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Meinung Entlassung des FBI-Chefs

Was Trump hier macht, könnte aus dem Handbuch der Autokraten stammen

Chefkorrespondent Außenpolitik
Donald Trump feuert FBI-Chef James Comey

US-Präsident Trump hat den FBI-Chef James Comey mit sofortiger Wirkung entlassen. Zudem will er offiziell die mutmaßlichen Kontakte zu Russland während der Wahl zurückweisen. Die Opposition fordert einen Sonderermittler.

Quelle: N24/ Sandra Saatmann

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Donald Trump feuert den FBI-Chef, während dieser Ermittlungen gegen sein eigenes Umfeld leitet. Das weckt böse Erinnerungen an Watergate – und könnte ein Einstieg in eine politisierte Justiz sein.

Bisher hat Donald Trump in seiner kurzen Amtszeit als US-Präsident nur gesprochen und getweetet, als sei er der Kopf einer Bananenrepublik. Nun hat er auch gehandelt wie einer. Er hat FBI-Chef James Comey gefeuert, während der eine Untersuchung durchführte darüber, ob enge Mitarbeiter Trumps im Wahlkampf mit Russland kollaborierten, um zusammen mit Moskau die amerikanische Wahl zu manipulieren.

Da werden Erinnerungen wach an die Watergate-Affäre im Jahr 1973, als US-Präsident Richard Nixon mehrere Justizminister feuerte, bis er endlich jemanden fand, der seiner Forderung nachkam, den Sonderermittler zu entlassen, der mit seinen Recherchen gefährlich nah an Nixons Oval Office gekommen war.

Die Begründung für die Entlassung musste diesmal der gerade erst von Trump eingestellte stellvertretende Justizminister Rod J. Rosenstein liefern. Er kritisierte vor allem den Umgang Comeys mit den Ermittlungen in Hillary Clintons E-Mail-Affäre. Im Wahlkampf und noch vor einer Woche auf Twitter hatte Trump Comey immer wieder scharf kritisiert, weil er Clinton zu einfach habe davonkommen lassen.

Nun moniert die Entlassungsbegründung genau das Gegenteil. Comey habe den Glauben an die Unabhängigkeit der Justiz untergraben, weil er den Stand der Ermittlungen gegen Clinton öffentlich diskutiert habe, als er die Einstellung des Verfahrens empfahl. Demnach war Comeys Vergehen, dass er zu hart mit Clinton umgesprungen ist. Das sah Trump bis vor Kurzem noch anders, genauso wie sein Justizminister.

Einstieg in eine politisierte Justiz?

Das Ganze mutet wie eine Farce an mit einer Begründung, die offenbar den Groll gegen Comey auf der Seite der Demokraten zu instrumentalisieren sucht. Tatsächlich ist das jedoch der mögliche Einstieg in eine politisierte Justiz. Nachdem Trump das Justizministerium mit einem Trump-Fan der ersten Stunde besetzt hatte, drohte ihm in Sachen Russland-Ermittlungen vor allem aus dem FBI Gefahr.

Und mit Comey hat er nun einen geschasst, der in den vergangenen Jahren bewiesen hat, dass er bereit ist, es sich sowohl mit Republikanern wie auch Demokraten zu verscherzen, um das zu tun, was er für richtig hält. „Das ist sehr gefährlich“, schreibt der angesehene und unabhängige Lawfare Blog, ein Blog über Justizangelegenheiten, über die Entlassung Comeys. „Es ist eine Handlung, die die Trump-Russland-Untersuchung in Gefahr bringt, und die den einen führenden Offiziellen aus der Untersuchungshierarchie entfernt, den Präsident Trump nicht ernannt hat, und den einen, der bekannt dafür ist, sich auch mit den Mächtigen anzulegen.“

Nach dem furchtbaren Regime von J. Edgar Hoover, der das FBI zu einem politischen Instrument gemacht hatte, war Amerika bemüht, das FBI frei zu halten von politischer Einflussnahme. Deshalb war die Amtszeit des FBI-Chefs mit ihren zehn Jahren klar aus den Wahlzyklen der Republik herausgehalten worden. Ein FBI-Chef sollte so unabhängig sein, dass er mehreren Präsidenten, gleich welcher Couleur, dienen kann.

