Jeder weiß, dass guter Content im Onlineshop zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb und zur besseren Sichtbarkeit bei Google führt. Doch für viele Shopbetreiber ist gutes Storytelling zu aufwändig, vor allem auch in der Umsetzung im Rahmen starrer Layouts der Shop-Systeme. Das Berliner Unternehmen Styla möchte das mit seiner Content Commerce Lösung ändern. Franz Riedl, Gründer von Styla, sagt im Interview von welchen Playern, Händlern lernen können.

Content Marketing ist bekanntermaßen ein guter Hebel für die Suchmaschinenoptimierung oder für die Erklärung komplexer Produkte nur fehlt es vielen Herstellern und Händlern an den nötigen Ressourcen, das regelmäßig zu betreiben und außerdem erlauben einige Shopsysteme keine spannenden Layouts, die auch noch mobil funktionieren und aus denen der Endkunde direkt kaufen kann. Genau hier setzt Styla an. Und der Ansatz überzeugte nicht nur Kunden wie Fissler, Obi oder Takko Fashion - auch namhafte Investoren unter anderem aus dem Rocket-Imperium glauben an die Idee. "Wir dachten nie, dass es so einfach sein könnte, unseren Content zu erstellen“ sagt beispielsweise Tobias Meuser-Schaede, Onlinemarketing-Leiter bei Fissler. Der Topf- und Pfannenhersteller setzt die Technologie des Berliner Unternehmens Styla ein, um Stories auf der eigenen Seite zu veröffentlichen. Geschichten, die nicht nur vollautomatisch layoutet werden, sondern die auch eine direkte Verknüpfung zum Onlineshop haben.
Die Stories von Fissler erscheinen automatisch auch in einem mobil-freundlichen Layout
© fissler
Die Stories von Fissler erscheinen automatisch auch in einem mobil-freundlichen Layout

Herr Riedl, Was war der Impuls, Styla zu gründen?

Franz Riedl:  Während im Printbereich - zum Beispiel im Modesegment - mit sehr viel Phantasie tolle, spielerische Layouts ausprobiert wurden, um die Leser auch emotional auf ein Thema zu bringen, fiel das und fällt das bis heute in den meisten Onlineshops hinten über. Das Web kommt eben von sehr strukturierten, kastenartigen Layouts daher. Das fühlt sich für den Nutzer viel mehr wie Arbeit an, dabei soll der Onlineshop doch auch inspirieren.
Franz Riedl sieht erhebliche Defizite in der emotional ansprechenden Gestaltung von Onlineshops
Franz Riedl sieht erhebliche Defizite in der emotional ansprechenden Gestaltung von Onlineshops

Was sehen Sie als Grund dafür?

Riedl: Viele Shops arbeiten auf der Basis standardisierter Templates. Das ist aus Effizienzgründen auch gut so. Eine tolle Katalogproduktion im Print verschlingt ja auch eine Menge Ressourcen. Und wir haben uns eben überlegt: Wie kriegen wir das zusammen. Es soll für die Shopbetreiber möglichst einfach zu realisieren sein, ohne dass man für jeden neuen Beitrag eine Photoshop-Orgie absolviert. Gleichzeitig will man ein visuell ansprechendes und abwechslungsreiches Ergebnis.

Wie überzeugt man den sparsamen Shopbetreiber von einer solch Idee?

Riedl: Das war vielleicht unser erstes großes Learning - Der Hebel ist Automatisierung. Das verstehen die Shopbetreiber als Vereinfachung und wenn wir dann in der Lage sind zu zeigen, dass unsere Maschine daraus auch ansehnliche Ergebnisse erzielt, dann haben wir den Fuß in der Tür. Die Händler und Marken müssen ja immer schneller veröffentlichen. Der Kunde erwartet fast täglich ein Update. Da ist schon Druck da. Wie will man sich denn sonst differenzieren, wenn nicht auf der emotionalen Ebene? In Versandgeschwindigkeit, Service oder Sortiment wird das gegenüber Amazon schwierig. Und am Preis will man nicht drehen.

Ersetzt der emotionale Shop den bisherigen Shop?

