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Wer vom Renten-Deal profitiert – und wer verliert

Korrespondent Europäische Wirtschaft
Koalition beschließt Renteneinheit Ost und West

Gleiche Rente in Ost und West: Bis 2025 soll das Niveau in beiden Teilen Deutschlands angeglichen werden. Andere große Baustellen wurden beim Koalitionsgipfel aber nicht geklärt.

Quelle: Die Welt

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Die große Koalition hat sich auf eine Rentenpaket geeinigt, doch nicht alle werden davon profitieren.
  • Die Angleichung der Renten von Ost- und Westdeutschland bedeutet auf lange Sicht niedrigere Renten im Osten.
  • Die Erwerbsminderungsrente wird erhöht. Dennoch sollten gerade jüngere Arbeitnehmer vorsorgen.
Warum das wichtig ist:
Zum einen werden Millionen Bürger Monat für Monat durch die staatliche Rente versorgt. Zum anderen hängt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen davon ab.

Die große Koalition hat sich am Donnerstagabend auf einen Rentenkompromiss geeinigt – und dann doch wieder nicht. Offenbar sind die Koalitionäre auseinandergegangen, ohne die Finanzierung teurer Teile des Pakets abschließend zu klären.

Ohnehin haben sich die Verhandler nur auf einen kleinen Teil der Maßnahmen geeinigt, die Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) durchsetzen wollte. Klarer als die Finanzierung der Vorhaben ist aber schon jetzt, wer von den Beschlüssen profitieren wird – und wer stärker zur Kasse gebeten wird.

Wichtigste Einigung ist die Angleichung der Rentenwerte in West- und Ostdeutschland, die in insgesamt sieben Stufen bis zum Jahr 2025 erfolgen soll. Derzeit bekommen Ost-Rentner nur 94,1 Prozent der Rente, die ein West-Rentner mit vergleichbarer Erwerbsbiografie und -einkommen hätte; bis 2025 sollen es 100 Prozent sein.

Quelle: Infografik Die Welt

„Bei der Maßnahme geht es um eine Angleichung des Rentenrechts in Ost und West und nicht um eine Angleichung der Renten, obwohl das häufig so verstanden wird“, sagt Jochen Pimpertz, Rentenexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln).

Ost-Renten werden in Zukunft niedriger ausfallen

Die Unterschiede sind historisch bedingt: Weil die Arbeitseinkommen in der DDR zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung sehr niedrig waren, hatte der Gesetzgeber sich damals entschieden, die Ost-Löhne und -Beiträge bei der Rentenberechnung höher zu bewerten als im Rentensystem für den Westen – also quasi so zu tun, als wären die Löhne höher gewesen. Dafür fielen die Rentenwerte geringer aus.

Quelle: Infografik Die Welt

Ob die milliardenschwere Angleichung aus Beiträgen oder Steuern finanziert wird, ist zwar noch nicht klar, die eindeutigen Gewinner der Maßnahme stehen allerdings schon fest: Die Renten heutiger Ost-Rentner steigen bis 2025 um ordentliche sechs Prozent.

Auf der Verliererseite finden sich derweil Arbeitnehmer in Ostdeutschland: Die Ost-Löhne sollen künftig nämlich genauso behandelt werden wie die West-Löhne und nicht mehr, wie bei der Wiedervereinigung beschlossen, aufgewertet werden. Künftige Ost-Rentner werden also wie ihre West-Kollegen behandelt und werden bei gleichem Lohn künftig eine geringere Rente bekommen. Da die Ost-Löhne immer noch niedriger als im Westen sind, zeichnet sich ab, dass die Ost-Renten künftig erheblich kleiner ausfallen könnten als die im Westen.

„Die Angleichung von Ost-West-Renten wird kommen“

Unionfraktionschef Volker Kauder sagte, die Angleichung der Ost-West-Renten würde im Januar 2018 starten und 2025 beendet sein. Bis dahin müssen aber noch einige entscheidende Details geklärt werden.

