Customer Experience: Produkte? Nein, Erlebnisse!

Customer Experience: Produkte? Nein, Erlebnisse!

Wer will schon Produkte? Keiner – wenn das Gesamterlebnis als Kunde über alle Kanäle und über die gesamte Journey nicht stimmt! Das war der Tenor auf dem Digital Marketing Day in Zürich von Sitecore. Es geht künftig darum, herauszustechen – und das Produkt im perfekten Zusammenspiel mit Marke und Service glänzen zu lassen. An Customer Experience kommt deshalb keine Branche vorbei.

Und tschüss – die switching economy

Eine schlechte Erfahrung – und weg … So denken mehr Verbraucher, als es Unternehmen lieb sein kann. Betroffen sind vor allem Branchen, in denen Commodity-Produkte vorherrschen, etwa die Telekommunikation: Der Nutzer will einfach nur, dass alles funktioniert. Beim geringsten Ärger steigt sofort die Bereitschaft zum Anbieterwechsel. Accenture sieht für diese sogenannte „switching economy“ ein Marktpotenzial von 4,6 Billionen Euro. Um Kunden zu halten (und um neue zu gewinnen), müssen Unternehmen ein gutes Rundum-Erlebnis um ihr Produkt bzw. Service liefern.

In Deutschland ist schlechter Service noch viel zu häufig

Laut der Studie „Die 4,6 Billionen-Euro-Chance: Mit Digitalisierung das Kundenerlebnis und Ertragswachstum steigern“ haben hierzulande 54 Prozent der Befragten schon einmal einen Provider wegen schlechtem Kundenservice gewechselt. Gerade einmal sechs Prozent geben an, dass sie die Erfahrungen machen, die sie sich wünschen. Deutsche Unternehmen haben also größtenteils noch nicht auf dem Schirm, wie sie Kunden zufriedenstellen können. Aber Mehrwert schafft Umsatz! Und die Kunden danken es nicht nur, sie zahlen auch gerne dafür! Drei von vier Verbrauchern würden für eine angenehmere Customer Experience höhere Preise bezahlen.

Das Informationszeitalter ist vorbei – hallo Experience!

Was ist ein gutes Kundenerlebnis? Kunden wollen von Unternehmen im richtigen Kontext die richtigen Informationen oder Services gepusht bekommen – auf Basis ihrer individuellen Bedürfnisse. Selbst suchen? Das war gestern. Beispiel gefällig? Der Streamingdienst Netflix weiß dank Analyse der zur Verfügung stehenden Daten, was ein Abonnent gerne schaut – und liefert entsprechend die richtigen Empfehlungen. Oder Disney World in Orlando: Jeder Besucher, der im Disney-Resort Hotel übernachtet, erhält hier ein persönliches, intelligentes Armband – ein Wearable. Damit können Kinder beispielsweise bargeldlos Getränke oder ein Eis kaufen, das Hotelzimmer lässt sich damit öffnen und per App sehen die Besucher auf dem Smartphone, wie lange die Wartezeiten bei den umliegenden Attraktionen sind. Das ist eine sinnvolle Nutzung neuer Technologien – so schafft man Erlebnisse! Klar erzählt der Kunde seinen Freunden, wie praktisch und einfach alles funktioniert hat, wie glücklich die Kids waren – und er teilt die eigene Begeisterung natürlich auch auf den sozialen Medien. Über tolle Erlebnisse spricht man!

Neue Geschäftsmodelle

Unternehmen müssen ihre bisherigen Geschäftsmodellen hinterfragen und sie mit Fokus auf das Kundenbedürfnis weiterentwickeln; bestehende Produkte also um zusätzliche digitale Services ergänzen und neue Technologien nutzen. Sie müssen sich die Frage stellen, „was ist denn überhaupt das ganz konkrete Kundenbedürfnis“? Welches Problem will der Kunde wirklich lösen, was ist sein Ziel? Welche neuen Technologien können wir als Unternehmen dafür nutzen? Die Traktoren von John Deere etwa sind heute ein Teil des Internet der Dinge. Über Sensoren und Datenanalysen liefert das Unternehmen Landwirten eine Vielzahl von wichtigen Informationen, damit sie ihren Ertrag optimieren können – denn das ist ihr eigentliches Kernbedürfnis! Nicht eine Maschine zu haben, mit der sie ihre Äcker bearbeiten können!