Riedl: Nein, auf keinen Fall. Es gibt ihn ja, den zielgerichteten Sucher, der einfach möglichst schnell zum Produkt kommen und es kaufen will. In diesem Fall erfolgte die Inspiration ja schon vorher – genau hier setzen wir an, bevor der Kunde genau weiß, was er genau sucht oder kaufen möchte. McKinsey hat eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass es durchschnittlich über 20 Touchpoints vor dem Kauf gibt.

Welche Unternehmen greifen schneller zu als andere?

Riedl: Die meisten unserer Kunden kommen aus dem E-Commerce Bereich. Wir haben aber tatsächlich auch einige Kunden, die aus dem Offline-Bereich kommen, die genau wissen, wie wichtig die Produktinszenierung für den Verkaufserfolg ist. Außerdem sehen sie Content als Kundenbindungsinstrument. Und für Social Media sind reine Produkt-Posts ja auch zu wenig.

"Wie will man sich denn sonst differenzieren, wenn nicht auf der emotionalen Ebene?"

Franz Riedl, Styla
Und man darf auch nicht vergessen, dass immer noch viele Unternehmen ein Problem damit haben, so zu publizieren, dass das auf vielen mobilen Endgeräten gleich gut aussieht.

Wie funktioniert der Styla-Ansatz konkret?

Riedl: Unsere Lösung ist eine Content Commerce Suite – sozusagen ein auf E-Commerce zugeschnittenes, schlankes und modernes CMS mit verschiedenen Komponenten. Anders als herkömmliche Systeme, in denen in händischer Arbeit Bilder zugeschnitten und gesetzt werden müssen, nutzen wir Algorithmen, um die Darstellung zu optimieren. Dies erhöht die Agilität beim Publizieren, aber bringt auch eine enorme Flexibilität: Das gleiche Contentelement kann bspw. im Inspirationsbereich in maximaler Größe erscheinen, gleichzeitig aber auch als kleinerer Teaser auf der Start- oder Kategorieseite, in Themenwelten oder in optimierter Darstellung im Newsletter genutzt werden. Die Darstellung wird vom System berechnet und hängt vom Umfeld ab. Durch eine nahtlose E-Commerce-Integration kann der Konsument sämtliche Produkte direkt in den Warenkorb legen. Die Integration erfolgt einfach über eine API - ein Plug-In für die wichtigsten Shopsysteme, von Magento über Salesforce Commerce Cloud bis Shopware bieten wir direkt an.

Und das macht was?

Riedl: Die Inhalte werden grundsätzlich über ein JavaScript eingebunden, das das fertige Layout in die Seite lädt, an der Stelle, wo der Kunde das möchte. Das Plugin macht dann zusätzlich drei Dinge: Zunächst gibt es statisches HTML aus. Das ist vor allem für Google wichtig zur Indizierung. Für den Autor ist wichtig, dass wir direkt auf den Produktkatalog zugreifen. Der Autor muss nur das Produkt auswählen, dann steckt bereits die ganze Businesslogik dahinter zum Beispiel der Tracking-Link oder die Produktverfügbarkeit. Das kann also jeder, ohne tiefe technische Kenntnisse.  BN+39923#Und das bringt uns zum dritten Leistungsmerkmal. Die API macht den gezeigten Inhalt sofort kaufbar. Sie integriert sich in den Warenkorb. Wir haben mit dem Checkout aber nichts zu tun. Der bleibt, wie er ist. Kunden können also in einer Session zielgerichtet Produkte in den Warenkorb legen, aber auch über unseren inspirativen Ansatz gehen. Es bleibt ein Warenkorb.

Macht Styla dann auch das Empfehlungssystem?

Riedl: Das ist eine spannende Frage. Reine 1:1-Empfehlungen auf Produktebene bleiben natürlich beim Shopsystem. Aber spannend wird es schon, wenn ich zum Beispiel an erweiterte Personalisierung denke. Zum Beispiel an Styles oder an bestimmte Themenwelten. Wir können anhand des Userverhaltens natürlich sehen, wofür der sich interessiert und können die gezeigten Inhalte daran anpassen. Und das geht eben nur mit automatischem Layout.

