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Geldanlage Wo die Zinsen anschwellen

Anleihen aus nicht-europäischen Ländern werfen hohe Renditen ab. Anleger sollten aber auf einen breiten Mix setzen.

Wer sagt eigentlich, dass Anleihen keine Zinsen mehr abwerfen? Man hört diesen Satz oft – und für Deutschland und Europa stimmt er ja auch. Jedenfalls kann man bei einer Rendite von 0,4 Prozent, die zehnjährige Bundesanleihen derzeit abwerfen, eigentlich nicht von einer Verzinsung des Kapitals sprechen. Wenn man allerdings den Blick ein wenig weiter in die Ferne schweifen lässt, dann sieht das schon ganz anders aus. Es gibt nämlich tatsächlich viele Anleihen, die noch gute Erträge verheißen – und damit sind nicht die ultrariskanten Hochzinsanleihen gemeint, die viele Profiinvestoren sich zuletzt in ihre Depots gepackt haben, um ihren Schnitt nach oben zu ziehen. Sondern verhältnismäßig „harmlose“ Papiere von Staaten oder großen Konzernen rund um die Welt. Nur eben nicht aus dem üblichen Dunstkreis der entwickelten Länder, sondern aus den Staaten, die erst an der Schwelle dazu stehen.

Moment, Schwellenländer, war da nicht was? Stimmt, zuletzt haben sich die aufstrebenden Staaten nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert: Wachstumsprobleme, hohe Staatsverschuldungen, schwächelnde Währungen und hohe Inflation waren die Probleme, mit denen sie sich herumschlugen. Das ließ auch ihre Wirtschaftszahlen schwach aussehen: Der MSCI Emerging Markets Index jedenfalls, der Gradmesser für die Wirtschaftskraft dieser Staaten schmierte in den vergangenen Jahren mächtig ab. Auf fünf Jahre gesehen fuhr er ein Minus von 12,3 Prozent ein, in den vergangenen drei Jahren, in denen es zumindest hierzulande glänzend lief, lag er auch mit 2,2 Prozent im Minus. Und selbst über zehn Jahre machten die Anleger mit den angeblich so wachstumsstarken Volkswirtschaften keinen Gewinn, sondern stattdessen kumuliert 0,7 Prozent Verlust. Das war kein lohnendes Investment.

Schwellenländer profitieren von anziehenden Rohstoffpreisen

Das vergangene Jahr aber änderte alles. Seitdem drehen die Kurse der Emerging Markets steil bergauf. Grund dafür ist das Ende der jahrelangen Rohstoffpreis-Flaute. Die Kurse für Öl und Gas, Metall und Bergbauprodukte haben mächtig angezogen, nämlich um 40 Prozent und das hat auch die Ökonomien dieser Länder beflügelt: Für 2016 stehen nun 26 Prozent Kursplus auf dem Konto des MSCI Emerging Markets. Trotzdem ist es nicht der Index der Schwellenlandbörsen, den viele Investmentprofis in diesen Tagen besonders positiv sehen, sondern es sind die Anleihen aus den Staaten dort, die in ihren Augen derzeit gute Gewinne versprechen und eine recht solide Rendite. Vor allem, wenn man Staatsanleihen in Euro und Dollar, Staatsanleihen in Lokalwährungen und Unternehmensanleihen aus diesen Ländern mischt.

Warum sollte man das tun? Weil 2016 ein gutes Jahr war und sich zuletzt ein stabiler Aufwärtstrend ausgebildet hat, sagen die Anleihenexperten. Um immerhin 10 bis 15 Prozent legten Anleihenindizes der Emerging Markets wie der EMBI Index im vergangenen Jahr zu. Die anziehenden Rohstoffpreise werden die Volkswirtschaften auch weiter beflügeln und für solides Wachstum auch in 2017 sorgen. Die Leistungsbilanzen der Länder hätten sich bereits arg verbessert und seien ausgeglichener, zudem hätten sie zuletzt weniger Schulden gemacht und weniger Außenfinanzierung benötigt. Ihre Währungen gelten immer noch als stark unterbewertet, das hält ihre Exportprodukte billig und macht sie attraktiv. Wegen all dieser Faktoren sagen die Ökonomen: Die Emerging Markets wachsen dieses Jahr weiter.

Es gibt Unsicherheiten, natürlich. Da wäre zunächst der Amtsantritt von Donald Trump. Wenn er es auf einen Handelskrieg mit mehreren Ländern anlegt, dann trifft das natürlich besonders Staaten wie China, aber auch Indien und viele andere asiatische Staaten. Derzeit erwarten jedoch etliche Beobachter, dass er eine eher pragmatische Handelspolitik anschlagen wird, mit denen gerade die Schwellenländer gut leben können werden. Führt seine Ausgabenpolitik dann zu arg steigenden Zinsen bei den amerikanischen Bonds, würde das wohl heißen, dass viele Anleger ihr Geld von den Schwellenländern lieber wieder in vermeintlich sicherere amerikanische Papiere umschichten könnten. Doch allzu groß werde der Effekt vorerst nicht ausfallen, ist das einhellige Votum, da schon viel von der Zinsaufschwungeuphorie in den derzeitigen Kursen eingepreist sei. Liege der Renditeunterschied zwischen US-Anleihen und Schwellenlandanleihen derzeit bei fünf Prozent, so könnte er sich zwar auf 3,3 Prozent verringern, aber auch gut drei Prozent mehr Rendite wären doch ein Wort, oder?

