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Analyse Deutsche Investoren ignorieren Klimarisiken

Viele Großinvestoren lassen bei ihrer Portfolioplanung Klimarisiken außen vor. Von Claus Hecking

Mehr als zwei Drittel der führenden institutionellen Investoren in Deutschland ignorieren laut einer internationalen Studie die finanziellen Risiken für das von ihnen verwaltete Vermögen durch den Klimawandel. In der Untersuchung der Nichtregierungsorganisation Asset Owners Disclosure Project (AODP), die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird, erhalten 17 der 25 größten deutschen Lebensversicherer und Pensionsfonds die Note „X“. Das heißt: Laut AODP gibt es keine Anzeichen, dass Institutionen wie Signal Iduna oder die betrieblichen Pensionskassen von BMW, Daimler, Eon und Lufthansa in ihrer Portfolioplanung Risiken durch den Klimawandel berücksichtigen. Insgesamt ließen diese 17 deutschen Institutionen Vermögenswerte in Höhe von 382 Mrd. Euro ungeschützt, schreibt AODP. Die Nichtregierungsorganisation hat die Portfolios der 500 weltgrößten institutionellen Anleger analysiert und mit Noten von „AAA“ bis „X“ klassifiziert. Positiv bewertet werden Investoren, wenn sie etwa die möglichen Folgen des Klimawandels frühzeitig in ihre Anlagestatuten einbeziehen, Investments in fossile Energien mit Investments in den Erneuerbare-Energien-Sektor ausbalancieren oder öffentlich Rechenschaft über die CO2-Bilanz ihrer Portfolios geben.

Deutschland schneidet auffallend schlecht ab


Hinter all diesen Maßnahmen steckt oft mehr als ein grünes Gewissen oder gar bloß Greenwashing. Immer öfter warnen Ökonomen und Zentralbanker wie der Gouverneur der Bank of England Mark Carney vor so genannten „Stranded Assets“. Dies könnten beispielsweise Beteiligungen an Kohlekonzernen sein, die schlagartig wertlos werden können, weil wegen der Erwärmung eines Tages gar keine Kohle mehr verfeuert werden darf. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland auffallend schlecht ab. So bekommen nur fünf Prozent der britischen und drei Prozent der französischen Großinvestoren die schlechteste Note „X“. In den Niederlanden und allen skandinavischen Staaten beträgt die Ausfallquote sogar Null. Institutionen wie ABP (der Pensionsfonds des niederländischen Staatsdienstes) der französische Versicherungsriese Axa oder der Norwegische Ölfonds zählen nicht nur zu den größten Kapitalanlegern der Welt. Sie sind laut der Untersuchung auch viel besser gegen den Klimawandel gewappnet als die deutschen Investoren. ABP etwa erhält die Bestnote „AAA“, Axa ein „AA“. Erst auf Platz 57 des Top-500-Ranking taucht der erste deutsche Vertreter auf: die Allianz-Gruppe mit der Note „BB“. Die Münchener Rück folgt auf Platz 94 mit „C“. Andere Versicherungskonzerne wie Talanx und die Hannover Rück erhalten ein „D“, ebenso wie drei Pensionskassen. Die übrigen elf erfassten betrieblichen Pensionskassen, unter ihnen auch die der Deutschen Bank, der Deutschen Post sowie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, erhalten die schlechteste Note.

Gefahr für die Ruheständler von morgen


„Es ist auffallend: Politisch zählt Deutschland weltweit zu den Anführern im Kampf gegen den Klimawandel. Aber das deutsche Finanzsystem ist bei dem Thema weit zurück“, sagt AODP-Chef Julian Poulter im Gespräch mit Capital.de. Eine Ursache hierfür sei das einzigartige, größtenteils umlagefinanzierte deutsche Rentensystem. Dies führe dazu, dass die betrieblichen Pensionskassen vergleichsweise klein seien und nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stünden. „Dadurch der öffentliche Druck auf diese Institutionen, den Risiken durch den Klimawandel aktiv zu begegnen, nicht so hoch wie beispielsweise in den Niederlanden oder in Skandinavien“, sagt Poulter. Für die Pensionsempfänger von morgen sei das eine Gefahr. Insgesamt kalkulieren rund 60 Prozent der 500 weltgrößten Kapitalanleger zumindest teilweise die finanziellen Risiken und Chancen ein, die sich aus dem Klimawandel ergeben. In Deutschland liegt diese Quote laut der Untersuchung nur bei 32 Prozent.

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