Quelle: Die Welt

In der Übergangszeit bis 2025 werden zudem Kosten für den Systemwechsel anfallen. Sollten die über Steuern finanziert werden, wären alle Steuerzahler betroffen; sollten sie über die Beiträge zur Rentenversicherung bezahlt werden, würden alle Beitragszahler die Last tragen.

Erwerbsminderungsrente wird erhöht

Geeinigt haben sich die Verhandler zudem auf mehr Geld für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen oder wegen eines Unfalls nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können und eine staatliche Rente wegen Erwerbsminderung bekommen. Bisher wird bei der Berechnung dieser Renten fiktiv angenommen, dass sie bis 62 gearbeitet haben – unabhängig davon, in welchem Alter sie erwerbsunfähig werden.

Quelle: Infografik Die Welt
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Die Folge sind entsprechende Abschläge, die auch bei Frührentnern für kleinere Renten sorgen, als wenn sie bis 65 gearbeitet hätten. Künftig sollen die Renten so berechnet werden, als hätten die Betroffenen erst mit 65 Jahren aufgehört zu arbeiten. Diese Aufwertungen finden in mehreren Stufen bis 2024 statt.

Tatsächlich sind die rund 1,8 Millionen Menschen, die hierzulande Erwerbsminderungsrente beziehen, häufig armutsgefährdet. Wegen der hohen Zahl der Bezieher wird die Maßnahme allerdings auch teuer. Die Kosten für diese Umstellung tragen alle Beitragszahler und die Arbeitgeber. Für die Beitragszahler sinkt auf diese Weise allerdings auch das Armutsrisiko bei einer Erwerbsminderung, die jeden treffen kann.

Erwerbsminderung bleibt für Jüngere ein Armutsrisiko

Trotzdem sollten vor allem junge Arbeitnehmer auch weiter für den Fall der Erwerbsminderung vorsorgen, mahnt IW-Rentenexperte Pimpertz: „Die Änderungen verbessern die Erwerbsminderungsrente, aber trotzdem werden die Renten in der Regel nicht so hoch ausfallen wie die Renten, die die Betroffenen erhalten hätten, wenn sie tatsächlich bis 65 gearbeitet hätten.“

Vor allem bei jungen Menschen, die sich noch nicht in höhere Gehaltsstufen hochgearbeitet hätten, sei das der Fall. „Berufseinsteiger sollten sich deshalb privat absichern, auch weil sie kein Vermögen aufbauen könnten, wenn sie frühzeitig wegen Erwerbsminderung ausscheiden müssten“, sagt Pimpertz.

Quelle: Infografik Die Welt

Die Koalitionäre haben außerdem beschlossen, die betriebliche Altersvorsorge und die Riesterrente stärken. Dazu sollen höhere staatliche Zuschüsse in diese Formen der privaten Altersvorsorge fließen. Insbesondere Geringverdiener sollen mehr Geld vom Staat für die Vorsorge mit Betriebsrenten bekommen. Sie sind denn auch die großen Profiteure dieser Veränderungen, die von allen Steuerzahlern finanziert werden.

Betriebsrenten unterliegen künftig größerem Marktrisiko

Finanziell bessergestellte Arbeitnehmer, die künftig eine Betriebsrente abschließen werden, könnten aber unter einer weiteren Neuerung leiden. In Zukunft soll der Arbeitgeber beim Abschluss des Betriebsrentenvertrags nämlich nicht mehr eine feste Rentenhöhe oder Rendite garantieren, sondern nur noch die Höhe seiner eigenen Zuzahlung zu den Beiträgen zusagen.

Die Unternehmen werden auf diese Weise von Markt- und Zinsrisiken entlastet. Sie werden dann von den Beschäftigten getragen. Für die bedeutet diese Maßnahme weniger Sicherheit bei der Planung ihrer Altersvorsorge, weil sie stärker dem Auf und Ab an den Finanzmärkten ausgesetzt sind.

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