Zwar hat ein Präsident durchaus das Recht, einen FBI-Chef zu entlassen. Bill Clinton etwa hat das getan, weil sich der damalige FBI-Boss schwere ethische Verstöße geleistet hatte. Es ist aber das erste Mal, dass ein Chef der bundesweiten Ermittlungsbehörde vom Präsidenten entlassen wird, während er noch eine Untersuchung leitet, die bis ins enge Umfeld des Präsidenten vordringt.

Trump suchte seit Tagen nach Entlassungsgründen

Natürlich hat Comey auch Fehler gemacht, und es gibt tatsächlich mehrere Momente in seinem Umgang mit der E-Mail-Affäre, in denen er gegen etablierte Regeln oder Traditionen des FBI zu verstoßen schien. Das waren normalerweise genau die Momente, in denen Trump den FBI-Chef bejubelte. Nun sollen wir ihm also abnehmen, dass er genau dieselben Dinge plötzlich so problematisch findet, dass Comey gehen muss.

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Tatsächlich hat Trump Medienberichten zufolge seit Tagen nach einem Vorwand gesucht, um Comey zu entlassen. Den scheint Comey ihm heute geliefert zu haben, als er einige seiner Aussagen vor dem US-Kongress zur E-Mail-Affäre in einem Brief korrigieren musste.

Was Trump hier macht, könnte aus dem Handbuch der Autokraten in Ungarn, Venezuela oder Russland stammen: Man entfernt einen hohen Beamten, der die Unabhängigkeit der Strafermittlungsbehörden gegenüber der Politik zu wahren sucht, um einen willfährigen Parteigänger einzusetzen.

Wen Trump an Comeys Stelle setzen will, ist zwar noch nicht bekannt. Es dürfte aber klar sein, dass dieser Präsident niemanden einsetzen wird, der über eine solche Statur und Unabhängigkeit verfügt wie Comey und der Trump deshalb in Sachen Russland-Ermittlungen ebenfalls gefährlich werden könnte.

Schon mehren sich deshalb die Stimmen, die die Einsetzung eines Sonderermittlers fordern, um die Untersuchung aus dem politischen Einflussbereich des Weißen Hauses zu entfernen. Doch dazu wird es nur kommen, wenn sich neben den Demokraten auch eine nennenswerte Zahl von Republikanern im US-Kongress dafür aussprechen.

Bewährungsprobe für die Gewaltenteilung

In den ersten Monaten von Trumps Amtszeit haben die amerikanischen Institutionen gut funktioniert, und sie haben den überschießenden Aktivismus des Präsidenten auf vielen Feldern erfolgreich eingehegt. Die Entlassung des FBI-Chefs zeigt nun, dass das nicht so bleiben muss und dass die Bewährungsprobe für Amerikas Demokratie und Gewaltenteilung gerade erst begonnen hat.

Dies ist die erste gravierende institutionelle Krise in Trumps noch junger Amtszeit. Sie ist Ausdruck einer volontaristischen Präsidentschaft, in der nur zählt, was dem Chef im Weißen Haus nützt, der jegliche Konventionen, Traditionen und Anstandsregeln über den Haufen wirft.

Im Wahlkampf soll Trump einmal einen Außenpolitik-Experten gefragt haben, warum Amerika eigentlich Atomwaffen habe, wenn es sie nicht einsetzen könne. Ähnliches muss sich Trump nun über die Macht des Präsidenten gefragt haben: Warum hat man sie eigentlich, wenn man ihre Möglichkeiten nicht ausschöpft?

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Die Antwort hätte in diesem Fall gelautet: Weil es nicht angemessen ist, einen FBI-Direktor zu entlassen, wenn der gerade die eigene Wahlkampagne untersucht. Aber seit wann ist das, was andere für angemessen halten, ein Maßstab für Trump, der seit seinem Antritt als Präsidentschaftskandidat jegliche Maßstäbe des politischen Lebens zermalmt hat?

Trumps Wahl war auch der Ausdruck einer außergewöhnlichen Vertrauenskrise der Amerikaner in ihre politischen Institutionen. Nun zeigt sich, dass Trump den Vertrauensverlust in die Einrichtungen des öffentlichen Lebens nur beschleunigen wird, anstatt ihn zu beheben.

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