Berlin (dpa) - Die Union befürchtet eine Manipulation des Bundestagswahlkampfs 2017 durch Falschnachrichten im Internet - mit dem Ziel der Abwahl von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Als einen möglichen Urheber nannte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem es nicht gefalle, wie kritisch Merkel gegenüber Moskau sei. Politiker von CDU und CSU sprachen sich für ein verschärftes Vorgehen gegen sogenannte Fake News aus - bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen. Die SPD nahm die Betreiber sozialer Netzwerke in die Pflicht.

Der US-Geheimdienst CIA glaubt Medien zufolge, dass russische Hacker im Präsidentschaftswahlkampf gezielt Informationen von Computern der Demokratischen Partei gestohlen haben, um dem Republikaner Donald Trump zum Sieg zu verhelfen. Die russische Regierung bestreitet das. Zugleich wehrt sich die Grünen-Politikerin Renate Künast Berichten zufolge gegen gefälschte Nachrichten bei Facebook.

Grosse-Brömer sagte: "Wenn es russische Manipulationen gibt, ist das nicht das Hobby von Privatpersonen." Putin bevorzuge nach der Wahl eine rot-rot-grüne Regierung in Deutschland, weil er dann mit Merkel nichts mehr zu tun hätte. Sie rede etwa in der Ukraine-Krise "Tacheles" und kritisiere Menschenrechtsverletzungen. Das gefalle Putin nicht. Mit Blick auf Fake News sprach er von dem "Feind im Netz". Diese seien eine "große Bedrohung der Demokratie".

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, er habe mit Justizminister Heiko Maas (SPD) für Anfang 2017 Gespräche darüber vereinbart, wie Facebook dazu zu bringen sei, Verleumdungen und Hasskommentare schneller von den Seiten zu streichen. Es gebe erhebliche Zweifel, ob große soziale Netzwerke wie Facebook ihren gesetzlichen Verpflichtungen beim Löschen von Hasskommentaren oder falschen Nachrichten nachkämen. Kauder brachte Bußgelder ins Gespräch. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt unterstützte diesen Vorschlag.

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Ansgar Heveling (CDU), sagte der "Rheinischen Post": "Ich halte eine Strafverschärfung für sinnvoll, wenn es hierbei um einen gezielten Kampagnencharakter geht."

Justizminister Maas verwies auf die Schwierigkeiten: "Es ist nicht ganz einfach, eine Institution zu schaffen, die sozusagen in Form einer Wahrheitskommission entscheidet, was ist wahr und was nicht. Dann muss ja auch noch entschieden werden, was ist relevant oder was ist nicht relevant. Da befinden wir uns am Anfang einer Diskussion."

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann meinte: "Facebook muss verpflichtet werden, bei erwiesenen Falschdarstellungen, bei erfundenen Nachrichten diese zu löschen, beziehungsweise sie mit der gleichen Reichweite wie die gefälschte Darstellung richtig zu stellen." Die Schaffung eines Straftatbestandes lehnte er ab.

Die SPD hatte die anderen Parteien am Montag zur Ächtung sogenannter Fake News im Bundestagswahlkampf aufgerufen und eine Initiative für eine gemeinsame Selbstverpflichtung angekündigt.

Linksparteichefin Katja Kipping schlug vor, ähnlich dem Pressekodex, dem sich in Deutschland private Medienunternehmen durch eine freiwillige Selbstkontrolle verpflichtet sehen, einen "Kodex ethischer-informationspolitischer Grundsätze für soziale Netzwerke" zu schaffen. Er solle Nutzer vor gezielter Desinformation schützen. Ein öffentliches Kontrollgremium müsse dann sicherstellen, dass Verstöße gegen den Kodex geahndet werden.

Die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Tabea Rößner, sagte, sowohl das Zivil- als auch das Strafrecht erfasse die absichtliche Verbreitung von falschen Tatsachenbehauptungen bereits. "Es stellt sich daher vielmehr die Frage der Kontrolle und Durchsetzung - gerade bei Plattformen wie Facebook, Twitter und Co."