Unternehmen müssen sich jetzt mit solchen neuen Geschäftsmodellen auseinandersetzen, sonst nehmen sich andere diese Märkte vor. Denn eines ist klar: Nur weil man heute erfolgreich ist in dem, was man tut, heißt das nicht, dass es auch künftig so bleibt.

Mein Resümee des Digital Marketing Day: Bei Unternehmen sind die Themen Customer Experience und Experience Design angekommen. Viele sind auch schon dabei, die Kundenzentrierung umzusetzen. Allerdings gibt es auch noch größere Hürden:

1.    Verkrustete IT-Strukturen, die verhindern, dass die Daten aus den einzelnen Silos in Unternehmen zusammengeführt werden. Daten (und deren Nutzung) sind entscheidend für ein positives Kundenerlebnis.

2.    Die Organisationsstrukturen: Wir arbeiten in vertikalen Silos – Sales, Marketing, Customer Service, Social Media. Alle haben aber die eine Aufgabe, den Kunden zufriedenstellen. Und doch harmonieren die Kanäle oftmals einfach nicht. Zur Veranschaulichung ein Beispiel: die Facebook-Kampagne eines Modeverkäufers für eine besondere Jeans. Per Klick auf die Anzeige geht es in den Webshop – keine Jeans mehr auf Lager. Eine Interessentin schreibt unglücklich unter den Post: „Tolle Jeans, aber leider ausverkauft“. Der Social-Media-Betreuer reagiert drei Tage später mit dem Hinweis, die Kundin solle eine E-Mail an den Customer Service mit Artikelnummer und Produktgröße schicken, damit sie benachrichtigt werden kann, sobald die Hose wieder vorrätig ist. So. Geht. Es. Nicht. Ein Silo schiebt die Kundin in das nächste. Resultat: Die Kundin ist unzufrieden und kauft woanders.

3.    Unternehmen schaffen es häufig nicht, ihre interne Brille abzunehmen und von außen zu schauen, wie die Kunden wirklich ticken. Nämlich oft ganz anders als gedacht.

Ganz wichtig: Zum optimalen Kundenerlebnis zählt auch das Offline-Erlebnis, etwa im Laden. Für Unternehmen geht es deshalb immer darum, flüssige Übergänge zwischen analog und digital zu schaffen. Denn die Kunden sind immer weniger bereit, zwischen den Kanälen zu unterscheiden.

Eine interessante Zukunftstechnologie in diesem Zusammenhang ist Artificial Intelligence. Welche wichtige Rolle künstliche Intelligenz für Unternehmen spielen wird, erfahren Sie hier: https://www.avanade.com/de-de/thinking/research-and-insights/tech-vision. Den wichtigen Trend nimmt Avanade zudem in der Tech Vision 2017-Studie „Get ready for the AI-first world“ unter die Lupe. Eine Executive Summary gibt es hier zum Download.

Philippe Said

Banking Strategy & Innovation @Accenture Song

7y

Hi Gunnar, ich bin in meiner Präsentation noch stärker auf das Thema Implementierung (Strategie, Technologie und natürlich auch auf den Wandel innerhalb des Unternehmens) eingegangen. Sehr interessant ist folgender Link https://innovation.showcase.avanade.com/techvision2017/ bei weiteren Fragen rund um das Thema, kannst du gerne per PM auf mich zukommen.

Gunnar Gamer

Experience Design Director Digital Commerce

7y

Danke für die grossartige Zusammenfassung des Digital Marketing Days in Zürich. Leider finde ich etwas zu kurz gesprungen: nicht die Erkenntis über mangelhafte CX, sondern die sinnvolle Implementierung ist die Herausforderung. Gab es dazu in Zürich Insights? Das Thema ist ja nicht neu ...

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