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Geldanlage Rohstoffe - der neue Superzyklus

Erstmals seit Jahren legten die Rohstoffkurse wieder satt zu. Die Zeichen stehen gut, dass der Trend auch 2017 anhält. Von Nadine Oberhuber
Eisenerzabbau in Australien
Eisenerzabbau in Australien
© Getty Images

Manchmal, so wirkt es, funktioniert die Börse eben doch nach bestimmten Regeln und sie zeigt dabei Muster, die das ganze Auf und Ab irgendwie berechenbarer zu machen scheinen. Zumindest gab es zuletzt einen Bereich im Anlageuniversum, in dem sich die Kurse genau an das hielten, was Analysten und Statistiker für das abgelaufene Jahr prognostiziert hatten: Der Rohstoffsektor nämlich lief wieder zur Höchstform auf. Genau das hatten viele gehofft, nachdem die Kurse für Energie, Industrie- und Edelmetalle sowie Agrarstoffe zuvor jahrelang nur die entgegengesetzte Richtung kannten. Sie stürzten immer tiefer, gaben allein in den vergangenen fünf Jahren um gut 40 Prozent nach, bis zum Ende des Jahres 2015. Vor gut einem Jahr aber mehrten sich die Stimmen, die Kurse hätten wohl ihren Boden gefunden und es gehe nun wieder bergauf. Vom Beginn eines neuen Superzyklus bei den Rohstoffen war die Rede.

Heute, ein Jahr später haben sich diese Prognosen bewahrheitet: Anfang 2016 waren die Preise vieler Rohstoffe noch so niedrig, wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Seitdem aber haben die Preise für Grundstoffe eine enorme Wertentwicklung hingelegt. Zum ersten Mal seit 2010 wiesen die großen Rohstoffindizes wieder einen Jahresgewinn auf. Der Bloomberg Commodities Index, der die Preise von 22 Grundstoffen bündelt, stieg um stolze elf Prozent. Der S&P GSCI Index legte sogar satte 31,6 Prozent auf Jahressicht zu. Als bester Einzelwert katapultierte sich das Industriemetall Zink um gut 60 Prozent in die Höhe. Und auch die Notierungen des Rohöls kletterten um knapp 60 Prozent. Es geht also tatsächlich wieder bergauf – nach jahrelanger Talfahrt.

Zink LME Rolling Rohstoff

Zink LME Rolling Rohstoff Chart

Das ist die gute Nachricht für alle, die trotz der ewigen Flaute an Rohstoffinvestments festgehalten haben, oder sich – beflügelt von den Prognosen – im vergangenen Jahr in diesen Investmentbereich hinein wagten. Doch streben die Kurse im laufenden Jahr weiter so steil bergauf und lohnt sich also für Späteinsteiger auch jetzt noch der Kauf eines breiten Rohstoffindexpapiers oder eines speziellen Rohstoffwertes? Das müsste man doch erwarten, wenn vom neuen Superzyklus die Rede ist, oder? Der Zyklus wird ja nicht gerade schon nach einem Jahr wieder vorbei sein, oder doch? Was also können Anleger 2017 von der Anlageklasse der Rohstoffe erwarten?

Die Rallye wird weitergehen

Wenn man davon ausgeht, dass sich der Markt weiter an seine bewährten Regeln hält, lässt sich das ziemlich genau sagen: Der Markt wird weiter steigen. So zumindest legen es die Muster nahe, die der Markt in der Vergangenheit ausgeprägt hat – in den drei vorhergehenden Superzyklen. Da hielten die Aufschwungphasen tatsächlich längst nicht nur ein Jahr an, sondern sie dauerten erheblich länger. Zweimal fünf Jahre, zuletzt sogar neun Jahre, das war der Zyklus, der 1999 begann und die Rohstoffkurse bis zum großen Finanzkrisenjahr 2008 steil nach oben trieb. Und in allen drei Aufwärtsphasen legten die Kurse sehr viel mehr zu als jene 32 Prozent, die nach 2016 auf den Kurstafeln stehen. Sie schossen nämlich um 200, 220 oder gar 300 Prozent in die Höhe. Gemessen daran war das Kursplus des vergangenen Jahres also erst ein verhaltener Auftakt.

