Berufszugangsregelung für Tätowierer?: Ein längst über­fäl­liges Vor­haben

von Urban Slamal

01.07.2016

Härtere Regelungen für die Tattoobranche – dafür will man sich in Berlin einsetzen. Urban Slamal zu dem geplanten Maßnahmenpaket, das unter anderem eine Zugangsregelung für den Beruf als Tätowierer beinhalten soll.

Am Mittwoch kündigte der für den Themenkomplex "Verbraucherschutz" zuständige Bundesminister Christian Schmidt an, sich für härtere Regelungen für die Tattoobranche einsetzen zu wollen. Bestandteil dieser Maßnahmen werde eine Berufszugangsregelung für Tätowierer sein, welche sicherstellen solle, dass der jeweilige Anbieter sein Handwerk auch beherrscht.

Mit diesem Gedanken verfolgt man von ministerialer Seite damit eine Forderung, welche durch die Tattooszene selbst – zum Beispiel durch den Bundesverband Tattoo e.V. - schon seit vielen Jahren erhoben wird. Zwar mag es bemerkenswert sein, dass ausgerechnet eine Branche, welcher man nicht zwingend das selbst formulierte Bedürfnis nach einer staatlichen Reglementierung unterstellen würde, derartige Ankündigungen doch mit einer gewissen Hoffnung verknüpft – aber bei näherer Betrachtung tut eine gesetzgeberische Tätigkeit Not. Dieser Erkenntnis kann man sich auch auf Seiten der (in einer deutlichen Mehrheit befindlichen) seriös arbeitenden Branchenvertreter nicht verschließen.

Das Tätowieren ist nicht nur mit einer permanenten optischen Veränderung des eigenen Körpers verbunden (und sollte schon von daher qualitativ einen gewissen ästhetischen Standard erreichen), sondern bewirkt diese durch minimalinvasive körperliche Eingriffe, welche – soll es nicht zu unerwünschten Gesundheitsschäden kommen – erhebliche Anforderungen an die Arbeits- und Arbeitsplatzhygiene stellen.

Bisher: Keine Befähigungsnachweise oder Ausbildung als Tätowierer nötig

Vor diesem Hintergrund ist es durchaus bemerkenswert, dass der Zugang zu diesem Beruf derzeit an keinerlei Befähigungsnachweise oder vorherige Ausbildung geknüpft ist. Es handelt sich bei dem Tätowieren um ein rein anzeigepflichtiges Gewerbe. Insoweit kann man von Glück sagen, dass das Selbstverständnis der meisten Tätowierer ein hohes Bewusstsein für die Verantwortung dem Kunden gegenüber beinhaltet.

Nichts desto trotz existieren eben auch diejenigen Branchenteilnehmer, welchen eine ausreichende Kenntnis (oder praktische Umsetzung) derartiger hygienischer Anforderungen abgeht. Und leider sind auch die handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten nicht immer in ausreichendem Maße vorhanden. Dies gilt insbesondere für diejenigen Tätowierer, welche als reine "Heimarbeiter" unter dem Radar der Gesundheitsämter fliegen und im Falle einer Entdeckung regelmäßig nicht mehr zu befürchten haben als einen erhobenen Zeigefinger für die "vergessene" Gewerbeanmeldung.

Als jemand, der die Bemühungen hin zu einer stärkeren Reglementierung dieser Branche schon eine Weile verfolgt – und hier auch schon die ein oder andere Abfuhr von politischer Seite kassiert hat – wird der offenbar eingetretene Sinneswandel in Berlin natürlich mit Genugtuung gesehen. Allein es bleibt die Frage, wie sich derartige Zugangsregelungen sinnvoll implementieren ließen.

Zwei Vorschläge: Ausbildungsberuf oder Anpassung der Gewerbeordnung

Der Weg, aus dem Tätowieren einen regulären Ausbildungsberuf zu machen, wäre nach diesseitigem Dafürhalten kein gangbarer. Zum einen ist Derartiges unserer Gesetzeslandschaft bei künstlerischen oder kunsthandwerklichen Betätigungen eher fremd und zum anderen wäre eine typische duale Ausbildung mit allem was dazugehört den üblichen Abläufen eines Tattoostudios so wesensfremd, dass sich kaum Studioinhaber dazu bereitfinden dürften, hier eine ausreichende Anzahl an Lehrstellen anzubieten.

Der wohl eleganteste und wohl auch szeneintern am besten vermittelbare Ansatz wäre hingegen eine Änderung der Gewerbeordnung. Und zwar in der Art, das Gewerbe des Tätowierens einer Genehmigungspflicht unterfallen zu lassen und die Gewerbeerlaubnis nur auf Nachweis bestimmter Grundfertigkeiten zu erteilen.

Der Bundesverband Tattoo e.V. hat bereits ein derartiges Modell entwickelt. Diese wäre insbesondere vor dem Hintergrund der Zuständigkeit des Bundes für das Gewerberecht auch aus Berlin heraus direkt umsetzbar. Auf einen entsprechenden Katalog an nachzuweisenden Kenntnissen und  Fertigkeiten ließe sich letztlich auch so gezielt vorbereiten, dass den jeweiligen Neueinsteigern nicht ein übertriebener Aufwand abverlangt wäre, welcher dann kreative Prozesse in den Hintergrund treten ließe.

Vergleichsgröße Österreich

Mit Österreich existiert bereits ein Nachbarland, welches eine vergleichbare gesetzliche Regelung kennt und damit einen breiten Erfahrungsschatz bereitstellen kann, wie ein derartiges Gesetzgebungsvorhaben erfolgreich umgesetzt werden kann und welche – jedenfalls von der dortigen Tattooszene beklagten - Fehler zu vermeiden sind.

Außerdem stellt das ungenehmigte Betreiben eines erlaubnispflichtigen Gewerbes regelmäßig eine Ordnungswidrigkeit dar, so dass ein Sanktionsinstrument für gerade diejenigen besonderen Problemfälle geschaffen wäre, die quasi inoffiziell ihre eigene Küche zum Tattoostudio umfunktionieren.

Die Zeit wird zeigen, ob Berlin sich tatsächlich zu einer solchen Lösung durchringen kann. Auf eine recht breite Unterstützung derjenigen Kreise, welche bisher schon auf einer Gewerbezugangsregelung drängen, kann man dort jedenfalls hoffen.

Der Autor Urban Slamal ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Düsseldorf. Er ist Vorstandsmitglied des Bundesverband Tattoo e.V.

Zitiervorschlag

Urban Slamal , Berufszugangsregelung für Tätowierer?: Ein längst überfälliges Vorhaben . In: Legal Tribune Online, 01.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19856/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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