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Western von gestern Der Kampf von LTU und Air Berlin

Nach seinem Rauswurf bei LTU übernahm Joachim Hunold Air Berlin
Nach seinem Rauswurf bei LTU übernahm Joachim Hunold Air Berlin
© Illustration: Jindrich Novotny / Foto: dpa / IMAGO
Air Berlin ist insolvent. Wir erinnern noch einmal an einen großen Kampf aus ganz anderen Zeiten der Airline, die Schlacht um LTU.

Zum Jahresauftakt 1990 blickte Joachim Hunold siegessicher auf die Krönung seiner Blitzkarriere. Der Chefposten bei Deutschlands größter Ferienfluglinie LTU schien ihm, der sich vom Gepäckverlader zum Geschäftsführer hochgearbeitet hatte, sicher. Doch die erste Geschäftsführerrunde mit dem neuen Großinvestor endete im Desaster.

Vor Ungeduld berstend saß Hunold WestLB-Chef Friedel Neuber gegenüber. Der mächtige Banker hatte den Einstieg der nordrhein-westfälischen Landesbank kurz zuvor perfekt gemacht. Lufthansa hatte auch Interesse gehabt; es war der erste Kampf um die Vorherrschaft im Luftverkehr gewesen. Irgendwann in dieser Runde fiel Hunold Neuber ins Wort, „ein sachlicher Widerspruch“, wie Hunold später erzählte. Doch zu viel für Neuber, Hunold musste gehen.

2007 übernahm Air Berlin LTU

Dieser Zusammenprall zweier Alphamännchen markiert den Auftakt zu einer turbulenten Umstrukturierung im deutschen Luftverkehr. Bei LTU führten Fehlbesetzungen, Missmanagement, Investorendruck und politische Einflussnahme zum Desaster. Die Geschäfte der Charterfluglinie stagnierten, sie verlor Marktanteile und Finanzkraft.

Die WestLB konzentrierte sich auf ihre Beteiligung am Reisekonzern TUI und überließ LTU neuen Eignern: 1998 stieg die Schweizer Holding SAirGroup ein, die sich bereits traditionsreiche Fluglinien wie Swissair und Sabena einverleibt hatte. Drei Jahre später kollabierte das überschuldete Schweizer Konstrukt und riss Swissair und Sabena in die Pleite. Die desolate LTU überlebte nur durch eine spektakuläre Rettungsaktion, bei der das Land NRW eine Bürgschaft über 240 Mio. D-Mark gewährte und die Stadtsparkasse Düsseldorf als treuhänderischer Gesellschafter einsprang.

Hunold verfolgte den Niedergang der LTU aus der Nähe: Nach seinem Rauswurf steckte er seine siebenstellige Abfindung 1991 in die Übernahme von Air Berlin, die damals nur eine alte Boeing 707 betrieb. Hunold bewies seinen Spürsinn für Marktnischen und baute Air Berlin zur Nummer zwei neben Lufthansa auf – auch durch zahlreiche Übernahmen. Mehrfach ließ er sich bitten, bis er 2007 LTU hinzunahm.

Mehr als 25 Jahre nach seinem Abgang bei LTU muss Hunold nun den Niedergang von Air Berlin mit ansehen. Das Geschäftsmodell zu komplex, schlecht gemanagt, die Kosten zu hoch. Hunold wird das alles bekannt vorkommen.

Hauptperson

Joachim Hunold schmiss sein Studium, jobbte als Roadie für Marius Müller-Westernhagen und als Vorfeldarbeiter auf dem Düsseldorfer Flughafen. Bei LTU stieg er zum Marketing- und Vertriebsdirektor auf. 1991 übernahm er Air Berlin, expandierte rasant, brachte das Unternehmen 2006 an die Börse. Auf Druck von Investoren räumte er 2011 den Chefposten, hält aber noch zwei Prozent der Anteile (Wert: 1,4 Mio. Euro). Der 67-Jährige hat sich weitgehend zurückgezogen.

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