Die Rallye wird weitergehen, davon geht derzeit die Mehrheit der Analysten und Marktbeteiligten aus: Die Citigroup etwa sieht 2017 als Jahr der steigenden Rohstoffpreise. Der amerikanische Großanleger Prudential Financial nennt die Grundstoffe eine „sehr attraktive“ Anlageklasse. Hedgefonds investierten zuletzt große Summen auf den Preisanstieg von Soja, Öl, Rindern oder Baumwolle. Und erst im Dezember stieg die Zahl derjenigen Kontrakte, mit denen Investoren an den Terminbörsen auf steigende Rohstoffpreise setzten um rund zehn Prozent. Sogar die Investmentbank Goldman Sachs spricht seit vier Jahren erstmals die Empfehlung aus: Rohstoffe kaufen!

Auch bei den Gründen für das weitere Anziehen der Preise sind sich viele Ökonomen einig: Die Aussichten für die Weltwirtschaft seien gut, sagen etliche Wirtschaftsforschungsinstitute übereinstimmend. Die amerikanische Wirtschaft könnte zudem einen Sonderboom entfachen, wenn der neue Präsident Trump sein Konjunkturprogramm umsetzt und Milliarden Dollar an Sonderausgaben in die US-Industrie pumpt. Zudem hätten die vergangenen Jahre mit sinkenden Rohstoffkursen dazu geführt, dass viele Bergbau-, Minen- und Ölförderunternehmen wenig Geld in die Erweiterung ihrer Kapazitäten investiert hätten – und einige sogar pleite gingen – demnach könnte es in einigen Marktsegmenten bei steigender Nachfrage durchaus zu Engpässen kommen – was natürlich weiter die Preise treiben dürfte. Nach einem baldigen Rückgang der Kurse sieht das alles also nicht aus.

Zwölf Risiken für den Rohstoff-Aufschwung

Dennoch gibt es auch warnende Stimmen. Die Großbank Barclays etwa dämpft die Euphorie dieser Tage etwas. Zwar glaubt sie grundsätzlich auch an das Aufwärtspotenzial der Rohstoffmärkte, doch mahnt sie, es könne auch sehr leicht zu Marktstörungen kommen. Denn bereits im abgelaufenen Jahr habe sich die Abhängigkeit von politischen Entscheidungen deutlich an den Börsen. Der Brexit und der Trump-Effekt etwa hätten die Kurse weitaus stärker bewegt als die realwirtschaftlichen Rahmenbedingungen es vermocht hätten. Zwar haben beide Ereignisse den Aktienkursen noch zusätzlichen Auftrieb beschert, doch muss es bei den Rohstoffmärkten nicht zwangsläufig genauso sein, wenn politische Akteure auch dort die Marktmechanismen verzerren. Risiken für Letzteres jedenfalls sehen die Analysten derzeit zuhauf.

Allein zwölf Gefahrenquellen definiert der Barclays-Bericht: Es beginnt bei einer Konjunkturabkühlung in China, falls es zu einem Handelskrieg mit Amerika kommen sollte, wie Donald Trump bereits mehrfach angekündigt hat. Davon wären dann auch die Versorgungswege im südchinesischen Meer betroffen. Ferner könnte ein weiterer Vorstoß Russlands in der Ukraine drohen, der Gefahren für die Eisenerzproduktion oder Sanktionen bei der Gasversorgung haben könnte. Es ist außerdem abzuwarten, wie sich der Iran verhält, wenn der neue US-Präsident tatsächlich das Atomabkommen aufkündigen sollte, was sicherlich den Ölmarkt bewegen würde. In Chile könnte die Parlamentswahl einen Einfluss auf die Kupferproduktion des Landes haben – und Kupfer ist schließlich eins der wichtigsten Industriemetalle weltweit. Venezuela könnte zudem in die Staatspleite rutschen und damit den Betrieb seiner eigenen Ölförderung gefährden. Und was in der Türkei noch geschieht, wagen die Analysten im Detail gar nicht erst auszumalen. Zu unberechenbar scheint die Lage dort.