Fonds sollten sehr breit aufgestellt sein

Das Endergebnis des vergangenen Jahre jedenfalls hieß: Fonds mit Emerging Markets Hartwährungs-Anleihen warfen sechs Prozent Rendite ab und Lokalwährungs-Anleihenfonds sogar sieben Prozent. Wer dagegen lediglich auf Unternehmensanleihen dieser Länder setzte, brachte es auf immerhin fünf Prozent. Wenn man sich die Fonds ansieht, die möglichst viele solcher Anleihen mischen, dann waren sie in der Vergangenheit ebenfalls ein lohnendes Investment. Der EMBI Index etwa, zu dem es einen Indexfonds (ETF) von ishares gibt, warf im vergangenen Jahr 13 Prozent Performance ab und schaffte auch auf Mehrjahressicht stets eine Wertentwicklung von über zehn Prozent im Jahr. Gemessen daran scheinen die Prognosen vieler Fondsmanager mit vier bis sechs Prozent für solche Fonds eher vorsichtig.

Worauf Anleger achten sollten: Dass die Fonds tatsächlich sehr breit aufgestellt sind. Denn es gibt Fonds (aktiv wie passiv), die ihren Schwerpunkt eher auf Asien legen oder auf die Wachstumsregionen in Mittel- und Osteuropas. Allerdings gehen viele Experten derzeit von einem schwächeren Wachstum in China aus und moderaten Zahlen in weiten Teilen Asiens. Zu den Wachstumsbringern in Fernost gehören ihrer Ansicht nach eher Indien und Indonesien, wenn die also im Index stecken, ist es gut. Einen großen Schub erwarten sie dagegen für Lateinamerika, wo sich in Brasilien das Ende der zweijährigen Rezession abgezeichnet hat. Bereits 2016 gehörte Brasilien neben Russland zu den großen Gewinnern. Russland werde ebenfalls weiter zur Stabilität zurückfinden und profitiere überdies davon, dass es so einen starken Energiesektor habe und stabile Unternehmen in diesem Bereich. Wer im vergangenen Jahr allein auf Schwellenland-Unternehmensanleihen aus dem Rohstoffsektor setzte, der machte mit Metall- und Bergbaukonzernen bis zu 34 Prozent Plus, mit Öl- und Gasunternehmen immerhin noch 12 Prozent. Fürs laufende Jahr stehen die Aussichten in diesem Bereich ebenfalls gut.

Problemfall Türkei

Unbestritten scheint auch, dass Afrika weiter durchstarten wird. Bereits 2016 führten Ghana und Sambia dort die Performancerangliste an, sie legten um rund 33 Prozent zu. Ob es dagegen in der Türkei ein Comeback geben wird, lassen viele Analysten lieber offen. Hier fuhren die Anleger zuletzt rund zehn Prozent Verlust ein. Ob die Rendite 2017 wieder in den positiven Bereich dreht, bleibt abzuwarten, von daher wäre ein Fonds oder Index gar nicht so schlecht, der die Türkei nicht unbedingt stark gewichtet. Der Goldman Sachs Growth und Emerging Market Debts etwa setzt zu 50 Prozent auf Lateinamerika, zu 18 Prozent auf Europa und nur zu 15 Prozent auf Asien. Vielleicht keine schlechte Wahl in dem Zusammenhang. Er investiert zu knapp zwei Dritteln in Dollaranleihen und zum restlichen Teil in Lokalwährungsanleihen. In ihm stecken allerdings auch zu rund zehn Prozent US-Anleihen. Zuletzt machte er rund sechs bis sieben Prozent Rendite jedes Jahr.

Man muss allerdings sagen: Im direkten Vergleich mit dem EMBI-ETF blieb der Goldman Sachs Fonds hinter dem ETF über die Jahre mächtig zurück. Obwohl der Indexfonds „nur“ auf die vergleichsweise renditeschwächeren US-Dollar-Anleihen setzt und nicht auf Lokalwährungsanleihen, hat er damit ein weitaus besseres Ergebnis von fast zwölf Prozent Jahresperformance über fünf Jahre eingefahren. Was wieder einmal die These stützt, dass mit Indexfonds auf Dauer nicht so viel falsch zu machen ist. Auch wenn einige Kritiker pauschal mahnen, bei den Emerging Markets Indizes mache sich jetzt bemerkbar, dass sie in den 90er Jahren aufgetüftelt worden seien. In vielen steckten daher heute Indizes von Ländern, die längst nicht mehr zu den schnellwachsenden Schwellenländern gehören, sondern entwickelte Volkswirtschaften sind, wie Südkorea. Oder es seien Staaten mit schlechtem Rating darunter wie Brasilien. Beides begrenze das Potenzial dieser Indexfonds und erhöhe das Risiko, beides hätten aktive Fondsmanager besser im Griff. Für den EMBI Index stimmt das so jedenfalls nicht. Und wer im vergangenen Jahr Brasilien nicht mit im Depot hatte, dem entgingen dadurch die überraschenden und satten Steigerungen um 58 Prozent. Wer sagt also, dass Anleihen keine Rendite mehr abwerfen?

Geldanlage: Wo die Zinsen anschwellen

Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen

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