17. September 2013

'Erntezeit (Zons-Thriller 2)' von Catherine Shepherd

In diesem Thriller verschmelzen Vergangenheit und Gegenwart.

Zons 1496: Während Bastian Mühlenberg von der Zonser Stadtwache auf der Spur eines uralten Schatzes ist, den der Erzbischof von Saarwerden bei Errichtung der Stadtmauern tief unter der Erde von Zons verborgen hat, treibt ein brutaler Mörder mit einer goldenen Sichel sein blutiges Spiel mit seinen Opfern. Scheinbar wahllos verschwinden „unbescholtene“ Bürger und alles was von ihnen übrig bleibt, sind ihre toten Zungen, die sichtbaren Zeichen ihrer Sünden. Drei silberne Schlüssel, behütet von Pfarrer Johannes und der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, führen Bastian in ein verschlungenes Labyrinth unterhalb von Zons, wo ein düsteres Geheimnis auf ihn wartet...

Zons 2012: Ein menschlicher Fußknochen wird in den Rheinauen von Zons gefunden. Kommissar Oliver Bergmann kann zunächst keine Leiche finden. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Oliver verfängt sich in einem schier undurchdringbaren Netz aus Verdächtigen und Vermissten. Die nagelneue Salzsäureanlage im Chemiepark Dormagen gerät ebenso in sein Visier wie geldsüchtige Banker, eine goldene Mordwaffe und Ghandis „sieben Todsünden der Moderne“. Als die Journalismus-Studentin Emily und ihre beste Freundin Anna in ernsthafter Gefahr schweben, erkennt Oliver verzweifelt, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt...

Gleich lesen: Der Sichelmörder von Zons. Thriller

Leseprobe:
Er fuhr mit seinen klobigen, schwieligen Fingern über eine Seite in der Bibel. Er hatte diese Textstelle schon so oft gelesen, dass das Papier von der ständigen Berührung seiner Fingerkuppen ganz rau war. An manchen Stellen zogen sich schmutzige Schlieren unter den Textzeilen entlang. Teilweise waren die Buchstaben bereits ausgeblichen, sodass der Text nicht mehr lesbar war. Aber das störte ihn nicht. Er konnte diesen Text sowieso in- und auswendig. In seinem Kopf ertönte die bekannte Melodie, welche ihn seit seiner Kindheit begleitete. Bist du mir böse Gott? Er war sich nicht sicher, das Richtige getan zu haben. Er griff unter den Tisch und zog eine Geißel hervor. Die Enden an der Riemenpeitsche waren mit spitzen Nägeln besetzt. Er fing an die Melodie aus seinem Kopf laut zu summen und schlug sich dann mit aller Kraft auf den Rücken. Die Peitsche krachte in hohem Schwung und mit einem bösartigen Pfeifen auf seine nackte Haut.
Der Schlag schmerzte nicht mehr als sonst. Also habe ich alles richtig gemacht! Er war sich noch nicht sicher, ob Gottes Antwort richtig war, also holte er abermals aus und ließ die Geißel auf seine nackte Haut niedersausen. Jetzt war er sich sicher, dass der Schmerz sich nicht verstärkt hatte. Dann war alles gut! Mit einem zufriedenen Seufzer legte er die Riemenpeitsche zurück unter den Tisch und begann erneut in der Bibel zu lesen. Draußen konnte er einen Glockenschlag vernehmen. Er stand auf und blickte durch das Fenster. Es war an der Zeit!
Am helllichten Tag war es am ungefährlichsten zu seinem geheimen Ort zu gelangen. Zu dem Ort, an dem er Gottes Urteil vollstreckte! Dort, wo er den Sündern beibrachte, das Lügen und Ablassbriefe nicht gottgefällig waren. Für ihn war es eine Todsünde, mit dem Kauf eines Ablassbriefes dem Fegefeuer entrinnen zu wollen. Ein Narr, wer glaubte, dass Gott sich kaufen ließ!
Er erinnerte sich deutlich an den Besuch des Ablasspredigers Johann Tetzel vor etlichen Jahren. Seit diesem Zeitpunkt hatte er ihn glücklicherweise nie wieder getroffen. Aber er sah den hochmütigen Tetzel noch heute vor sich, wie er seine Ablasspredigt hielt und sich dabei in seiner maßlosen Selbstgefälligkeit sonnte. Das war reine Blasphemie. Doch der Abt Ludwig von Monheim war begeistert von Tetzels Predigt gewesen. Nie würde er den Schmerz vergessen, der durch sein Herz fuhr, als der Abt dem jungen Johann Tetzel anschließend anerkennend auf die Schulter klopfte. Wie er ganz rot im Gesicht wurde, als er die vielen Gulden sah, die Tetzel mit dem Verkauf der Ablassbriefe an einem einzigen Tag einnahm. Auch wenn anschließend das Kloster von dem vielen Geld wieder zu neuem Leben erwachte, hätte es sicher einen segensreicheren Weg gegeben, das Überleben zu sichern.
Er dachte an die letzte Nacht. Gut, wenn er es recht bedachte, waren die beiden Weiber nicht halb so schlimm, wie dieser Hurensohn Johann Tetzel. Aber trotzdem hatten sie gesündigt und mussten bestraft werden. Es war nicht falsch gewesen, dass er es genossen hatte, die beiden Sünderinnen gemeinsam zu läutern. Bist du dir sicher? Eine zweifelnde Stimme meldete sich in seinem Inneren. Doch er wollte sie nicht hören. Wenn es falsch gewesen wäre, hätte Gott mich mit Schmerzen gestraft. Aber das hat er nicht! Aber du hast es doch genossen, die beiden Weibsbilder leiden zu sehen? Die Stimme wollte einfach nicht aufhören ihn zu ärgern. Natürlich hatte er es genossen. Was war falsch daran, sich zu erfreuen, wenn man Gottes Werk tat? Aber es hat dir nicht nur auf diese Weise gefallen? Die Stimme nervte ihn weiter. Er hatte es nicht gewollt. Zumindest nicht geplant. Schnell schlug er die Bibel auf und begann aus dem ersten Timotheus Brief zu lesen: „Und Adam wurde nicht verführt, die Frau aber hat sich zur Übertretung verführen lassen.“
...
Wütend geworden schlug er die Bibel mit einem lauten Knall zu. Es war schon spät. Die Glocke würde bald wieder erklingen. Er musste los. Der nächste Sünder sollte pünktlich in die Hölle fahren!

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