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Studie über Hilfsprogramme Milliardenkredite für Griechenland retteten vor allem Banken

Griechenland kommt trotz aller Hilfsprogramme nicht aus der Krise. Ein Grund dafür: Weniger als fünf Prozent der Milliardenkredite kamen laut einer Studie im Haushalt an - mit dem Rest wurden europäische Banken gerettet.
Drachmen-Verkauf in Athen

Drachmen-Verkauf in Athen

Foto: Simela Pantzartzi/ dpa

Seit sechs Jahren versucht Europa die Krise in Griechenland mit Krediten von mittlerweile mehr als 220 Milliarden Euro zu beenden und verlangt dafür immer härtere Spar- und Reformprogramme - alles vergeblich. Der Grund ist aber offenbar weniger die Regierung, sondern die Konstruktion der Hilfsprogramme. Einer Studie der European School of Management and Technology (ESMT) zufolge, über die das "Handelsblatt" berichtet , zeigt: Europa und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben in den vergangenen Jahren vor allem Banken und andere private Gläubiger gerettet.

Dieser Vorwurf wird schon lange erhoben. Doch jetzt liefert die ESMT dem Bericht zufolge in einem 24-seitigen Papier zum ersten Mal eine detaillierte Berechnung. Demnach haben sich die Ökonomen jede einzelne Kredittranche angeschaut und über Wochen geprüft, an wen die knapp 216 Milliarden Euro der ersten beiden Rettungspakete geflossen sind.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur 9,7 Milliarden Euro und damit weniger als fünf Prozent landeten im griechischen Haushalt - und kamen somit den Bürgern direkt zugute. Der große Rest wurde für die Bedienung von alten Schulden und Zinszahlungen genutzt.

"Mit den Hilfspaketen wurden vor allem europäische Banken gerettet", sagte ESMT-Präsident Jörg Rocholl, der auch dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium angehört, dem "Handelsblatt". So wurden mit 86,9 Milliarden Euro alte Schulden abgelöst, 52,3 Milliarden Euro gingen für Zinszahlungen drauf und 37,3 Milliarden Euro wurden für die Rekapitalisierung der griechischen Banken genutzt.

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Fotostrecke: Die Chronik der Griechenlandkrise

Foto: ? Reuters Photographer / Reuters/ REUTERS

In jedem Staatshaushalt gehört die Bedienung von Schulden und Zinsen zu den großen Ausgabeposten, Griechenland hat von den Hilfsprogrammen also auch profitiert. Doch wecken die neuen ESMT-Berechnungen dem Bericht zufolge Zweifel, ob die Hilfsprogramme richtig konstruiert wurden: Mit den Rettungskrediten wurden in den vergangenen Jahren Schulden bedient, obwohl Griechenland de facto seit 2010 pleite ist. "Die europäischen Steuerzahler haben die privaten Investoren herausgekauft", sagte Rocholl dem Blatt.

Vor allem die Rettung der griechischen Banken hat sich als katastrophales Geschäft für die Steuerzahler herausgestellt. Insgesamt flossen laut ESMT-Berechnungen aus beiden Rettungspaketen 37,3 Milliarden Euro in die griechischen Finanzhäuser. Doch diese Bankenhilfen wurden inzwischen fast vollständig vernichtet. Die Institute haben seit ihrer Rekapitalisierung 2013 rund 98 Prozent ihres Börsenwertes verloren.

Ein Schuldenschnitt für Griechenland schon zu Beginn der Kreditprogramme 2010 wäre vermutlich sinnvoller gewesen. Zwar hätte die Bundesregierung dann möglicherweise auch deutsche Banken mit Staatshilfe stützen müssen. "Aber es wäre zumindest deutlich geworden, wo das Geld hinfließt", sagt Rocholl. Viel Streit zwischen den Regierungen in Athen und Berlin wäre vermieden worden - und auch die deutschen Steuerzahler wären günstiger dabei weggekommen.

nck