All diese Länder und ihre Politiker könnten für Verwerfungen auf den Rohstoffmärkten sorgen. Im besten Falle würden sie für ein noch knapperes Rohstoffangebot sorgen und für rasante Preisauftriebe. Im schlimmsten Fall jedoch würden sie für Wirtschaftskrisen und ein langsameres Wachstum in mehreren Ländern sorgen. Was weniger Nachfrage nach Rohstoffen zur Folge hätte und die Preise wieder drosseln würde. Ob sich solche politischen Marktstörungen dann nur recht kurzfristig bemerkbar machen würden oder sogar lang anhaltende Effekten haben könnten, ließe sich ebenso wenig prognostizieren wie die Frage: Tritt eines dieser Risiken überhaupt ein? Von daher ist und bleibt der Rohstoffmarkt eine Rechnung mit vielen Unbekannten.

Anleger müssen auf Turbulenzen gefasst sein

Es ist ein Markt, auf dem viele schwarze Schwäne auftauchen können. So bezeichnen Ökonomen das, was zwar statistisch gesehen völlig unwahrscheinlich ist (schließlich sind Schwäne weiß) und so gut wie nie eintritt (denn es gibt zwar schwarze Schwäne irgendwo auf der Welt, aber wann sieht man die schon?). Aber was dennoch eben passiert.

Früher oder später wird der Rohstoffmarkt ohnehin einen Rücksetzer erleben, so war es zumindest auch bei den Zyklen der Vergangenheit: Auf die erste Initialphase mit gigantischen Anstiegen (um eben jene 200 bis 300 Prozent) folgte stets die zweite Phase der Korrektur. Sie fiel allerdings nicht ganz so stark aus und drückte die Kurse um 30 bis 60 Prozent. Doch nur sehr kurzfristig für ein Jahr, vielleicht auch für zwei. Danach ging es in der dritten Phase der Expansion noch einmal kräftig nach oben um plus 50, 70 oder gar 100 Prozent. Es ist die Frage, ob man als Anleger die Korrekturphase aushalten oder aussitzen sollte. Falls man den rechtzeitigen Ausstieg verpasst, auf jeden Fall. Denn nach dem zweiten Anstieg hatten Investoren meist die zwischenzeitlichen Verluste wieder wettgemacht. Einen wirklichen neuen Höchststand erreichten die Kurse in den vergangenen drei Zyklen jedoch nicht. Sie pendelten sich eher auf dem Niveau wieder ein, auf dem sie sich zuvor bewegt hatten – bevor sie dann in Phase vier endgültig in den Abgrund rauschten. Phase vier nennen die Statistiker die Kapitulation. Sie ist der Beginn des meist länger dauernden Abschwungs.

An dieser Stelle sind wir noch lange nicht. Der Aufschwung der Rohstoffe hat schließlich gerade erst begonnen und möglicherweise hält er noch Jahre an. Aber zweierlei lehrt der Blick auf die üblichen Zyklen: Man sollte im Kopf behalten, dass ein schwarzer Schwan zwischenzeitlich für erhebliche Turbulenzen sorgen kann. Taucht er tatsächlich auf, so ist entweder rasches Handeln oder Geduld gefragt: Meist stürzen die Kurse so unvermittelt ab, dass viele Anleger den Ausstieg nicht rechtzeitig schaffen. Dann gilt es, dabeizubleiben und auf die Expansionsphase zu warten, in der die Kurse wieder eindeutig nach oben drehen. Und dann muss man mitrechnen: Denn mehr als 50, maximal 60 Prozent legten die Kurse zuletzt nach ihren Zwischentiefs nicht wieder zu. Spätestens dann war das Ende des Aufschwungs erreicht. Vielleicht hält sich die Börse auch diesmal wieder daran.

Geldanlage: Rohstoffe - der neue Superzyklus

Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen

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