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DNA-Analyse unserer Vorfahren Wie wir wurden, was wir sind

Jäger und Sammler galten lange als die europäischen Urväter. Doch unsere DNA wurde auch durch eurasische und amerikanische Einwohner geprägt - und durch kulturelle Einschnitte entscheidend verändert.

Mit der Entwicklung von Kulturen in der europäischen Frühgeschichte änderte sich auch das menschliche Erbgut. Dies zeigt eine Untersuchung des Genoms von insgesamt 13 Menschen, die zwischen dem sechsten und dem ersten Jahrtausend vor Christus in Mitteleuropa lebten. Die Ergebnisse stützten die Hypothese, dass kulturelle Neuerungen durch die Vermischung verschiedenere Populationen weitergegeben wurden, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Nature Communications".

Alle Menschen, deren DNA das Team um Cristina Gamba vom University College Dublin sequenzierte, hatten in der Großen Ungarischen Tiefebene gelebt. In dieser Region im südlichen Ostmitteleuropa trafen östliche und westliche Kulturen zusammen. Dieses Gebiet sei daher ein Ort kulturellen und technologischen Übergangs, schreiben die Wissenschaftler. Die ältesten Überreste stammten von zwei Menschen aus der Jungsteinzeit, die um etwa 5700 vor Christus gelebt hatten. Die Jüngsten hatten etwa 850 Jahre vor Christus in der Eisenzeit gelebt. Somit umfasst die Erbgut-Analyse rund 5000 Jahre europäische Frühgeschichte.

Sesshafte vermischten sich mit Einwanderern

Die Forscher verglichen die Erbgut-Sequenzen mit bereits veröffentlichten Daten anderer früher Europäer sowie mit der DNA heute lebender Menschen. Sie stellten fest, dass die Erbgut-Sequenz während der Jungsteinzeit und bis in die Kupferzeit hinein relativ stabil geblieben war. In der Bronzezeit (2200 bis 800 vor Christus) gab es dann massive Veränderungen, wie die DNA-Untersuchung bei zwei Menschen zeigte, die um das Jahr 2000, beziehungsweise 1200 vor Christus gelebt hatten. In dieser Zeit nahm der Handel mit Rohstoffen und Gütern in der Region zu; entlang einer Nord-Süd-Route entstanden den Forschern zufolge zahlreiche Siedlungen.

"Diese Veränderungen lassen sich im Grunde nur dadurch erklären, dass Menschen aus anderen Populationen eingewandert sind und sich mit den Einheimischen vermischt haben", erläutert Michael Hofreiter von der Universität Potsdam, der an der Untersuchung beteiligt war. Im ersten Jahrhundert vor Christus, während der Eisenzeit, kam es erneut zu einer starken Veränderung des Genoms. Dieses Mal kamen die Einflüsse aus dem Osten. Auch archäologische Funde aus der Zeit deuteten auf eine verstärkte Nähe der damaligen Europäer zu Reitervölkern aus der eurasischen Steppe hin.

Blonde Haare - eine relativ junge Errungenschaft

In weiteren Untersuchungen zeigten die Forscher, dass im Verlauf der Evolution Haut und Haare der europäischen Menschen heller wurden. Viele Experten gehen davon aus, dass dies die Bildung von Vitamin D erleichterte, das den frühen Bauern aufgrund ihrer vorwiegend getreidereichen Kost fehlte. Die genetischen Voraussetzungen zur Verdauung von Kuhmilch mit Hilfe des Enzyms Lactase entwickelten sich der Untersuchung zufolge später als bisher angenommen, und zwar erst während der späten Bronzezeit. Zu dieser Zeit betrieben die Bauern schon lange Milchwirtschaft. Vermutlich hätten sie aber zunächst hauptsächlich verarbeitete Milchprodukte zu sich genommen, die auch ohne das entsprechende Enzym keine Verdauungsprobleme bereiteten, sagte Hofreiter.

Kürzlich hatten Wissenschaftler in einer anderen Studie mit Hilfe von DNA-Vergleichen gezeigt, dass die meisten der heutigen Europäer von mindestens drei verschiedenen Populationen abstammen: Von Jägern und Sammlern aus Westeuropa, den ersten europäischen Bauern und von einer Population aus dem Norden Eurasiens, die wiederum eine Verbindung zu den Ureinwohnern Amerikas besitzt.

mh/DPA DPA

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