne beim eigenen Stammbuch. Dem müsse die mündliche Recherche bei den ältesten, auch entfernten Verwandten folgen. „Ich habe Menschen kennengelernt, mit denen ich verwandt bin, die ich vorher noch nie getroffen hatte“, erinnerte sich Gerhold. Am Beispiel seiner eigenen Familienhistorie skizzierte er die Verfahrensweisen der Genealogie, der Familiengeschichtsforschung. Im nächsten Schritt müsse man mögliche weitere potenzielle Verwandte kontaktieren, zahlreiche Briefe schreiben, um weitere Verbindungslinien aufdecken zu können. Eine der wichtigsten Quellen seien die Kirchenbücher, die grundlegende Lebensdaten wie Namen, Geburt, Heirat und Tod dokumentieren. In Kombination mit Ortschroniken, Stadt- und Gerichtsarchiven sowie der nicht ganz kostengünstigen Hilfe von Genealogen könne man das Puzzle der eigenen Familiengeschichte sukzessiv zusammenfügen – zum Teil sogar sehr detailreich. Doch irgendwann kommt er, der tote Punkt. So nennen Genealogen den Moment, in dem sich herausstellt, dass sich keine weiteren, belegbaren Angaben zu einem Verwandten finden lassen. Die Erforschung der familiären Wurzeln gerät ins Stocken.

„Wenn man diese Hürde – manchmal auch einfach zufällig – überwinden kann, ist das eine riesige Freude“, berichtete Karlheinz Gerhold. Die Unterstützung von wirklichen Experten sei teilweise notwendig, um die schiere Masse an Daten und Möglichkeiten angemessen auswerten zu können. Auch der Siegeszug der Digitalisierung habe den Ahnenforschern das Sichten von Datenbergen erleichtert – selbst wenn es immer noch kein ausgeklügeltes Computerprogramm für die Ansprüche eines Familienhistorikers gebe, so Gerhold. Besonders schwierig werde es dann, wenn man die Geschichte der Urahnen vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) beleuchten möchte. Dem jahrzehntelangen Wüten von Chaos und Gewalt seien auch einmalige Dokumente und Archive zum Opfer gefallen. Hinzu komme, dass die ländliche Bevölkerung teilweise bis ins 19. Jahrhundert keine Nachnamen trug. Weitere wichtige Quellen seien staatliche Steuerlisten, Auflistungen militärischer Verwaltungen oder bereits vorliegende Familienchroniken.

So eröffnet die akribische Suche nach den eigenen Wurzeln auch immer wieder die Verbindung historischer Weltereignisse mit dem Lebensverlauf einfacher Leute. Kriege hinterlassen deutliche Spuren in den Stammbäumen der Soldatenfamilien, andere finden durch das Blutvergießen ihr Ende.

„Ich werde alles veröffentlichen und so hoffentlich für viele weitere Generationen bewahren“, sagte Karlheinz Gerhold. Die fachkundigen Hobby-Ahnenforscher der Geschichtswerkstatt sowie weiterer Vereine stünden gern für Beratung und Hilfe zur Verfügung, andere Organisationen haben sich vollends der Genealogie verschrieben. Und durch die Forschung der eigenen Familie widme man sich zwangsläufig auch dem Lebensweg anderer Familien, was wiederum für deren Ahnenforscher von Vorteil sein kann. „Am Ende wird klar: Irgendwie sind wir alle verwandt“, nannte Gerhold die Faszination seiner Passion. Und er appelliert eingehend: „Schmeißen Sie nichts an alten Dokumenten und Fotos weg. Ansonsten gehen diese historischen kleinen Schätze für immer verloren. Dessen müssen wir uns bewusst sein.“

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