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Vor genau 100 Jahren starb Wilhelm August Korff Die Sommerresidenz des Petroleumkönigs

Wer heute durch den Oslebshauser Park in Richtung Oberschule spaziert, der stößt schließlich auf die alte „Villa Agathe“. Heimatforscher Harry Winkel hat sich eingehend mit der Geschichte dieses Gebäudes und ihres Namensgebers befasst.
28.08.2014, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Anne Gerling

Wer heute durch den Oslebshauser Park in Richtung Oberschule spaziert, der stößt schließlich auf die alte „Villa Agathe“. Heimatforscher Harry Winkel hat sich eingehend mit der Geschichte dieses Gebäudes und ihres Namensgebers befasst.

Manche Menschen sammeln Briefmarken, andere Comics oder Schallplatten. Nicht so Harry Winkel. Seit er 1980 die Geschichtsgruppe „Alt Oslebs“ im Bürgerhaus mitbegründete, sammelt der gebürtige Oslebshauser historische Fotografien und die Geschichten, die ihm die Alteingesessenen dazu erzählt haben.

Es fängt eigentlich immer ähnlich an; mit einer alten Aufnahme von einem Gebäude oder einem Menschen irgendwo in Oslebshausen. Irgendetwas daran fällt dem passionierten Heimatforscher auf und weckt seine Neugierde – und mit viel Geduld und etwas Glück wird daraus schließlich eine Geschichte. „Plötzlich gibt es dann da Zusammenhänge, und die Menschen gewinnen Konturen“, sagt der gebürtige Oslebshauser, „das fasziniert mich.“

Eine Art Recherche-Kettenreaktion hat bei dem Oslebshauser auch jene Aufnahme aus dem Jahr 1928 ausgelöst, in deren Besitz Winkel vor einiger Zeit gelangt war. Sie zeigt die alte Villa in „Korffs Park“, dem heutigen Oslebshauser Park.

Was es mit ihr wohl auf sich habe, wollte Winkel wissen und begann, in unterschiedlichen literarischen Quellen vom Heimatforscher Lüder Halenbeck bis zum Historiker Herbert Schwarzwälder nach mehr Informationen zu dem Gebäude zu suchen.

Widersprüchliches Detail

„Vielfach wird C.H. Haake als Bauherr des ersten, angeblich 1866 erbauten Landguts genannt, das im heutigen Park errichtet wurde; häufig auch mit dem Hinweis, dass Cord Hinrich Haake der Mitbegründer der Brauerei Beck & Co war“, erzählt er. Eines Tages allerdings sei er dann über ein widersprüchliches Detail gestolpert.

Er hatte nämlich im Archiv der Beck‘s-Brauerei einen Vermerk dazu gefunden, dass eben jener Cord Hinrich Haake bereits im Jahr 1845 verstorben war. „Er kann also das Landgut 1866 nicht erbaut haben“, schloss Winkel – und machte sich auf die Suche nach dem tatsächlichen Erbauer der ersten Villa.

Über Monate durchforstete der Heimatforscher unter anderem alte Bremer Adressbücher im Staatsarchiv, sichtete nebenan bei der Gesellschaft für Familienforschung „Die Maus“ verschiedenste Unterlagen und recherchierte auch im Internet. „1862/63 wurde hier hinter unserem Holze das Haus von Haake erbaut“, las Winkel schließlich im Tagebuch des Oslebshauser Bauern Berend Mattfeldt – und kam auf diese Weise auf Haakes 1823 geborenen Sohn Heinrich Wilhelm Haake, dessen Name auch 1882 im Protokoll der Landgemeinde Oslebshausen erwähnt wurde. „Er wird der Erstbesitzer des Landgutes gewesen sein“, schlussfolgerte Winkel.

Und er fand noch mehr heraus, denn: „Bei der Maus kann man auch nach Testamenten suchen.“ Und siehe da: In den Online-Datenbanken war tatsächlich auch das am 3. Juni 1874 von Heinrich Wilhelm Haake verfasste Testament aufgeführt.

Es fand sich dort außerdem ein Verweis auf Heinrich Wilhelm Haakes zweite Ehefrau, eine gewisse Anna Lucia Korff, geboren um 1822 in Fürstenau. Damit war die Verbindung zwischen dem Brauer Heinrich Wilhelm Haake und dem Kaufmann und Industriellen Wilhelm August Korff – dem legendären „Petroleumkönig“, der mit seinem „Kaiseröl“, einem explosionssicheren Leucht-Petroleum, in ganz Deutschland bekannt wurde – hergestellt.

In Testament vertieft

Harry Winkel vertiefte sich in Haakes Testament. Mehrere Seiten, verfasst in Sütterlin, übertrug der Oslebshauser geduldig Wort für Wort in heutiges Deutsch. Danach stand fest: „Korff hat die Villa nicht geerbt – ist aber auf jeden Fall der Neffe von Haake.“

Vielmehr habe Korff das Grundstück 1889 erworben, so Winkel. 1891 ließ Wilhelm August Korff die alte Villa abreißen und stattdessen einen Neubau errichten – das „Korff’sche Landhaus“, auch „Villa Agathe“ genannt, steht dort bis heute und gehört mittlerweile zur Oberschule im Park.

Mit Pferd und Wagen sei Familie Korff jeweils im April von ihrer Villa an der Parkallee 79/81 in ihre Sommerresidenz in Oslebshausen umgezogen, haben die Nachfahren ehemaliger Hausangestellter Harry Winkel erzählt. „1914 wird letztmalig ‚Korff, Am Nonnenberg 11, Fernruf 1824‘ im Adressbuch geführt; er verstarb im 70. Lebensjahr am 25. August 1914, nachdem er bereits 1893 seine Petroleum-Raffinerie an die Rockefeller-Firma ‚Standard Oil‘ – die sich mit Franz Schütte und Wilhelm Riedemann verbündete – verloren hatte.“ Acht Jahre später zog Wilhelm August Korffs Witwe nach Wiesbaden um; die Stadt Bremen erwarb das Gelände unter dem Namen „Korff’s Holz“ und machte es der Öffentlichkeit als Park zugänglich.

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