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Betrug im Internet

Mit einem Klick zur 500-Euro-Rechnung

Münster

Kleiner Klick, große Wirkung. Immer wieder fallen Münsteraner auf dubiose Angebote im Netz rein. Teilweise folgt auf den Klick eine 500-Euro-Rechnung.

Günter Benning

Simone Weinke mit einer der Seiten, die immer wieder zu Ärger führen.
Simone Weinke mit einer der Seiten, die immer wieder zu Ärger führen. Foto: Günter Benning

Betrügereien im Internet werden immer dreister. Fast jeden Tag melden sich bei Simone Weinke in der Verbraucherberatung Münsteraner, die völlig überzogene Rechnungen bezahlen sollen. Zumindest in einem Fall gibt es seit letzter Woche Flankenschutz durch ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm , bei dem es um die Internetseite Profi-Kochrezepte.de geht.

Die neue Betrugsmasche:

► Auf der Seite profi-kochrezepte.de sollen sich Benutzer registrieren lassen, um auf 20000 Kochrezepte zugreifen zu können. Wer reinfällt, bekommt eine Rechnung über 238,80 Euro. Im kommenden Jahr wiederholt sich die Rechnung. Die Seite selbst wirkt seriös, erinnert an die beliebte und kostenlose Seite „chefkoch.de“.

Der Trick: Im Kleingedruckten steht, die Seite sei nur für Betriebe oder Verein gedacht. Damit würde der individuelle Verbraucherschutz nicht gelten. Doch das OLG Hamm erklärt, dass auch hier Verbraucherschutzvorgaben gelten: Klare Preisangabe, ein eindeutiger Kauf-Button, Information über Widerrufsrecht.

Teilweise versuchen die Unternehmen, Verbraucher in die Irre zu führen. So sieht ein Besucher, der zum ersten Mal auf der Seite ist, teilweise nur einen „Bestellen“-Knopf. Wenn er allerdings zum zweiten Mal auf die gleiche Seite geht, steht dort „Kostenpflichtig bestellen“. Außerdem gibt es dann auch Hinweise auf rechtlich notwendige Widerrufsfristen.

Verbraucher könnten also den Eindruck haben, sie hätten beim Bestellen nicht richtig aufgepasst, so Simone Weinke. Tatsächlich platzieren allerdings die Seitenbetreiber Cookies auf den Kunden-Rechnern. Sie wissen also, wer wiederholt ihre Seite besucht. So können sie bei späteren Besuchen andere Seite einspielen.

► Andere Masche: Auf der Seite gps-routenplaner.de reicht es aus, seine Email-Adresse einzugeben, um eine Rechnung über 500 Euro zu bekommen. Wer nicht zahle, so Simone Weinke, erlebe „eine Drohkulisse mit wiederholten Mahnungen und der Einschaltung von Inkassobüros“.

Weinke macht darauf aufmerksam, dass bei allen Online- oder Telefon-Geschäften eine Widerrufsfrist von zwei Wochen besteht. Wenn nicht ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde, verlängert sich die Frist um ein Jahr. In der Regel fehlen die entsprechenden Hinweise auf kritischen Seiten.

► „Täglich“, so Weinke, melden sich auch Kunden, denen auf einer Seite Kredit bis über 6000 Euro „schufafrei“ angeboten werde. Tatsächlich erhalten die Kunden aber nur eine Guthabenkreditkarte. Das heißt, es muss Geld darauf geladen werden. Weinke: „Die Leute haben also keinen Vorteil davon.“ Vermittlungs- und Kartengebühr von 100 Euro werden per Nachnahme gefordert. Weinke rät: „Nicht annehmen.“ Allerdings seien oft Ausländer oder Flüchtlinge Opfer des vermeintlichen Kreditangebotes. Man müsse auch davon ausgehen, dass nur ein Teil der Betroffenen sich bei der Verbraucherberatung melde.

Zum Teil befinden sich die Anbieter im europäischen Ausland und können gerichtlich kaum belangt werden.

In der Regel hat die Verbraucherberatung Musterbriefe, mit denen man die Forderungen anfechten kann. Selten allerdings gebe es einmal gezahltes Geld wieder zurück, so Weinke. Zur bitteren Wahrheit gehöre es auch, dass in einigen Fällen die Verträge gültig seien. Gegen Nachlässigkeit bietet eben auch der Verbraucherschutz keine Hilfe.

Kommentar: Gesundes Misstrauen nötig

Nicht alles, was glänzt, ist astrein. Erschreckend, wie viele Münsteraner auf fragwürdige Angebote im Internet reinfallen. Viele der gefährlichen Seiten kommen harmlos daher, scheinen Routenplanung oder Kochrezepte anzubieten. Aber wer zwei Klicks zu viel macht, hat gleich Verträge mit horrenden Gebühren an der Backe. Wenn die Verbraucherberatung davon spricht, dass sie täglich mit Geschädigten zu tun hat, kann man getrost vermuten: Die Dunkelziffer ist groß. Viele Opfer zahlen lieber unberechtigte Rechnungen, als sich auf einen Clinch mit Inkasso-Büros einzulassen. Zur Wahrheit gehört auch, dass es im Internet viele seriöse Anbieter gibt, die alle Regeln des Verbraucherschutzes einhalten und oft erstaunlich kulant sind. Auch sie leiden unter dem Misstrauen, das die unseriöse Konkurrenz sät. Was tut Not? Natürlich ein gesundes Misstrauen. Natürlich genaues Lesen von Geschäftsbedingungen. Und auch eine gesunde Streitkultur, die den Schwarzen Schafen das Leben schwer macht. Die Verbraucherberatung hilft weiter. Günter Benning