Zum ersten Mal hat Zalando in einem Quartal mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt. Das Wachstum im vierten Quartal von rund 25 Prozent ist für den Rest der Branche, der eher mit einem blauen Auge aus dem Jahresendspurt kommt, eine Peinlichkeit. Und es wird noch peinlicher. Denn das neue Spitzenergebnis für 2016 samt gestiegenem Profit dürfte Zalando 2017 auf über 4 Milliarden Euro heben können. Wie und wo das passiert, ist absehbar.

Versandhändler und Multichannel-Retailer sind irgendwie schon glücklich, wenn sie sich mit ihrem Umsatzwachstum in der Nähe eines zweistelligen Wachstums und ansatzweise im Umfeld des Branchenzuwachses bewegen.

Zalando aber bewegt sich – wieder einmal – routiniert über dem Durchschnitt.  

2016 erwirtschaftete Zalando nach vorläufigen Zahlen einen Konzernumsatz von bis zu 3,6 Milliarden Euro (2015: 2,9 Milliarden Euro), ein Plus von rund 23 Prozent. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Zalando damit das bereinigte EBIT in etwa auf 225 Millionen Euro verdoppelt, was einer Marge von bis 6,2 Prozent entspricht (2015: 107,5 Millionen Euro, 3,6 Prozent).

Gut gefüllte Kriegskasse

Ein Gesamtumsatz von 4 Milliarden Euro in 2017 liegt damit in greifbarer Nähe. Fernziel? Zalandos Finanzchef Rubin Ritter will den Umsatz binnen weniger Jahre auf 20 Milliarden Euro verfünffachen. Die Kriegskasse dafür ist jedenfalls gefüllt: Das Geld vom IPO blieb bislang wohl nahezu unangetastet.

Für den schnellen  Sprung über die 4-Milliarden-Marke sprechen zudem eine Reihe anderer Faktoren als der bloße Wille und viel Geld:


Zalando beschleunigt zusehends die Umsetzung von Innovationen wie sie in den Tech-Hubs und Fashion-Laboren entwickelt werden. Ein Beispiel: Zalando dürfte im  Frühjahr 2017 einen Änderungsservice "Order-A-Tailor" starten, der die textilen Bestellungen der Kunden an der Haustür passend macht. Das passt zum Mantra von Co-CEO Rubin Ritter: „Wir werden weiterhin in die Verbesserung des Kundenerlebnisses in all unseren Märkten investieren.“ Dazu gehören hierzulande auch Tests mit Retourenabholungen und Same Day Delivery. Hinzu kommt, dass kaum ein Player so gut wie Zalando auf den mobilen Kunden vorbereitet ist. Schon heute besuchen über 60 Prozent der Kunden den Shop über mobile Endgeräte.

Logistisch näher am Kunden

Zalando plant im Laufe des Jahres 2017 die Eröffnung eines Logistikzentrums in Schweden, das in Größe und Umfang den Logistikstandorten in Frankreich und Italien ähnelt. Das Logistikzentrum dürfte den Kundenservice in den wichtigen nordeuropäischen Märkten in Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark weiter verbessern und damit zu einem besseren Einkaufserlebnis beitragen. Am Logistikzentrum in Polen wird derzeit noch gebaut.

Im Mai hatte Zalando den IT-Anbieter Tradebyte übernommen. Der baut Software-Lösungen, die für einen besseren Datenaustausch zwischen Herstellern, Marktplätzen und Einzelhändlern sorgen und ist damit ein wichtiges Pfund für die Plattformstrategie von Zalando. Das dürfte sich unter anderem beim Wachstum  von Zalando als Marktplatz auszahlen.   

Plattform als Erfüllungsgehilfe und Geldautomat

Mit der neuen Tochter Zalando Payments steigt Zalando in den lukrativen Payment-Markt ein und kann zugleich mit Innovationen den Zahlungsverkehr zwischen Kunde und Zalando optimieren. Das Berliner Handelsregister nennt als Unternehmensgegenstand die „Erbringung von Zahlungsdienstleistungen und damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen“. Dazu zählten insbesondere „Scoring und Zahlungsaussteuerungsarten“.

Zalando testet mit dem Unternehmen Gaxys eine Plattform für Händler, die ohne großen technischen Aufwand vom Onlinehandel profitieren können. "Integrated Commerce" nennt das Zalando. Dabei ordert der Kunde bei Zalando. Die angeschlossenen Händler können über eine Plattform ausgewählte Bestellungen einsehen und sich um den Zuschlag für die Lieferung bemühen – und dann für Zalando Päckchen packen. Das Entwicklungshilfe-Programm für den stationären Handel bringt Zalando noch ein Stück näher und schneller zum Kunden. Die Zahl der Teilnehmer ist aber noch überschaubar. Die lokale Ausrichtung aber wird ein wichtiges Thema im Onlinehandel.
Händler packen Päckchen für Zalando - nur ein Baustein der Plattform-Strategie
© Zalando
Händler packen Päckchen für Zalando - nur ein Baustein der Plattform-Strategie

Fulfillment by Amazon (FBA) ist so etwas wie eine Gelddruckmaschine für den Online-Riesen. Auch Zalando bastelt an einem Modell. Über Fulfillment by Zalando kann ein  Hersteller seine Produkte auf Zalando.de anbieten. Um die Kundenbetreuung und die Zahlungsabwicklung kümmert sich Zalando. Sparsam für Zalando: Den Versand und Rückversand muss der Partner aber selbst organisieren. Im Gegensatz zum Fulfillment-Service von Amazon wird die Ware zudem nicht bei Zalando, sondern beim Hersteller gelagert. Das Pflänzchen ist aber noch klein. Erst im November gab es mit der Damenschuh-Marke Evita den ersten Partner.

Noch eine wachsende Geldquelle ist Zalandos junger Media-Arm Zalando Media Solutions. Der hat mit "Collabary" zudem eine Plattform ins Netz gehoben, über die digitale Influencer wie Mode-Blogger und YouTube-Stars vermittelt werden. Das mag Kleingeld sein. Sichert der Plattform aber den Zugang zu wichtigen Multiplikatoren und Geldgeber jenseits der Fashion-Branche. Als Retail-Media-Vermarkter will sich Zalando nämlich nicht nur Mode-Kunden andienen, sondern sich auch um Hersteller aus der Beauty- und Lifestylebranche sowie Fast Moving Consumer Goods bemühen.

In Geld nicht aufzuwiegen: Die Datenkunde von Zalando, das sich auf dem Weg zum Hightech-Konzern befindet. Und grade in der Modebranche mit ihren irrwitzigen Produktzyklen und Mini-Trends wird der Mehrwert von technischen Lösungen immer größer.



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Stillstand gibt es bei Zalando jedenfalls nur bei der Mannequin Challenge, einem der jüngsten viralen Mitmach-Trends: 

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Pausen kann sich Zalando auch nicht erlauben. Die Börse hatte nämlich mehr erwartet. Im Sinne von "noch mehr". Die Aktie verlor heute teilweise bis zu 5 Prozent.

Sorgen machen muss Zalando aber weniger die Tagesform, als vielmehr der Ehrgeiz von Amazon. Der Gigant ist ohnehin der ungekrönte König im deutschen Modehandel und wagte sich im Herbst 2016 erstmals wieder mit einer Kampagne für Amazon Fashion ins TV. Die Botschaft des biederen Spots "Liefert jetzt Mode - Amazon" war auch eine Kriegserklärung an Zalando.