11.02.2016 Diverses

Das Wort zum Freitag: Löschen, Blockieren oder Kommunizieren – Herausforderungen im Community Management – oder “warum Mama und Papa (fast) immer recht haben”

Ich war 12. Ein noch sehr kleiner Thomas. Eigentlich ein braver Bub. Doch dann kam dieser eine Tag. Es war Frühsommer. Ich in der Schule. Deutsch. Und da passierte es. Ich bekam meine erste Strafaufgabe. Und zwar musste ich ein Gedicht Goethes auswendig lernen, dessen Verse ich wohl nie wieder vergessen werde und euch ein […]

Thomas Meyer
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Ich war 12. Ein noch sehr kleiner Thomas. Eigentlich ein braver Bub. Doch dann kam dieser eine Tag. Es war Frühsommer. Ich in der Schule. Deutsch. Und da passierte es. Ich bekam meine erste Strafaufgabe. Und zwar musste ich ein Gedicht Goethes auswendig lernen, dessen Verse ich wohl nie wieder vergessen werde und euch ein paar Zeilen davon auch nicht vorenthalten möchte:

Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.

Ich nannte einen Klassenkollegen „Du Arschloch“. Klar. Das war nicht sehr höflich. Und auch nicht angebracht. Denn es war Unterricht und ich tat es vor versammelter Klasse. Und natürlich verwendete ich schon damals viel schlimmere Wörter – auch heute noch- aber es war etwas anderes. Ich tat es öffentlich und zielgerichtet. Ich erinnere mich auch noch: kaum hatte ich es ausgesprochen wusste ich dass es nicht ok war und wollte am liebsten im Erdboden verschwinden.

Boah, und das Theater zuhause. Wahnsinn. Mama super angefressen und Papa redete zwei Tage nicht mit mir – die wohl härteste Folter.

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18 Jahre später arbeite ich in in einer Branche, in der ohne Rücksicht, Wertschätzung und im vermeintlichen Glauben der Anonymität, völlig öffentlich geschimpft, gemobbt, gehetzt und malträtiert wird.

Aber wo ist mein Papa? Wo ist das Regulativ? Wo ist meine Mama, die mich mit bösem Blick zur Reflexion erzieht und mir Fernsehverbot erteilt. Wo ist mein Vater, der das strenge, aber klärende Gespräch führt. Wo ist die Basis zur menschlichen Entwicklung – geformt und gefestigt durch Aufklärung und konsequenter Erziehung.

Bestrafung war auch bei mir zuhause immer die allerletzte Konsequenz. Unzählige Gespräche wurden mit mir geführt, doch irgendwann reichte es dann aber auch, wenn sich der kleine Thomas nicht an die Regeln hielt. Und es war gut so. Nur so wurde mir bewusst wo meine Grenzen liegen und konnte mich eigenständig, aber von der „invisible hand“ geleitet weiterentwickeln.

Ich kann mich noch genau an die Gespräche erinnern: ruhig aber bestimmt wurde mir in meiner Sprache erklärt, was jetzt nicht ok war. Nicht von oben herab. Nicht mit der allwissenden Aura der Erwachsenen. Oberstes Ziel war, dass ich es verstehe.

Darum bin ich auch kein Freund von sarkastischem Community Management. Was soll das? Warum dieses „von Oben herab“? Das würde mich auch ankotzen!

Klar sind viele Idioten (verdammt, ich tu es schon wieder..Edel sei der Mensch…)…klar sind viele Unwissende auf unseren Seiten unterwegs. Und klar, viele davon benehmen sich daneben – aber auch weil sie es nicht besser gelernt haben und sich eben keiner die Zeit nahm, ihnen zu verdeutlichen, dass so ein Verhalten nicht cool ist. Und das geht eben nur auf Augenhöhe. Sarkasmus kann lustig sein. Und ich hab auch schon Tränen gelacht bei so manchem „DIE ZEIT“-Kommentar. Aber eine Frage bleibt: was bringt es? Unverstandene Ironie bzw. losgelöster Sarkasmus erzeugen Gegenwehr und kein Verständnis. Und in Wirklichkeit ist es dem Hasskommentar nicht unähnlich – und weit weg von ehrlicher Aufklärung.

Also, nehmt euch die Zeit offen und ehrlich mit euren Leuten zu reden – nicht von oben herab – schreibt was ihr denkt. Und tut nicht nur so. Zeigt euch. Zeigt die Menschen dahinter. Macht eure Community zu lauter kleinen Thomasse – die sich schämen, wenn sie sich doof verhalten haben. Und viel wichtiger: diese kleinen Thomasse erkennen dann plötzlich auch, wenn andere sich uncool verhalten und werden somit selbst zum Regulativ – und arbeiten somit mit euch und für euch.

Und wenn sie es nicht verstehen wollen, dann kann man sie auch ausschließen. Aber sucht das Gespräch – doch um Himmels Willen nicht mit dem bloßen Verweis auf die Netiquette.

Also, REDET MITEINANDER. Auf Agenhöhe und in Ruhe.

Sonst kommt Mama und ihr dürft ne Woche nicht ins Internet 😉

PS.: Liebe Grüße von meinem Papa

 

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