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Interview Smart-Beta-ETFs verbessern Renditechancen

Alternativ gewichtete Indexfonds sind sinnvoller als klassische ETFs, sagt der Vermögensaufbau-Experte Beck.

Capital: Eine aktuelle Studie der Fondsratingagentur Morningstar zeigt, dass Anleger für Smart-Beta-ETFs im Schnitt dreimal so hohe Gebühren zahlen wie für herkömmliche Indexfonds. Sind die hohen Kosten gerechtfertigt?

Andreas Beck: Das ist schwer zu sagen. Man kann jedenfalls festhalten: Es gibt mehr Faktoren, die sich auf die Rendite eines Investments auswirken, als nur die Marktkapitalisierung, die für klassische Indexfonds maßgeblich ist. Und es verbessert die Renditechancen, wenn man diese Faktoren miteinbezieht. Das tun Smart-Beta-ETFs, die auch als Factor-ETFs bezeichnet werden. Sie sind eine nützliche Weiterentwicklung.

Sind Smart-Beta-ETFs per se ein sinnvolleres Investment als klassische Indexfonds?

Klassische Indizes basieren auf einem Ein-Faktor-Modell aus dem Jahr 1964. Es wurde zu einer Zeit entwickelt, als es noch keine Computer gab, mit denen man Theorien empirisch hätte überprüfen können. Heute weiß man, dass die den klassischen Indizes zugrundeliegende Markttheorie nicht stimmt. In der Folge ist das Mehr-Faktoren-Modell entstanden. Seit rund um Smart Beta ein Hype entstanden ist, werden allerdings die Anforderungen an Faktoren immer mehr aufgeweicht. Es werden inzwischen auch Faktoren vermarktet, bei denen fraglich ist, ob sie überhaupt mit irgendwelchen Markttheorien konform gehen.

Welche Faktoren sind wissenschaftlich begründbar, welche nicht?

Rendite geht immer auf Kapitalkosten bei Unternehmen zurück. Wenn ich als Investor an einer Aktie viel verdiene, hat das Unternehmen hinter dieser Aktie hohe Kapitalkosten. Die Faktoren Small Cap und Value sind fantastisch theoriekonform: Kleine Firmen haben höhere Kapitalkosten, weil sie schwieriger an Geld kommen als große. Daraus ergibt sich die Small-Cap-Prämie. Value setzt auf Unternehmen, die aus der Mode sind. Auch diese haben vergleichsweise hohe Kapitalkosten. Nun gibt es aber auch Faktoren wie Low Volatility. Glaubt jemand ernsthaft, Unternehmen hätten höhere Kapitalkosten, weil ihr Aktienkurs kaum schwankt? Muss ich als Vorstand eines Unternehmens die Volatilität meine Aktie in die Höhe treiben, um niedrigere Kapitalkosten zu haben? Das ist Blödsinn. Die Low-Volatility-Prämie ist empirisch gut untersucht und sehr valide. Sie ist aber nicht theoriekonform, es dürfte sie gar nicht geben.

Das erinnert an die Geschichte von der Hummel, die laut den Gesetzen der Aerodynamik angeblich gar nicht fliegen kann. Warum existiert die Low-Volatility-Prämie denn?

Ich weiß es nicht. Es gibt Begründungen dafür in der wissenschaftlichen Literatur, aber diese sind relativ weit hergeholt. ETF-Anleger haben jedenfalls drei Möglichkeiten: Sie können nach dem klassische Marktkapitalisierungsmodell investieren, das eine Kopfgeburt und empirisch nicht bestätigt ist. Sie können in Faktoren investieren, die sowohl theoriekonform als auch in der Empirie bestätigt sind. Oder sie können auf Faktoren vertrauen, die sich nicht theoretisch nachvollziehen, aber empirisch belegen lassen. Die richtigen Entscheidungen bieten einen erheblichen Mehrwert. Dabei kommt es dann auch nicht mehr auf die paar Basispunkte an, die ein Smart-Beta-ETF mehr kostet als ein herkömmliches Produkt.

Wie findet man heraus, welche Smart-Beta-ETFs einen Mehrwert bieten?

Derzeit gibt es sechs gut untersuchte Aktienfaktoren: Quality, Value, Small Cap, High Dividend, Low Volatility und Momentum. Damit kann man Wertveränderungen bei Aktien gut erklären. Anleger müssen eine Meinung dazu haben, welche dieser Faktoren in der kommenden Zeit einen Einfluss auf die Aktienkurse haben werden, und die passenden ETFs wählen.

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