Einige unserer Kunden denken jetzt auch darüber nach, wie man den Ansatz verbreitern kann. Zum Beispiel wenn man solche schönen Layouts als Basis für Newsletter einsetzen will. Auch das lässt sich automatisieren und wenn ich dann noch acht verschiedene Zielgruppen habe, die ich beliefern will, ist das eine enorme Arbeitsersparnis.

"Wir optimieren die Beiträge so, dass sie für das Teilen auf sozialen Netzwerken ausgerichtet sind."

Franz Riedl, Styla
Kunden, die große Sortimente haben, lockern zum Beispiel ihr Layout mit unserer Lösung auf. Sie präsentieren erst ein paar Suchergebnisse in einer Liste und dann kommt unser Layout, das etwas spielerischer funktioniert.

Wie sieht das auf Backend-Seite aus? Was sieht der Content-Verantwortliche?
 
Riedl: Das ist ein sehr leichtgewichtiger Editor. Man tippt einfach los, fügt Bilder oder Videos aus unterschiedlichen Quellen ein und das war es praktisch schon. Wir wollen, dass der Bearbeiter sich nie darum Gedanken macht, wie das Layout aussieht. Wählt er vier Produkte, dann werden die zum Beispiel in einem Raster angeordnet. Wir passen das am Anfang an die CI des Kunden an und dann läuft das von alleine.

Was passt Ihr am Anfang an?

Riedl: Schriften, Schlagschatten hinter Bildern, Grundfarben, solche Dinge. Die gehören zur CI des Kunden und müssen natürlich stimmen. Der Verantwortliche legt danach nur ein paar Parameter fest, den Rest macht der Algorithmus. Der einzelne Bearbeiter kann dann am Layout nichts mehr ändern, aber er kann die Inhalte austauschen. Wir wollen, dass der verantwortliche Designer am Anfang die CI festlegt – die dann einheitlich durch den Algorithmus umgesetzt wird.

Wie reagieren potentielle Kunden auf diese Idee?

Riedl: Man muss es schon erklären, denn die Idee ist gewöhnungsbedürftig. Aber sie erkennen dann recht schnell, wo das Tool ihnen Arbeit abnimmt. Außerdem müssen sie verstehen, dass es nicht nur um die direkte Conversion gehen muss. Da es Geschichten sind, die wir einbauen, hat das auch eine langfristige Komponente und dann sind Engagement und Shares zum Beispiel ebenso wichtig.

Ist der Ansatz auf Onlineshops limitiert?

Riedl: Nein, wir haben auch Integrationen bei Affiliates. Wir können auch Affiliate Systeme wie Shopsense oder RewardStyle einbinden, die Kunden ohne eigenen E-Commerce nutzen können. Dann gibt es natürlich keinen Button zum Warenkorb, sondern das ist dann in normaler Clickout zum jeweiligen Anbieter des Affiliate-Programms.

Und wo bauen die Kunden das System am Liebsten ein?
Riedl: Kategorieseiten sind der Klassiker. Inzwischen fragen viele Kunden, ob man das nicht auch auf der Danke-Seite nach einem Checkout funktioniert. Oder in E-Mails natürlich. Da waren wir ziemlich schnell drin.

Wie gehen die Händler vor, wenn sie ein gutes Content-Stück erstellt haben und das bewerben wollen?

Riedl: Unsere Kunden wissen, dass es nicht genug ist, einen ansprechenden Beitrag zu verfassen – das ist nur die eine Hälfte, Distribution ist die andere. Sie ist extrem wichtig. Wir optimieren die Beiträge so, dass sie für das Teilen auf sozialen Netzwerken ausgerichtet sind. Gerade mit einer guten Facebook-Strategie funktioniert es hervorragend, Traffic und eine loyale Leserschaft aufzubauen.

Welche Unternehmen sind schneller bereit, die Technik auszuprobieren?
Riedl: In der Regel dockt die Fashion- und Lifestyle-Branche schnell an, denn die kennen die Idee von Storytelling. Meist sind es auch etablierte Unternehmen. Für Start-ups ist das eher schwierig, weil die strategische Vorarbeit eventuell einen Overhead erzeugt. Das macht erst Sinn, wenn ausreichend Content vorhanden ist und das Geschäftsmodell auf Dauer steht.

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