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Meinung Macron unter Druck

Die Revolution frisst gern ihre eigenen Kinder

Korrespondentin in Paris
Macron verliert zwei weitere Minister

Nach Verteidigungsministerin Sylvie Goulard haben jetzt auch Justizminister Francois Bayrou und Europaministerin Marielle de Sarnez ihren Rücktritt bekannt gegeben. Heute Abend will Macron das neue Kabinett vorstellen.

Quelle: N24

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Mit einem Schlag verliert Emmanuel Macrons neue französische Reformregierung drei Minister. So schnell kommt es, wenn man die Politik einem Moraltest unterzieht. Werden noch mehr Personen gehen müssen?

Kaum im Amt, hat die neue Regierung von Emmanuel Macron ihre erste Krise zu bewältigen. Sie wird ausgelöst durch hohe Moralansprüche an sich selbst, und sie dreht sich, wie so häufig, um die illegale Finanzierung von Parteiarbeit.

Worum geht es? Macrons Koalitionspartner, die kleine liberale Partei MoDem, hat offenbar, wie schon zuvor Marine Le Pens Front National, Parteimitarbeiter mit Geld für Assistenten des Europäischen Parlaments bezahlt.

Die tugendhafte, von eher nordischen Moralitätsansprüchen geprägte Verteidigungsministerin Sylvie Goulard hat daraus die Konsequenzen gezogen und darum gebeten, nicht mehr Teil der neuen Regierung zu sein.

Macron wollte keine große Umbildung der Regierung, die traditionsgemäß nach den Parlamentswahlen noch einmal nachjustiert wird. Goulard war ein Trumpf. Er wollte sie nicht ziehen lassen. Aber sie lehnte es ab, in juristische Voruntersuchungen als Ministerin verwickelt zu sein.

Drei Schlüsselminister weg

Damit hat Goulard jedoch ihre beiden anderen MoDem-Kollegen, den Justizminister und die Europaministerin, so unter Zugzwang gesetzt, dass Macron mit einem Schlag drei Schlüsselminister verliert.

Es ist für die neue Regierung keine existenzielle Krise, weil sie im Parlament über die absolute Mehrheit verfügt. Aber zum ersten Mal ist Macron als Krisenmanager gefragt. Gut möglich, dass er diese mit Eleganz meistern wird.

So hat er schon seinen in Bedrängnis geratenen Minister Richard Ferrand nach der Wahl in einer geschickten Rochade zum Fraktionschef gemacht. Nicht auszuschließen, dass Macron auch diese Krise nutzt, um prominente Konservative in seine Regierung zu holen.

Wird der Königsmacher Bayrou gehen müssen?

Man kann sogar vermuten, dass Macron in Wahrheit der größte aller Machiavellisten ist, der sich seines Königsmachers François Bayrou bei der ersten Gelegenheit entledigt.

Denn MoDem-Chef Bayrou war als Justizminister mit dem ersten großen Gesetzesprojekt betraut: der Moralisierung der Politik. Dafür kann er nicht stehen, solange die Justiz die Frage der Parlamentsassistenten nicht geklärt hat.

Sylvie Goulard und Emanuel Macron
Sylvie Goulard und Emmanuel Macron am 19. Juni 2017 bei der Luftfahrtmesse in Le Bourget
Quelle: dpa/AP POOL
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Bayrou hätte es Macron teuer bezahlen lassen, wenn er ihn abgesägt hätte. So ist es seine eigene Parteikollegin Goulard, die den Zugzwang ausgelöst hat. Der Abgang des zur Selbstüberschätzung neigenden Bayrou mag bei vielen Macronisten für Erleichterung gesorgt haben.

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