Die Shopping-App Wish rangiert derzeit bei den Downloads ganz weit vorne, ist bei Google in der Kategorie "Shopping" die Nummer 3 hinter eBay und Amazon. Noch dazu kann die App eine Milliarden-Bewertung vorweisen. Was macht die App so besonders? Immerhin sehen manche in Wish bereits das nächste eBay.

Für Wish sprechen gleich eine Reihe von Argumenten und einige Fakten. Einige, wie beispielsweise Teile der Vertriebs- und Marketingstrategie, lohnen zudem eine Adaption für die eigene Geschäftspolitik.

  • Die Gründer kennen sich mit der Datenwelt aus. Peter Szulczewski kommt von Google. Danny Zhang ist ein ehemaliger Yahoo-Manager.
  • Wish, 2013 gestartet,  ist im Kern ein Marktplatz für Waren aller Art und setzt mit seiner App zuvorderst auf Mobile first, macht mobil auch den Löwenanteil des Umsatzes.
  • Kein Stress mit Logistik: Wish agiert nur als Marktplatz (15 Prozent Provision), verschickt die Waren nicht selbst.
  • Ähnlich wie hierzulande Lesara baut Wish auf billige Produkte aus China. Die Mehrheit der Händler auf der Plattform kommt aus dem Reich der Mitte. 300.000 Händler sollen es insgesamt derzeit sein. Weltweit erreicht Wish bereits über 100 Millionen Nutzer und erzielt ein Marktplatzvolumen deutlich über 2 Milliarden Dollar. "Shopping Made Fun" lautet das Motto. Und Spaß haben vor allem jene, die auch Primark toll finden. Wish ist "Hauptsache billig". Wo das nicht reicht, da gibt es tägliche Deals, limitierte Preisangebote.
  • Wish agiert mit derart niedrigen Preisen, dass ein Klick auf andere Websites zum Preisvergleich nicht mehr lohnend erscheint. Zudem erschwert das No-Label-Sortiment Preisvergleiche. 
  • Was Wish dabei so verführerisch macht: Das Startup setzt auf den gewaltigen Markt namenloser Produkte und den Massenmarkt jener Kunden, denen der Preis wichtiger ist als die Marke. Händler mit solcherlei Angeboten gehen aber bei der Suche auf Plattformen wie eBay oder Amazon schnell mal unter. 
  • Das können andere auch. Was Wish so besonders macht? Die Gründer schwören auf Personalisierung und Algorithmen. Schon bei der Anmeldung sammelt Wish Informationen zu Alter, Geschlecht und Lieblings-Produkten. Bei der Anmeldung via Facebook werden auch gleich weitere Daten mit abgefischt. 
  • ContextLogic, das Unternehmen hinter Wish, diversifiziert mit weiteren Apps für spezielle Zielgruppen wie Mütter („Mama“) oder Technikfreaks („Geek“) oder Beauty-Kunden  „Cute“  und Möbel „Home“ . Die Ansprache wird also noch genauer.
  • Im Silicon Valley sind irgendwie alle verliebt in die Mode-App Wish. In einer Finanzierungsrunde kamen im November 500 Millionen Dollar zusammen und heben das Start-up auf eine Bewertung in der Nähe von 5 Milliarden Dollar, heißt es bei Techcrunch.
  • Wish setzt dabei auch auf Community-Effekte und das Pinterest-Prinzip, indem Nutzer anderen Nutzern und ihren Wunschlisten folgen können – und natürlich Empfehlungen und Funde (möglichst per default) teilen. All das soll den Algorithmus, dessen Technik selbst Mitbewerber bewundern, weiter verbessern und dem Kunden im Stream der App immer genauer passende Produkte liefern. Und das billigst. 
  • Wish vertraut damit vor allem auf Impulskäufe und Inspiration der Kunden. Auf diesem Weg sollen sich 90 Prozent der Warenkörbe füllen. Weil die Kunden das Produkt nicht sofort brauchen, kann sich Wish auch vergleichsweise lange Lieferzeiten erlauben. Der neue Service Wish Express verspricht immerhin eine Lieferung binnen 6 Tagen. Eigene Warenläger für Kunden in Europa und den USA sollen die Lieferung alsbald beschleunigen.
  • Die Datensammelwut ist auch aus einem anderen Grunde hochrelevant. Re-Targeting ist bislang billiger Dreck aus der Schrotflinte. Der Algorithmus von Wish will punktgenauer Aktionen und Rabatte per Push-Nachrichten bewerben, drückt dazu auch massiv auf den Facebook-Knopf, wirbt dort und bei Instagram sehr aggressiv. Die Rede ist von einem Werbeetat von 100 Millionen Dollar allein bei Facebook. Die Reaktionen auf die Werbung in den Netzwerken helfen wiederum der Datenqualität auf die Sprünge.
  • Wer muss Wish fürchten? Jeder. Allen voran eBay, Google, Amazon, das sogar schon zehn Milliarden Dollar für Wish geboten haben soll. Auch Alibaba und Walmart soll angeklopft haben. Natürlich müssen aber auch Billig-Modeketten von Kik bis H&M oder auch ein Anbieter wie Tchibo den Neuling auf dem Radar haben.
  • Ein schlauerer Marktplatz als eBay, billiger als Amazon. Vielleicht sogar klüger als Google? Wish-Gründer Szulczewski sieht sich selbst irgendwann auf Augenhöhe: “We want to be Google AdWords for the retailer.” Im Kern wäre Wish dann die Billig-Variante von Google Shopping in bunt. Sehenswert ist dazu auch das aktuelle Interview mit dem Wish-Gründer.

Peter Szulczewski, CEO Wish

 

  • Investoren: Unter anderem Founders Fund, AME Cloud Ventures und GGV Capital sowie der russische Milliardär Yuri Milner über sein Investmentvehikel Digital Sky Technologies (DST).
Allerdings wird man auch bei Wish nicht wunschlos glücklich. Einige schwerwiegende Macken lassen auch Wetten zu, dass Wish nach einem schönen Hype angesichts unzufriedener Käufer und somit wenigen Stammkunden zu einem jener hochgejazzten Gimmicks werden könnte, die dann von einem anderen Player für kleines Geld aufgekehrt werden. 
  • Die Qualität der Produkte soll zuweilen unterirdisch sein. Das dürfte auf Dauer nicht gut gehen und wirft Fragen zur Nachhaltigkeit des Wachstums auf. Kundenbindung klappt so nicht. 
  • Retouren-Optionen? Sollte man als Kunde angesichts der Mühe besser vergessen. Kundendienst? Das war doch sicher eine rhetorische Frage.
  • Wer Wish nutzt, muss auf der App mit reichlich Werbung rechnen. Nichts für Spam-sensible Gemüter.
  • Wer sich an Neuromarketing-Tricks wie Legionen von (nicht zwingend glaubwürdigen) Streichpreisen stört, wird hier auch nicht glücklich.

Wer jetzt übrigens denkt, das kennt man doch ähnlich von Lesara, der liegt nicht ganz falsch. Eine Reihe der Elemente von Wish (Streichpreis-Orgie, Positionierung, China-Ware, Algorithmus-Denke) sieht man auch beim Start-up vom Roman Kirsch. Aber: Lesara kauft selbst ein, produziert Eigenmarken und organisiert die Lieferung. Lesara müht sich damit vom Start weg mehr um Kundenbindung. Womöglich ist es damit sogar das nachhaltigere Geschäftsmodell.



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