Anhörung im Bundestag: Experten zerpflücken das Leistungsschutzrecht
"Katastrophe, Schmerzpunkt, völliger Quatsch": Urheberrechtsexperten fordern einhellig die Abschaffung des Leistungsschutzrechts. Aber auch auf vielen anderen Gebieten sehen sie Reformbedarf.
Mehrere renommierte Urheberrechtsexperten fordern einhellig die Abschaffung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger. Es gebe eine Hypertrophie bei den Leistungsschutzberechtigten, sagte der Münsteraner Professor Thomas Hoeren in einer Anhörung des Internetausschusses des Bundestags am Mittwoch in Berlin. Diese seien früher "Hilfspersonal, Parias, Menschen zweiter Klasse" gewesen, die zum Gelingen von Kreativität beigetragen hätten. Die Schutzrechte seien "völlig aus dem Ruder geraten". Die Einführung des Leistungsschutzrechts sei eine "Katastrophe" gewesen und man müsse nun den Mut haben, das wieder abzuschaffen.
- Anhörung im Bundestag: Experten zerpflücken das Leistungsschutzrecht
- Störerhaftung schwierig zu regeln
Ähnlich äußerten sich die Jura-Professoren Axel Metzger von der Humboldt-Universität in Berlin und Gerald Spindler von der Uni Göttingen sowie Philipp Otto von Irights.info und Judith Steinbrecher vom IT-Branchenverband Bitkom. Metzger bezeichnete das LSR als "Schmerzpunkt im Urheberrecht", das mit dazu beitrage, dass die Rechte von Urhebern in der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert und respektiert würden. Mit dem Leistungsschutzrecht sei ein "riesiger Zankapfel in der Informationsgesellschaft" geschaffen worden. Die Gesetzgebung in diesem Bereich erscheine "unausgegoren, kurzatmig, lobbygetrieben". Die Zeche dafür zahlten die Urheber, denen Einnahmen verloren gingen.
Kein "Freifahrtschein" für Google erlaubt
Auch nach Ansicht Ottos ist die Legitimation des Urheberrechts zerstört worden. Dieses sei wie ein kaputtes Auto. "Es fährt nicht mehr, ... es sind an ganz vielen Stellen riesige Probleme da, die man dringend, dringend lösen muss", sagte Otto. Er bezeichnete das System für Leistungsschutzrechte als "komplett willkürlich und veraltet". Es sei in der digitalen Welt nicht mehr verständlich, warum Verlage ein Leistungsschutzrecht hätten, aber nicht Amazon, obwohl die US-Firma für einen Urheber möglicherweise viel wertvoller sei. Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage sei "völliger Quatsch" und schade den deutschen Presseverlagen am meisten von allen.
Bitkom-Expertin Steinbrecher kritisierte die Entscheidung der Bundesregierung, das LSR erst im kommenden Jahr nach einer Entscheidung der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt zu evaluieren. Aber schon jetzt sei eine Evaluierung erforderlich, denn das Gesetz schade dem Wettbewerb der Suchmaschinen und der Start-up-Szene ungemein. "Alle beklagen sich darüber, dass Google keine Konkurrenz hat, wenn es um Suchmaschinen geht, dabei ist die Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger das wirksamste Mittel, um alternative Angebote auszubremsen", sagte Steinbrecher.
Nach Ansicht Hoerens darf die VG Media rechtlich dem Suchmaschinenkonzern Google keine Gratislizenz erteilen, wie Ende Oktober geschehen: "Einen Freifahrtschein einer Verwertungsgesellschaft kann es überhaupt nicht geben." Das Vorgehen der VG Media sei ein Armutszeugnis und die Erklärungen dafür "sehr befremdlich".
Störerhaftung schwierig zu regeln |
- 1
- 2
Naja, das meiste an den "dummen Gesetzen" sind Dinge, die man so im Leben eh nie...
Das ist KEINE Transparenz, wenn nicht klar ist, wie die Gelder aufgeteilt werden, rallst...
eine starke Untertreibung. Ohne die gigantische Kundenbasis der angeführten Unternehmen...
Es gibt keine neutralen Experten. Ich traue aber einem Universitätsmitglied in der Regel...